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© APA / Hans Punz

Innenminister Herbert Kickl

Redaktion 25.09.2018

Aufregung um Info-Sperre des Innenministeriums gegen kritische Medien

Schreiben aus dem Innenministerium legt nahe, kritische Medien von Informationen fernzuhalten.

WIEN. Nach der Affäre um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) gerät Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) an einer weiteren Front unter Druck. Pläne des Innenministeriums, gegen kritische Medien eine Info-Sperre zu verhängen und den Fokus in der polizeilichen Medienarbeit stärker auf Ausländerkriminalität zu legen, sorgen für Kritik von Medien und Opposition.

"Kurier" und "Standard" hatten über ein Mail des von Kickl eingesetzten Ministeriumssprechers an diverse Polizeidienststellen berichtet, wonach die Kommunikation mit kritischen Medien wie "Kurier", "Standard" oder "Falter" auf das Nötigste - rechtlich vorgesehene - Maß zu beschränken sei und es keine "Zuckerl" geben soll, weil diese Medien laut Innenministerium einseitig und negativ berichten würden. Als positives Beispiel werden in dem Schreiben hingegen vom Innenressort abgenommene Polizei-Formate des Privatsenders ATV genannt.

ATV dementiert Sendungs-Freigabe durch Ministerium
Seitens von ATV wehrt man sich gegen die Unterstellung, das Ministerium habe quasi das letzte Wort bei Polizei-Formaten. In einer Stellungnahme heißt es zum aufgetauchten Schreiben wörtlich: „Wie bei allen Produktionen, im konkreten Fall von "Polizeieinsatz live", einer Eigenproduktion, liegt die redaktionelle Hoheit ausschließlich bei ATV. Die Sendung beruht zur Gänze auf realen Einsätzen und laufenden Ermittlungen, die real-live mitgefilmt werden. Daher ist hier schon aus rechtlichen Gründen des Personenschutzes ein geordneter und korrekter Ablauf mit der Polizei einzuhalten um die erforderliche Sensibilität (Täter- und Opferverpixelung) sicherzustellen. Die Produktion der ATV-Formate über den Polizeialltag gibt es seit 2005, sowie auch der professionelle Austausch mit den diversen Polizeieinheiten Österreichs. Die endgültige redaktionelle Verantwortung der Sendungen liegt ausschließlich bei ATV. Auch bei dieser geplanten Sendung wird sich daran nichts ändern, auch wenn es womöglich MitarbeiterInnen des Innenministeriums vielleicht gerne anders gestaltet hätten. Im Falle eines versuchten redaktionellen Eingriffs würde ATV die Produktion einstellen. Im Übrigen möchte ATV festhalten, dass wir uns von der Vorgehensweise des Innenministeriums in der Frage des Umgangs mit Medien und der journalistischen Freiheit distanzieren. Wir werden auch in Zukunft keine Projekte realisieren wo dieser Grundsatz in Frage gestellt wird."

Ausländische Sexualtäter an den Pranger stellen
Darüber hinaus wird in dem Schreiben darauf hingewiesen, bei der polizeilichen Medienarbeit künftig generell die Herkunft von Tätern zu nennen und Sexualdelikte, die in der Öffentlichkeit begangen werden, offensiver zu kommunizieren. Das Innenministerium will damit den Fokus stärker Richtung Ausländerkriminalität richten. Generell sollen nur solche Sexualstraftaten offensiv kommuniziert werden, bei denen sich Täter und Opfer nicht kennen. Dies ist laut aktuellen Zahlen der Kriminalitätsstatistik allerdings bei nur 10% der Fälle der Fall. Bei gut 90% der Sexualstrafdelikte kommt der Täter aus dem Umfeld des Opfers.

Minister schiebt die Verantwortung für Schreiben ab
Das Ministerium versuchte nach Bekanntwerden des Papiers - wie schon in der BVT-Affäre - vor allem den Eindruck zu vermitteln, dass der politisch verantwortliche FPÖ-Minister mit dem Vorgehen seiner Mitarbeiter und Beamten nichts zu tun habe. Kickl sei "weder Auftraggeber noch Empfänger dieser Mitteilung", hieß es in einer Aussendung. Die durchgesickerten Pläne wurden als "Anregungen und Kommentare ohne jeden Verbindlichkeits- oder gar Weisungscharakter" bezeichnet. Zugleich wurde in der offiziellen Ministeriumsaussendung aber festgehalten, dass der "Verdacht der Voreingenommenheit gegenüber gewissen Medien" angesichts der Berichte über die Pläne des Ministeriums "nicht aus der Luft gegriffen" seien.

Kurz: Kritik und ein „Aber“
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) übte am Rande der UNO-Generalversammlung in New York Kritik an den im Innenministerium gewälzten Überlegungen einer Info-Sperre gegen kritische Medien. Es dürfe durch Kommunikationsverantwortliche keine Ausgrenzung gewisser Medien geben, betonte Kurz. Dass das Innenministerium angekündigt hat, eine neue Kommunikationsrichtlinie zu erarbeiten und eine faire Zusammenarbeit mit allen Medien anzustreben, hält Kurz für richtig

Kritik von Gewerkschaft
Auch die Journalistengewerkschaft und Journalistenorganisationen üben heftige Kritik an Überlegungen des FPÖ-geführten Innenministeriums, kritischen Medien nur mehr die gesetzlich nötigsten Polizeiinfos zukommen zu lassen und den Fokus in der medialen Polizeiarbeit stärker auf Ausländerkriminalität zu richten. Die Journalistengewerkschaft sieht darin eine "gefährliche Grenzüberschreitung".

Auch die Oppositionsparteien üben heftige Kritik an Überlegungen des FPÖ-geführten Innenministeriums, kritische Medien mit einer Info-Sperre zu belegen und den Fokus in der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit stärker auf Ausländerkriminalität zu richten. Die SPÖ forderte Konsequenzen für Innenminister Herbert Kickl, NEOS und Liste Pilz wollen den FPÖ-Minister am Mittwoch bei einer Dringlichen in Nationalrat mit den Vorwürfen konfrontiere. Doch so weit wird es nicht kommen. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) will sich am Mittwoch im Nationalrat offenbar nicht der Opposition stellen. In einem Schreiben ans Parlament wurde am Dienstag mitgeteilt, dass Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) statt Kickl die Dringliche Anfrage der NEOS beantworten wird. (APA/fej)

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