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Eine Studie zeigt: Wer viel TV sieht, unterliegt häufiger Alltagsmythen.

Redaktion 23.08.2016

Hoher TV-Konsum kann Blick auf die Realität verstellen

11,6 Prozent der Vielseher glauben, dass es in Österreich die Todesstrafe gibt.

WIEN. Wer viel fernsieht, unterliegt öfter und leichter Alltagsmythen – unabhängig von Alter, Bildung und Geschlecht. Das ist das Ergebnis einer am Montag veröffentlichten Medienstudie am Zentrum für Public Health der MedUni Wien unter der Leitung von Benedikt Till und Thomas Niederkrotenthaler; die beiden Sozialmediziner vermuten einen Zusammenhang mit US-Filmen und -Serien.

322 Personen wurden zu ihrem TV-Konsum befragt und gleichzeitig dazu, ob sie glauben, dass es in Österreich noch immer die Todesstrafe gibt, und wie viele Personen in einem Todestrakt sitzen. 11,6 Prozent der Befragten waren dabei der falschen Meinung, dass die Todesstrafe noch immer existiert. Je höher der TV-Konsum, umso höher war die Wahrscheinlichkeit, dass die Studienteilnehmer das glaubten, berichten die Forscher.

Am 7. Februar 1968 wurde mit einstimmigem Beschluss des Nationalrats die Todesstrafe in Österreich abgeschafft; die letzte Hinrichtung hat am 24. März 1950 stattgefunden.

"Der Effekt, dass mehr als jeder Zehnte zu wissen glaubt, dass es in Österreich noch immer die Todesstrafe gibt, ist vermutlich durch den hohen Anteil an amerikanischen Filmen und TV-Serien im österreichischen Fernsehen zu erklären", meint Benedikt Till. "Insbesondere in den Krimis wird kontinuierlich das amerikanische Justizsystem porträtiert, in dem die Todesstrafe einen zentralen Stellenwert einnimmt."

Aus der Kultivierungsforschung, die sich mit der Frage befasst, inwieweit das Fernsehen Realitätswahrnehmung und Einstellungen langfristig formt, sei bekannt, dass eine verzerrte Darstellung der Welt im TV auch zu einer verzerrten Wahrnehmung der Welt beim Zuschauer führen kann. "So überschätzen zum Beispiel insbesondere Personen mit hohem TV-Konsum häufig die Zahl von Personen in jenen Berufsgruppen, die oft im Fernsehen porträtiert werden, zum Beispiel Ärzte, Anwälte oder Polizisten. Auch die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Verbrechens zu werden, wird überschätzt", sagt Till.

Dass der Fernsehkonsum "auch das Wissen über grundlegende Prinzipien der Gesellschaft, wie zum Beispiel die Todesstrafe, negativ und grundlegend beeinflussen" könne, sei hingegen eine neue Erkenntnis. Aufgrund der Daten, die im Journal "Death Studies" publiziert wurden, lasse sich vermuten, dass auch andere Vorurteile, Mythen und falscher Informationsstand zu gesundheitsbezogenen Themen wie Suizid mit vermehrtem Medienkonsum im Zusammenhang stehen könnten; eine Studie dazu läuft derzeit an der MedUni Wien.
(APA)

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