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Weltflüchtlingstag: Situation für Kinder in griechischen Flüchtlingslagern darf niemals zur Normalität werden

Weltflüchtlingstag: Situation für Kinder in griechischen Flüchtlingslagern darf niemals zur Normalität werden

1 Like 17 06 2020

SOS-Kinderdorf leistet Hilfe für Kinder und Familien seit 2015 und auch während der Corona-Pandemie. Eine Nothelferin berichtet von der schwierigen Arbeit vor Ort.

 

Wien/Innsbruck/Lesbos (17.06.2020) – Seit mehr als fünf Jahren, ist SOS-Kinderdorf auf den griechischen Inseln aktiv, um geflüchteten Kindern und ihren Familien in Not zu helfen. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich die Situation für tausende Flüchtlinge noch einmal verschärft. Gleichzeitig wurden die Handlungsmöglichkeiten für Hilfsorganisationen stark eingeschränkt. Anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni berichtet Popi Gkliva, die Teil des Nothilfeteams von SOS-Kinderdorf Griechenland ist, über ihre Erlebnisse im Flüchtlingslager Kara Tepe auf Lesbos und warnt, dass die Umstände dort niemals zur Normalität werden dürfen. „Wir können einfach nicht akzeptieren, dass Kinder im 21. Jahrhundert in Europa nicht genug zu essen haben, keinen Arzt sehen können, wenn sie krank sind und täglich der Gefahr von Gewalt und Missbrauch ausgesetzt sind“, so Gkliva.
 

Welche Erlebnisse im Lager Kara-Tepe machen Sie persönlich am meisten betroffen?
Es sind die Fragen der Kinder, auf die es keine gerechtfertigten Antworten gibt, die mich sprachlos und sehr traurig machen. Wie soll ich einem Siebenjährigen erklären, warum er seine Mutter eineinhalb Jahre nicht sehen konnte? Wie soll ich Kindern, die unbedingt lernen möchten, erklären, warum sie nicht in die Schule gehen dürfen? Was soll ich antworten, wenn mich die Kinder fragen, ob ich auch in einem Container wie ihrem im Flüchtlingslager lebe? Die Stimmen dieser Kinder, die vor Krieg, Gewalt und Armut geflohen sind, werden nicht gehört und ihre Rechte werden ihnen nicht gewährt.
 

Wie können Sie und SOS-Kinderdorf den Kindern trotzdem helfen?
Ein Flüchtlingslager ist ganz klar kein Ort für Kinder. Schon gar nicht während einer weltweiten Pandemie. Dennoch werden wir nicht aufhören, diesen Menschen zu helfen. Seit 2015 haben wir in Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln und auch auf dem Festland insgesamt über 10.000 Kinder und ihre Familien unterstützt. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen Unterkünfte zur Verfügung, bieten psychosoziale, gesundheitliche oder rechtliche Unterstützung an, organisieren Bildungsprogramme und stellen Kindern Möglichkeiten und Räume zur Verfügung, wo sie kreativ sein oder einfach nur Kinder sein können. Während in vielen anderen europäischen Ländern kaum mehr Flüchtlinge angekommen, verschärft sich die Situation in Griechenland immer noch weiter und der Bedarf an Hilfe steigt.
 

Welchen Einfluss hat die Corona-Krise auf Ihre Arbeit?
Die Corona-Krise bedeutet vor allem für die Menschen in den Lagern eine zusätzliche enorme Belastung. Uns als Hilfsorganisation erschwert es unsere Arbeit sehr, weil wir plötzlich keinen direkten Kontakt mehr zu den Kindern und Familien hatten. Es war uns klar, dass es schwerwiegende Auswirkungen haben kann, vor allem auch psychische, wenn die Kinder unseren Kindergarten und den Unterricht im Bildungsprogramm nicht mehr besuchen können. Wir haben unsere Beratungen im Rahmen des Familienstärkungsprogramm über Videotelefonie fortgesetzt. Außerdem haben wir ein digitales Klassenzimmer eingerichtet, um in Kontakt zu bleiben und beim Lernen zu unterstützen. Dank der Unterstützung einer Stiftung gelang es uns, für den Großteil der Familien die technischen Voraussetzungen zu schaffen, damit sie digitale Medien nutzen können.

 

Rückfragen: Susanne Schönmayr, SOS-Kinderdorf,
Tel. 0676/88144239, E-Mail: [email protected]