Autoindustrie: Big Data noch nicht im Mittelpunkt
MOBILITY BUSINESS Moritz KOlar 17.04.2015

Autoindustrie: Big Data noch nicht im Mittelpunkt

Berylls Strategy Advisors Studie der Unternehmensberater zeigt in der Autoindustrie große Potenziale für Big Data auf

Konsequente Implementierung könnte Deckungsbeiträge von mehreren Hundert Euro pro Auto bringen.

München. Daten, Daten, Daten – nichts geht über Daten. Längst beeinflussen die gesammelten, verknüpften und möglichst effizient gebündelten Informationen die Entwicklung vieler Unternehmen, und die Auswertung der gesammelten Datenmengen wird in den kommenden Jahren ökonomisch wohl weiter an Relevanz gewinnen. Diese Entwicklung macht naturgemäß auch vor der Automobilindustrie nicht Halt, wobei die Unternehmensberater von Berylls Strategy Advisors in einer aktuellen Studie dabei noch Nachholbedarf sehen. Verglichen mit anderen Industrien, tue sich die Branche bei der Umsetzung ihrer Big Data-Strategien noch schwer, Big Data werde bislang nur sehr limitiert innerhalb einzelner Fachbereiche eingesetzt.

Branche mit Nachholbedarf

Typische Anwendungsfälle in der Automobilindustrie sind laut der Studie sehr stark auf den Bereich Marketing und Vertrieb – wie beispielsweise das Customer Relationship Management – fokussiert. Dabei hätten die Automobilisten aktuell vor allem damit zu kämpfen, dass ihre Datenhaushalte stark fragmentiert und über viele Fachbereiche und Tochtergesellschaften sowie Vertriebsstufen und Ländergrenzen hinweg verteilt sind. Zwar haben bereits einige Automobilhersteller große IT-Transformationsprojekte gestartet, um ihre IT-Systemlandschaft zu konsolidieren und so einen „Golden Record” der Kundendaten zu erlangen. Doch bis diese Bemühungen Früchte tragen werden, dürfte noch einige Zeit ins Land ziehen. „Umso wichtiger ist es, dass die Automobilhersteller, aber auch deren Zulieferer, entscheidende Weichen rechtzeitig stellen, um Big Data in ein paar Jahren vollumfänglich zu ermöglichen”, so Jan Burgard, Partner bei Berylls.

Potenziale sind enorm

Damit die richtigen technologischen Weichen gestellt werden können, ist es aus Sicht der Unternehmensberater unabdingbar, dass sich Vertreter der Automobilbranche aktiv mit den Potenzialen von Big Data auseinandersetzen und Prioritäten festlegen. So wurden allein im Rahmen der von Berylls durchgeführten Studie über 20 mögliche Anwendungsfälle identifiziert; anhand von zwei konkreten Beispielen aus den Bereichen Entwicklung sowie Vertrieb wurden mögliche Potenziale auch quantifiziert: „Unsere Studie und Projekterfahrungen zeigen, dass bereits einzelne konsequent implementierte Use Cases Einsparpotenziale in Höhe von mehreren Hundert Euro Deckungsbeitrag pro Fahrzeug leisten können”, so Christian Kick, Associate bei Berylls. „Sollten nicht alle Stakeholder innerhalb des Unternehmens von den Potenzialen überzeugt sein, eignen sich Piloten, um die tatsächlichen Effekte aufzuzeigen, da diese letztlich sehr unternehmensspezifisch sind und von vielen Variablen abhängen”, ergänzt Burgard.

Kultur und Organisation

Dass es bei einer erfolgreichen Big Data-Implementierung aber nicht allein auf technologische Entscheidungen sowie die Priorisierung der richtigen Use Cases ankommt, wurde durch die Ergebnisse einer mit Managern der Automobilindustrie sowie Big Data-Experten durchgeführten Befragung deutlich. Einstimmig haben alle Befragte angegeben, dass Big Data für die Automobilindustrie weniger eine technologische als vielmehr eine kulturelle und organisatorische Herausforderung darstellt. Kernherausforderungen sind insbesondere die Fragen der Governance sowie der Ansiedlung der Verantwortung von Big Data-Initiativen. „Auf den Bereich Kultur und Organisation sollte im Zusammenhang mit Big Data-Initiativen in der Automobilindustrie folglich ein besonderes Augenmerk gelegt werden”, so Simon Chanias, Consultant bei Berylls.

Die Mischung macht's

Damit wird laut den Studienautoren auch deutlich: Erfolgreiche Big Data-Initiativen sind vielschichtig und erfordern eine gesamtheitliche Betrachtung. Im Gegensatz zur geläufigen Meinung stehe etwa nicht allein die notwendige Infrastruktur als ausschlaggebendes Schlüsselelement im Vordergrund; diese sei eher als ein wichtiger Baustein neben anderen anzusehen. Berylls unterscheidet aus diesem Grund die „Big Data”-Handlungsfelder „Strategie”, „Kultur und Organisation”, „Talent-Management” sowie „Technologie”. Nur wenn sich diese in der richtigen Balance befinden, könnten mit Big Data nachhaltige Erfolge erzielt werden. Die Autoindustrie sollte diesbezüglich, so die Berylls-Experten abschließend, Unternehmen wie Google als Inspiration betrachten, um in einer eigenen evolutionären Vorgehensweise das Zielbild der „datengetriebenen” Organisation systematisch voranzutreiben.

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