INDUSTRIAL TECHNOLOGY
© voestalpine

Wolfgang Eder (l.), Franz Rotter.

Redaktion 03.05.2018

In Kapfenberg beginnt’s

voestalpine gibt Startschuss für Bau des neuen Edelstahlwerks.

KAPFENBERG. Nur rund ein halbes Jahr nach Bekanntgabe der Standortentscheidung markierte vergangene Woche der Spatenstich den offiziellen Beginn der dreijährigen Bauphase für das neue Edelstahlwerk der voestalpine. Ab 2021 wird das volldigitalisierte Werk jährlich rund 205.000 t an anspruchsvollsten Hochleistungsstählen vor allem für die internationale Flugzeug- und Automobilindustrie sowie den Öl- und Gassektor produzieren und über 3.000 hochqualifizierte Arbeitsplätze in der Region langfristig absichern. Die Vorbereitungen für das Großprojekt mit einem Investitionsvolumen von bis zu 350 Mio. € sind bereits in vollem Gange, derzeit wird an der Erstellung des Baufelds sowie der Infrastruktur für Energieversorgung und Logistik gearbeitet.

Das neue Hightech-Edelstahlwerk, das nach seiner Inbetriebnahme die bestehende Anlage der voestalpine Böhler Edelstahl GmbH & Co KG in Kapfenberg ersetzen wird, ist auf die Erzeugung von höchstqualitativem Vormaterial für Flugzeugkomponenten, Werkzeuge für die Automobilindustrie, Equipment für die Öl- und Gasförderung oder für den 3D-Druck von hochkomplexen Metallteilen ausgelegt. „Der Spatenstich für das neue Werk ist nicht nur ein Meilenstein für unseren Konzern und den Standort Kapfenberg, sondern auch ein positives Signal für die europäische Industrie, da erstmals seit Jahrzehnten wieder in ein völlig neues Stahlwerk investiert wird. Mit dieser Investition verschafft sich die voestalpine einen weltweiten Technologie- und Kostenvorsprung bei der Herstellung von Hochleistungsstählen, der es uns ermöglicht, diese Art der Produktion auch auf lange Sicht global konkurrenzfähig an einem traditionellen europäischen Standort erhalten zu können“, so Wolfgang Eder, Vorstandsvorsitzender der voestalpine AG. „Die Basis dafür ist das umfassende Know-how unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Steiermark, das letztlich auch den Ausschlag für die Standortentscheidung gegeben hat.“

Internationale Benchmark bei Digitalisierung und Umweltschutz
Die hochmoderne Anlage wird hinsichtlich digitalisierter Produktionsabläufe internationale Standards setzen. Rund 8.000 Prozessdaten sollen laufend parallel erfasst und umgesetzt bzw. ausgewertet werden. „Der hohe Digitalisierungsgrad des neuen Edelstahlwerks ist die Voraussetzung dafür, unsere Kunden künftig mit noch höheren Werkstoffqualitäten versorgen zu können und so unsere globale Marktführerschaft bei Werkzeug- und Spezialstählen weiter auszubauen. Die entsprechende Entwicklungsarbeit sowie die Qualifizierung unserer Mitarbeiter in den Bereichen Robotik, Sensorik oder Datenanalyse erfolgt über unser eigenes Kompetenzzentrum für Digitalisierung unmittelbar am Standort des Werkes“, so Franz Rotter, Vorstandsmitglied der voestalpine AG und Leiter der High Performance Metals Division.

Auch in Sachen Umweltschutz setzt das Investment neue Maßstäbe: Das Kernstück der Anlage – ein Elektrolichtbogenofen, der hochreinen Schrott in Kombination mit verschiedensten Legierungsmetallen zu Edelstählen erschmilzt – wird zu 100% mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen betrieben. Zudem sorgt ein effizientes Rückgewinnungssystem dafür, dass die erzeugte Wärme werksintern weiterverwendet sowie in das öffentliche Fernwärmenetz eingespeist wird. Was die Kühlung der Produktionsanlagen betrifft, kann dank geschlossener Kreisläufe eine Reduktion der benötigten Kühlwassermengen um bis zu 90% erzielt werden.

Bereits seit Herbst 2017 laufen die Vorfeldarbeiten für den Bau der neuen Produktionsstätte, die auf einer an das bestehende Werksgelände angrenzenden Grundstücksfläche in der Größe von sechs Fußballfeldern (rund 50.000 m²) entsteht. Dazu zählen etwa die Einebnung des Baufelds, die Herstellung der Energieversorgung in Form von zwei Umspannwerken oder die Errichtung von Zufahrtsstraßen und Montageplätzen. Bis zum Sommer dieses Jahres sollen die ersten Vergaben für den Hallen- und Anlagenbau erfolgen. Ab 2019 ist die Installation der Aggregate geplant. Während der dreijährigen Bautätigkeit werden vor Ort bis zu 1.000 temporäre Arbeitsplätze geschaffen.

Großprojekt mit signifikanten Wertschöpfungseffekten
Das an die 350 Mio. € schwere Investitionsprojekt löst auch maßgebliche volkswirtschaftliche Effekte aus: Wie eine Studie des Industriewissenschaftlichen Instituts vom September 2017 darlegt, wird allein in der Bauphase (2018-2021) eine österreichweite Bruttowertschöpfung von rund 240 Mio. € generiert, 145 Mio. € davon entfallen auf die Steiermark. Der durch das Vorhaben ausgelöste Produktionswert beläuft sich auf alles in allem rund 575 Mio. € (davon Steiermark: 375 Mio. €). Indirekt sichert das Projekt in der Errichtungsphase 3.500 nationale Arbeitsplätze ab, davon mehr als die Hälfte allein in der Steiermark.

Die High Performance Metals Division des voestalpine-Konzerns ist auf die Produktion und Verarbeitung von Hochleistungswerkstoffen und kundenspezifische Services, wie Wärmebehandlung, hochtechnologische Oberflächenbehandlung und additive Fertigungsverfahren fokussiert. Sie bietet ihren Kunden durch ihr einzigartiges Vertriebs- und Servicenetzwerk an rund 160 Standorten weltweit Materialverfügbarkeit und -bearbeitung sowie lokale Ansprechpartner. Die Division ist globaler Marktführer bei Werkzeugstahl und einer der führenden Anbieter von Schnellarbeitsstählen, Ventilstählen und anderen Produkten aus Spezialstählen, Pulverwerkstoffen, Nickelbasis-Legierungen sowie Titan. Wichtigste Kundensegmente sind die Bereiche Automobil, Öl- und Gasexploration, Maschinenbau sowie die Konsumgüterindustrie und die Luftfahrt. Im Geschäftsjahr 2016/17 erzielte die Division einen Umsatz von rund 2,7 Mrd. €, davon rund 50% außerhalb Europas, ein operatives Ergebnis (EBITDA) von 395 Mio. € und beschäftigte weltweit rund 13.700 Mitarbeiter. (pj)

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