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Redaktion 12.09.2018

Warenhaus-Riesen Kaufhof und Karstadt fusionieren

Die Angst um Jobs besteht. Die Marken Karstadt und Kaufhof bleiben zunächst erhalten, die Kaufhof-Eigner setzen auf Synergien und höheren Ertrag.

ESSEN/KÖLN/WIEN. Die Warenhausketten Kaufhof und Karstadt wollen ihre Zukunft im harten Wettbewerb mit der Online-Konkurrenz durch eine Fusion sichern. Die Eigentümer der traditionsreichen Einzelhändler - der nordamerikanische Handelsriese HBC und die österreichische Investmentgesellschaft Signa von Karstadt-Eigner Rene Benko - brachten am Dienstag ein Gemeinschaftsunternehmen mit 32.000 Beschäftigten auf den Weg.

Das sei die "ideale Lösung", um sich im stark umkämpften Markt erfolgreich zu positionieren, erklärte Karstadt-Chef Stephan Fanderl, der auch das Gemeinschaftsunternehmen führen soll.

Karstadt-Eigner Signa hält mit 50,01 Prozent eine knappe Mehrheit am operativen Geschäft der neuen Holding, HBC die restlichen Anteile. Signa erwirbt zudem 50 Prozent des milliardenschweren europäischen Immobilienbestands von HBC. Die Nordamerikaner setzen ihrer Chefin Helena Foulkes zufolge auf Synergien. Details zu Sparplänen oder dem befürchteten Abbau von Stellen wurden aber nicht genannt. Die Nordamerikaner hatten Kaufhof eigentlich als Sprungbrett für eine breit angelegte Expansion in Europa nutzen wollen. Doch der Plan schlug fehl, Kaufhof leidet unter schrumpfenden Umsätzen und Verlusten.

Immerhin habe sich die Bewertung der Warenhaus-Immobilien unter ihrer Führung deutlich verbessert, hob das HBC-Management hervor. Die Fusion schaffe die Voraussetzungen, "die Herausforderungen im deutschen Einzelhandel zu meistern", sagte Foulkes. "Wir sind zusammen stärker", fügte sie in einem Gespräch mit Analysten hinzu. Die Aktie von Hudson Bay (HBC) stieg zum Handelsauftakt an der Börse in Toronto um zehn Prozent.

"Jetzt beginnt eine Phase, die von harter Arbeit, großen betrieblichen Herausforderungen und fordernden Marktveränderungen geprägt ist", kündigte Fanderl an. Die Fusion umfasst auch die HBC-Warenhäuser in den Niederlanden sowie Karstadt Sports und den gesamten Lebensmittel- und Gastronomiebereich beider Unternehmen. Auch eine Reihe von Internet-Plattformen wie Karstadt.de und Kaufhof.de gehen mit in die Warenhaus-Ehe. Sie alle sollen in einer Holding zusammengefasst werden. Die Marken Kaufhof und Karstadt bleiben zunächst bestehen. Die Kartellbehörden müssen der Warenhaus-Ehe zudem noch zustimmen. Das Bundeskartellamt hat bereits angekündigt, die Pläne untersuchen zu wollen. HBC erwarte aber bald grünes Licht, sagten Vertreter des Konzerns.

Die nun zusammengeführten Geschäfte erzielten HBC zufolge 2017 einen Umsatz von 5,4 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Der Online-Marktführer in Deutschland, Amazon.de, fuhr nach Zahlen des Kölner EHI-Instituts und von Statista im vergangenen Jahr einen Einzelhandels-Umsatz von 8,8 Mrd. Euro ein.

Beide Seiten versprechen sich von der "Fusion unter Gleichen" der einst erbitterten Konkurrenten auch Einsparungen. Besonders in der Kaufhof-Belegschaft geht die Angst vor einem massiven Stellenabbau um. Die Fusion biete die Möglichkeit "effizienterer Prozesse", hieß es.

HBC-Vertreter sagten vor Analysten, es könne auch in begrenztem Umfang zur Schließung von Warenhäusern kommen. Entschieden werde darüber aber erst, wenn das neue Management rund um Fanderl eingesetzt sei. Einsparungen seien bei den Zentralen - für ein Gemeinschaftsunternehmen brauche es nicht zwei Hauptsitze in Essen und Köln - sowie in der Logistik und beim Einkauf geplant, hatten Insider aber bereits berichtet. Welche der beiden Zentralen wegfallen könnte ist aber noch offen.

Die Gewerkschaft Verdi forderte, die beiden Warenhaus-Gruppen dürften nicht verschmolzen werden. "Beide Warenhäuser haben ihren Platz in Deutschland", sagte Stefanie Nutzenberger, im Verdi-Bundesvorstand für den Handel zuständig. "Wenn das Konzept stimmt, können Doppelstandorte sogar eine Stärke sein." Sinn der Transaktion dürfe es nicht sein, "mit Innenstadt-Immobilien in bester Lage einmal mehr Kasse zu machen".

HBC hatte Kaufhof im Oktober 2015 übernommen. Doch die Kette mit ihren aktuell 96 Warenhäusern in Deutschland kam nicht in Schwung. Viele Kunden kehren Innenstädten und Warenhäusern den Rücken und bestellen lieber bei Online-Händlern von Amazon bis Zalando. Die Nordamerikaner hatten den deutschen Markt mit seinem erbitterten Wettbewerb offensichtlich lange unterschätzt und zu spät einen Umbau eingeleitet. HBC hielt trotz der Verluste eisern an Kaufhof fest - bis Foulkes Anfang des Jahres an die Spitze des Konzerns rückte. Sie räumte unter den Beteiligungen auf.

Für Einsparungen sind zunächst Gespräche mit den Arbeitnehmern nötig. Bei Karstadt gilt seit Dezember 2016 ein Zukunftstarifvertrag, der regelt, dass die Beschäftigten zeitweise auf Teile des Weihnachts- und Urlaubsgeldes sowie Tariferhöhungen verzichten. Spätestens ab April 2021 soll Karstadt wieder unter den Flächentarifvertrag fallen. Bei Galeria Kaufhof greift dagegen der Flächentarifvertrag für den Einzelhandel. Das Management der angeschlagenen Kette dringt aber auf einen Sanierungstarifvertrag. Entsprechende Gespräche standen im Sommer kurz vor dem Abschluss - dann waren sie aber wegen der Verhandlungen über eine Fusion auf Eis gelegt worden. (APA/Reuters)

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