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APA Erwin Scheriau

Red-Bull-Chef Didi Mateschitz gibt den Sender Servus TV auf.

Dinko Fejzuli 03.05.2016

Servus TV hört auf

Der Sendebetrieb wird bis auf weiteres uneingeschränkt weiter laufen

medianet bündelt Stimmen aus der Branche

SALZBURG – RedBull-Boss Dietrich Mateschitz wirft das Fernseh-Handtuch. „ServusTV gibt den Betrieb auf“, hieß es am Dienstag in einer Aussendung des Unternehmens. Details blieben vorerst unklar, denn zugleich wurde angekündigt: „Der Sendebetrieb wird bis auf Weiteres uneingeschränkt weiterlaufen.“ Der Sender sei „wirtschaftlich untragbar geworden", so die Begründung für den Schritt. Vom Aus betroffen sollen rund 300 Mitarbeiter sein, viele davon waren extra wegen des Senders nach Salzburg gezogen.

Obwohl man seit dem Start 2009 Jahr für Jahr einen nahezu dreistelligen Millionenbetrag in Servus TV investiert habe, „lässt sieben Jahre nach Einführung die aktuelle Markt- und Wettbewerbssituation keine wirklich positive Entwicklung erwarten. (...) Wir haben uns der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmanns entsprechend entschlossen, den Betrieb von ServusTV einzustellen.“ Die „Veränderungen am globalen Medienmarkt bestärken uns in dieser Entscheidung, weil digitale Angebote die klassischen, linearen Programme verdrängen.“ Das Magazin „Servus in Stadt und Land“ sei von dieser Maßnahme nicht betroffen.

Wie die Salzburger Nachrichten in ihrer Online-Ausgabe berichten, soll der Senderbetrieb mit Ende Juni eingestellt werden, bis dahin soll das Programm „uneingeschränkt weiterlaufen" schreibt SN-Online.  Alle 246 Mitarbeiter sollen bereits gekündigt worden sein, auch eine entsprechende AMS-Meldung gebe es bereits. Die SN spekulierten ebenso wie der Standard über eine mögliche  Gründung eines Betriebsrats als Grund für das Ende des Senders, da dies, so die beiden Medien, von der Eigentümerseite nicht akzeptiert worden wäre.

Intern wurde die Senderauflösung am heutigen Dienstag bekannt gegeben. Lediglich in einer kurzen Betriebsversammlung wurde von den Chefs des Senders verkündet, dass ServusTV nicht weiter ausgestrahlt werde. Der Hintergrund soll hierfür eine angedachte Betriebsratsgründung sein, berichten die SN: Weil die Mitarbeiter über eine solche online abstimmen lassen wollten, sei Red Bull-Chef und ServusTV-Geschäftsführer Dietrich Mateschitz der Kragen geplatzt, so die SN.

Erst vor Kurzem wurde bekannt gegeben, dass Ferdinand Wegscheider, der frühere SalzburgTV-Gründer, zum neuen Senderchef berufen wurde. Er sollte in seiner neuen Funktion als Intendant von ServusTV die Leitung des Senders übernehmen.

2009 startete das Programm des Senders mit Sitz in Wals-Siezenheim, das sich zusammen mit dem Magazin „Servus in Stadt und Land“ im Besitz der Red Bull Media GmbH, einer Tochterfirma der Red Bull GmbH, befindet. Der Sender wurde jedoch nicht komplett neu gegründet, sondern ging damals aus dem 1995 gegründeten Regionalsender SalzburgTV hervor, welcher unter anderem von Wegscheider gegründet wurde. Empfangbar ist der Sender in Österreich digital-terrestrisch mittels DVB-T, europaweit kann man das Angebot unverschlüsselt via Astra-Satellit und über A1 Kabel TV und in zahlreichen deutschen Kabelnetzen verfolgen. Auf der Website des Senders ist das gesamte Programm auch per Livestream verfügbar.

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Media-Agenturen und Werbekunden waren ebenfalls überrascht


Peter Drobil, Werbeleiter Bank Austria und ein Kunde des Senders, sagt auf Anfrage von medianet: „Es ist schade, dass ein qualitativ so hochwertiger Sender wie ServusTV, der in relativ kurzer Zeit die Dimension von ARTE erreicht hat, nicht mit einem geringen Minus zu finanzieren war. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass man den Sender jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag stützen musste.“

Für Joachim Feher, CEO MediaCom, kam das nun angekündigte Ende wie für viele andere völlig überraschend: „Für mich kam das aus heiterem Himmel, aber auf der anderen Seite auch verständlich, dass man diesen Schritt geht. Wenn es seit Jahren de facto keine Entwicklung gibt – vor allem hat sich auch in der Reichweite und dem Marktanteil nichts geändert.“

