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© APA / Herbert Neubauer

Der freiheitliche ORF-Stiftungsrat Norbert Steger hat Post von Kollegen bekommen.

Redaktion 14.05.2018

ORF - Landes-Stiftungsräte haben Fragen an Steger

Sechs der neun Landesvertreter befragen möglichen neuen Vorsitzenden.

WIEN. Der freiheitliche ORF-Stiftungsrat Norbert Steger hat Post von Kollegen bekommen: Sechs der neun Landesvertreter im obersten ORF-Aufsichtsgremium haben ihm postalisch eine Reihe von Fragen übermittelt. Der Anlass: seine mögliche Wahl zum Vorsitzenden des Stiftungsrats. "Die inhaltliche Beantwortung soll uns bei unserer Meinungsbildung unterstützen", heißt es in dem der APA vorliegenden Brief.

Die Vertreter von Wien, dem Burgenland, Salzburg, Tirol, Vorarlberg und Kärnten wollen darin unter anderem Stegers "generelle Haltung zu Funktion, Strategie und Struktur des ORF" erkunden. Sie fragen nach seinem Amtsverständnis als Stiftungsratsvorsitzender und nach seinen Vorstellungen für die "strategische Ausrichtung des ORF", auch in Hinblick auf die "Stärkung der Landesstudios", sowie für die Finanzierungsbasis und für die gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Angesichts Stegers Aussagen zu den ORF-Auslandskorrespondenten, die für gehörigen Wirbel gesorgt hatten, fragen die Landes-Stiftungsräte, ob Steger "in diesem Zusammenhang in den Medien richtig zitiert" wurde. "Es war bisher gute Tradition, dass sich die letzten Vorsitzenden medial zurückgehalten und wenn, nur sachlich und neutral im Sinne des ORF öffentlich geäußert haben", heißt es. Steger wird gefragt: "Können wir verlässlich davon ausgehen, dass Sie sich medial so wie Ihre Vorgänger mit öffentlichkeitswirksamen Aussagen zurückhalten, die den unabhängigen ORF und dessen Stiftungsrat in ein parteipolitisches Licht rücken könnten?"

Und schließlich wollen die sechs Bundesland-Räte wissen, ob Steger "transparente Besetzungen" sicherstelle. Sie verweisen dabei auf die "Mindeststandards" für "Interessenskonflikte und Eigengeschäfte" unter anderem in der Geschäftsordnung des Stiftungsrats. Für den Vorsitzenden seien die Maßstäbe "höher anzusetzen, wenn es um die Besetzung von Posten mit nahestehenden Personen oder um Eigengeschäfte geht".

Hintergrund dieser Frage ist unter anderem, dass Stegers Schwiegersohn neu in den Publikumsrat eingezogen ist und einige Zeit seine Entsendung in den Stiftungsrat im Raum stand. Norbert Kettner, Vertreter von Wien und einer der Unterzeichner des Briefs, pochte in diesem Zusammenhang im APA-Gespräch auf Transparenz: "Sippenhaftung gibt es nicht, in keine Richtung - aber es muss transparent gemacht werden."

Der Zweck des Briefes sei, Steger Gelegenheit zu geben, seine Positionen darzulegen. "Ich finde, man muss jedem eine Chance geben, sich zu äußern", das sei nur "fair", sagte Kettner. "Vor so einer wichtigen Wahl ist die Meinungsbildung wichtig." Er persönlich habe indes schon "die Antworten auf einige Fragen gefunden", ergänzte er: "Der Stiftungsrat feuert keine Journalisten." Und als Stiftungsrat könne man auch nicht für eine Budgetfinanzierung des ORF eintreten. "Stellen Sie sich vor, in einer Situation wie dieser muss der Generaldirektor zum Finanzminister gehen und sein Budget verhandeln. Ich bin nicht bereit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abzudrehen."

Dass die Vertreter von Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark den Brief nicht unterzeichnet haben, liege an der internen Diskussion über die Form, in der die Fragen gestellt werden. "Die Mehrheit wollte sie schriftlich übermitteln", sagte Kettner. "Das Schreiben gilt für die sechs Unterzeichneten." Die "Interessenslage" zu regionalen Themen sei bei "allen ähnlich". (APA)

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