PRIMENEWS
APA Harald Schneide

Redaktion 27.04.2016

Österreichs Exporteure schlagen sich wacker

Aktuelle Entwicklungen der österreichischen Zahlungsbilanz: Heimische Exporteure bleiben in schwierigem Umfeld wettbewerbsfähig. Der Reiseverkehr brachte das beste Ergebnis seit mehr als 20 Jahren.

WIEN. Österreichs Volkswirtschaft erzielte im Jahr 2015 gemäß vorläufigen Daten mit +8,6 Mrd. € (2,6% des BIP) einen höheren Leistungsbilanzüberschuss als im Vorjahr (2014: 6,4 Mrd.) und demonstriert damit im anhaltend schwierigen Wirtschaftsumfeld ihre Wettbewerbsfähigkeit. Das geht aus der Zahlungsbilanz hervor, die am Mittwoch von der Notenbank präsentiert wurde. Die Verankerung in den europäischen Produktionsketten und ein ausgewogener Produktmix federten den Rückgang in einzelnen Absatzmärkten ab und ermöglichten einen Anstieg der Güter- und Dienstleistungsexporte um 3,3 %.

Kein Ziel für ausländische Direktinvestoren

Diese Entwicklung beruhte maßgeblich auf einem neuerlichen Rekordergebnis im Reiseverkehr, wurde aber auch durch ein vorsichtiges Anziehen der Güterexporte sowie den deutlich geringeren Energiepreisen und dem günstigeren Eurokurs unterstützt. Der globale Handelskollaps im Jahr 2009 stellte jedoch eine Zäsur in der Exportentwicklung dar, die nur noch einem sehr flachen Trend folgt. Für ausländische Direktinvestoren scheint Österreich als Anlageziel derzeit nicht attraktiv zu sein. Entgegen dem internationalen Trend stagnieren die Zuflüsse nach Österreich seit einigen Jahren, woraus sich Handlungsbedarf zur Förderung der Standortattraktivität ablesen lässt.

Der neuerliche Anstieg des Leistungsbilanzüberschusses resultiert sowohl aus dem Güter- als auch dem Dienstleistungshandel. Die Nettoexporte sind jeweils um rund eine Mrd. € angestiegen. Dienstleistungen (einschließlich Reiseverkehr) ergaben 2015 somit einen Überschuss von knapp zwölf Mrd. €, die Güterbilanz schloss mit einem Plus von fast drei Mrd. €. Die Wirtschafts- und Finanzkrise führte zu einem deutlich flacheren Wachstumstrend der Exporte. Vor allem Schwellenländer haben als Absatzmarkt jüngst an Bedeutung verloren.

Starke Zuwächse beim EU-Export

Österreichische Unternehmen profitierten vor allem von ihrer Integration in die europäischen Produktionsketten und damit von der Nachfrage aus Deutschland sowie vom langsamen Anziehen der Konjunktur im übrigen Euroraum und der robusten Wirtschaftsentwicklung in Osteuropa. Exporte in die Eurozone wuchsen 2015 um vier Prozent auf 88 Mrd. €, jene in die seit 2004 beigetretenen EU-Länder sogar um sechs Prozent auf 26 Mrd. €. Das sind die stärksten Zuwächse innerhalb der vergangenen vier Jahre. Die BRICS-Staaten haben dagegen infolge der gebremsten Wirtschaftsdynamik als Absatzmarkt für Österreich an Bedeutung verloren. Die Exporte gingen im Vergleich zu 2014 um zwölf Prozent auf rund acht Mrd. € zurück. Das Rückgrat des heimischen Exports ist traditionell die Maschinen-und Fahrzeugindustrie, die mit einem Ausfuhrplus von rund vier Prozent die Entwicklung auch 2015 maßgeblich bestimmte.

Rekord bei der Reiseverkehrsbilanz

Die Reiseverkehrsbilanz erzielte 2015 mit knapp 100 Mio. Ausländernächtigungen das beste Ergebnis seit 20 Jahren. Mit fast 27 Mio. Ankünften ausländischer Gäste wurde der Höchststand zum sechsten Mal in Folge übertroffen. Chinesische Touristen, die weltweit binnen weniger Jahre zur mit Abstand wichtigsten Gästegruppe aufgestiegen sind, reisen auch zunehmend gerne nach Österreich: Eine Million Nächtigungen entsprechen einem Plus gegenüber dem Vorjahr von 40%. Der Reiseverkehr macht bereits rund 70 % des gesamten Dienstleistungsüberschusses aus. Deutsche Gäste haben im Verlauf des letzten Jahrzehnts zwar etwas an Bedeutung verloren, stellen aber weithin mit Abstand die wichtigste Zielgruppe dar: Im Jahr 2015 gaben sie 7,8 Mrd. € in Österreich aus und sorgten damit für etwa die Hälfte der gesamten Reiseverkehrseinnahmen.

Transport, Bau, Lohnveredelung performen gut

Abgesehen vom Tourismus entwickelten sich innerhalb des Dienstleistungsexports vor allem die Transportbranche, die Bauwirtschaft sowie die nach Österreich ausgelagerte Fertigung (Lohnveredelung) positiv.
Österreichs Nettoauslandsvermögen (Finanzforderungen abzüglich Finanzverpflichtungen im Ausland) erreichte 2015 mit plus elf Mrd. € einen neuen Rekordwert. Ursache des seit Jahren zu beobachtenden Anstiegs sind die anhaltenden Leistungsbilanzüberschüsse Österreichs, in deren Folge laufend (netto) Kapital ins Ausland exportiert und das vormals hohe Defizit (2002: -47 Mrd. €) in einen Überschuss gedreht werden konnte.

Die seit einigen Jahren anhaltende Stagnation bei passiven Direktinvestitionen steht im deutlichen Gegensatz zum günstigen Leistungsbilanzergebnis und signalisiert Handlungsbedarf zur Erhaltung der heimischen Standortattraktivität. Im Laufe des Jahres 2015 flossen netto lediglich 3,5 Mrd. € nach Österreich (+2,4%), womit der weltweite Trend (+6,5%) klar verfehlt wurde. Der Zuwachs an passiven Direktinvestitionen stammt nicht aus neuen Beteiligungen sondern vor allem aus reinvestierten Gewinnen, deren Ausmaß derzeit nur geschätzt werden kann. Endgültige Daten hierzu werden im September 2017 vorliegen. (red)

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