HEALTH ECONOMY
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Redaktion 30.03.2018

Umbau im Pflege- und Sozialbereich startet

Die Regierung wendet sich jetzt großen Reformvorhaben zu: der Neufinanzierung der Pflege und der Zusammenlegung der Kassen.

Die Kosten für die 24-Stunden-Pflege sind seit Einführung der Rund um die Uhr-Betreuung zu Hause im Jahr 2008 von 9,14 Mio. auf 138,75 Mio. € im Jahr 2015 gestiegen – Tendenz weiter steigend. 2015 bezogen bereits rund sieben Prozent der 450.000 Pflegegeldbezieher in Österreich diese Förderung. Die Kosten tragen der Bund zu 60% und die Länder zu 40%. Der Rechnungshof empfiehlt nun in einem Prüfbericht, das bestehende Qualitätssicherungssystem bei der 24-Stunden-Betreuung auszuweiten und – unabhängig von der Qualifikation der Betreuungskraft – Hausbesuche durch diplomierte Fachkräfte durchzuführen. Weiters sollte das Angebot evaluiert werden.

Pflegefinanzierung offen
Durch die Änderung im Bereich der stationären Pflege, wo der Bund den Pflegeregress abgeschafft hat, kommt das System derzeit unter Druck, denn im Bereich der 24-Stunden-Betreuung gibt es noch einen Regress. Die Folge: Die Zahl der zu pflegenden Personen in der stationären Pflege steigt – sehr zum Leidwesen der Länder und Kommunen, die nun höhere Kosten erwarten. Mehr Geld vom Bund soll es aber nicht geben. Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) bleibt bei den 100 Mio. €, die er für die Finanzierung des Pflegeregresses budgetiert hat, und lässt sich von den Forderungen der Länder und Gemeinden nach 500 bis 600 Mio. € nicht beeindrucken. Die betroffenen Gebietskörperschaften sollen nicht auf den Kosten sitzen bleiben, aber sie würden bei ihren Berechnungen „Zukunfts­investitionen“ berücksichtigen.

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) beabsichtigt noch in diesem Jahr die Abschaffung des Vermögensregresses in Vorarlberg auch bei der 24-Stunden-Pflege. Ebenso soll der Regress für Menschen mit Behinderung beseitigt werden. Er sieht es als unlogisch an, dass die an und für sich teurere Variante der Betreuung – die Heimpflege – durch die bundesweite Abschaffung des Pflegeregresses plötzlich billiger werde als die Pflege zu Hause. Es brauche daher ein Paket für das ambulante Angebot, betonte Wallner.

Auch Volksanwalt Günther Kräuter hat in der Debatte Verbesserungen für 24-Std.-Betreuung gefordert und auf eine Ungleichbehandlung beim Pflegeregress hingewiesen. „Die Abschaffung gilt nur für Pflegeheime, bei der 24-Std.-Betreuung gelten je nach Bundesland andere Regeln. Diese Problematik führt zum enormen Zustrom auf Pflegeheime, daher muss hier dringendst entgegengesteuert werden.“ Er warnte in einer Aussendung auch davor, dass die Bundesregierung die Folgen der Indexierung von Familienleistungen für ausländische Pflegerinnen unterschätze: „Ich wurde bei internationalen Treffen mit Ombudskollegen aus der Slowakei und der Tschechischen Republik davor gewarnt, dass in Österreich dann mit einem Schlag Tausende Pflegekräfte fehlen werden.“ Schätzungen zufolge arbeiten mehr als 40.000 ausländische Pflegekräfte derzeit in der 24-Stunden-Betreuung in Österreich.

Kassen-Zusammenlegung
Parallel zu Reformen im Pflegebereich kündigte Sozialministerin Beate Hartinger-Klein auch weitere Planungen im Hinblick auf eine Zusammenlegung der Sozialversicherungen an. So soll es nach der Fusion von Bauernkasse und SVA der gewerblichen Wirtschaft zur SV der Selbstständigen ein Zusammenlegen der Pensionsbereiche und der Gebietskrankenkassen geben.

Rechtliche Probleme
Dort bleibt man allerdings gelassen. Die Sozialversicherung sei nicht zuletzt deshalb von den Versicherten selbstverwaltet, damit das sensible System nicht von politischen Entwicklungen abhängig ist. Über eine Fusion entscheiden deshalb einzig und allein die Selbstverwaltungsorgane. Die Regierung müsste folglich eine Verfassungsänderung anstreben. Kommentar aus den Kassen: „Das kommt einer Verstaatlichung gleich. Es wird spannend, wie das ausgerechnet ÖVP und FPÖ argumentieren, die ja für weniger Staat eintreten.“

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