Petra Hauser: „Als Einzelsender hat man es schwer.“

Bedauert wird das Aus von ServusTV auch von Petra Hauser, GF der zweitgrößten Media-Agenturengruppe media.at: „Wir als Agentur haben den Sender immer gut gebucht, weil wir der Meinung sind, dass ein so originär österreichisches Programm, wie es ServusTV geboten hat, für das Qualitätssegment wichtig war und ein passendes Umfeld für unsere Kunden geboten hatte.“
Ein weiteres Problem von ServusTV war, so Hauser, auch der Umstand, dass man als Einzelsender nur schwer überleben konnte. „Andere bilden ganze Senderströme, um Synergien zu nutzen und mehrere Zielgruppen zugleich abzuchecken. Da hat es ein Sender wie ServusTV gleich drei Mal so schwer.“ Was die Rückabwicklung von bereits getätigten Buchungen betreffe, habe man mit dem Sender bereits Kontakt aufgenommen, so Hauser gegenüber medianet.

Ob der Sender vielleicht eine Zukunft unter dem Dach einer der bereits bestehenden Sendergruppen gehabt hätte, ließe sich jetzt natürlich nur mehr schwer sagen, so Hauser

Zinggl: "ServusTV hat stets seine Eigenständigkeit betont"

Angesprochen auf die Frage, ob man es als Einzelsender in Österreich besonders schwer habe, und ob ein neuer Eigentümer, dann unter dem Dach einer Sendergruppe, nicht ein Ausweg gewesen wäre, meinte Walter Zinggl, Chef des Vermarkters IP: "Das ist eine sehr hypothetische Frage. Aber generell gesprochen: Zu so einer Idee gehören immer zwei, und in diesem spezifischen Fall wäre es an ServusTV gelegen, Signale auszusenden, darüber sprechen zu wollen. Allgemein ist ServusTV ein Sender, der stets seine Eigenständigkeit betont hat."

2% Werbemarkt und 1,5% TV-Markt

Aus der Sicht der Marktanteilentwicklung hat sich ServusTV schwer getan. Seit dem Start 2009 bewegte sich der Sender zwischen ein bis 2%. Den höchsten Wert erzielte man 2015, wo man bei der Gesamtbevölkerung einen Marktanteil von 1,7% erreichte; im Jahr davor waren es 1,5.  Zumindest am Werbemarkt tat sich ServusTV etwas leichter; hier lag man im Vergleich zu den 1,5 Marktanteil bei 2%, die man am Werbemarkt einsammeln konnte. Auch bei jenem Publikum, welches den Sender konsumierte, war der Sender beliebt. Erst im Jänner wurde das Programm von ServusTV nach einer Umfrage des TV-Magazins TV-Media ausgezeichnet. 23% der Befragten erklärten, dass ServusTV das beste Programm des Landes habe, noch vor ORF eins (14%).

VÖP schießt sich auf das TV-Finanzierungs-System ein

Ernst Swoboda, Vorstandsvorsitzender des VÖP, reagiert schockiert: „ServusTV steht seit sieben Jahren für ein äußerst hochqualitatives Programmangebot.Der Sender ist damit ein wichtiger Teil des österreichischen Medienmarkts. Die Entscheidung des Eigentümers, den Sender aus wirtschaftlichen Gründen einzustellen, muss natürlich respektiert werden. Aber diese Entscheidung ist ein scharfes Alarmsignal für die österreichische Medienpolitik. Denn die derzeitigen Rahmenbedingungen behindern nach wie vor massiv die Entwicklung eines wirtschaftlich tragbaren, privaten Rundfunkmarkts. Das Ende von ServusTV ist die bittere Konsequenz, wenn ein Sender hochqualitative, teilweise öffentlich-rechtliche Inhalte privat finanzieren muss, während die öffentlich-rechtliche TV-Anstalt mit Gebühren Kommerz-TV betreibt.“

RTR ist „bestürzt“

Die Nachricht, dass der 2009 gestartete Privatsender ServusTV seinen Betrieb einstellt, nimmt Alfred Grinschgl, der Geschäftsführer des Fachbereichs Medien der RTR-GmbH, mit Bestürzung zur Kenntnis: „ServusTV war ein privates Fernsehprogramm, das mit inhaltlich und technisch hochwertigen Produktionen in erheblichem Maß zum Public Value auf unserem TV-Markt Veigetragen hat“, so Grinschgl. „Die Einstellung des Programms ist ein erheblicher Verlust für die österreichische Medienlandschaft. Wir denken dabei aber auch an die vielen Mitarbeiter, die sich mit Herzblut für das Programm eingesetzt haben.“ (rach/fej/APA)

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