Experten sehen wenig Chancen für Selbstfahrer
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MOBILITY BUSINESS Redaktion 18.10.2019

Experten sehen wenig Chancen für Selbstfahrer

Autonom fahrende Autos bleiben laut Zukunftsforschern, PSA-Chef Tavares und Erste AM-Analyse Nischenprodukt.

••• Von Jürgen Zacharias

Seit Jahren ist in Medien und Politik vom bevorstehenden Durchbruch des Elektroautos die Rede. Die ambitionierten Ankündigungen entsprachen allerdings in den vergangenen Jahren nie den tatsächlichen Entwicklungen am Markt, wo Stromer nur sehr langsam Fahrt aufnehmen konnten. 250.000 Elektroautos auf heimischen Straßen, wie das der frühere Umweltminister Nikolaus Berlakovich im Jänner 2012 bei der E-Mobility Conference in Graz für das Jahr 2020 prophezeite, wird es daher wohl eher nicht spielen. Aber mit einem Bestand von aktuell 26.964 Elektro-Pkw (Stand 31. August 2019) wagte sich die Antriebsalternative in den vergangenen Jahren zumindest ein Stück weit aus der Deckung.

Technologie im Rampenlicht

Die aktuellen Zulassungszahlen sprechen dafür, dass die Technologie weiter ins Rampenlicht drängen wird. Die Beliebtheit von Elektroautos steigt jedenfalls seit Jahren. Entschieden sich 2017 noch 5.433 Österreicher für elektrisch angetriebene Fahrzeuge, so stieg diese Zahl im Jahr 2018 auf 6.757 (plus 24,4%), und im laufenden Jahr wurde sie schon mit Ende September übersprungen.

Von 1. Jänner bis Ende September wurden hierzulande insgesamt 7.383 Elektroautos neu zum Verkehr zugelassen – und damit um 64,7% mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Erstmals könnten damit mehr als 10.000 Elektroautos in einem Jahr neu auf die rot-weiß-roten Straßen kommen. Jedes 34. neue Fahrzeug ist damit bereits ein Elektrowagen, der Anteil liegt bei 2,9 Prozent.

Anstieg prognostiziert

Geht es nach der Internationalen Energieagentur IEA, dann soll der Anteil bis zum Jahr 2030 global auf rund 30% steigen, wobei die Marktdurchdringung, regional betrachtet, sehr unterschiedlich eingeschätzt wird. So gilt China als wichtigster Markt, gefolgt von Europa sowie den USA. In Europa ist Norwegen mit einem E-Fahrzeug-Anteil von bereits 46% (bei Neuwagen- Anmeldungen) derzeit führend.

Veränderte Prioritäten

Diese Einschätzung teilt auch das Erste Assessment Center in einer aktuellen Analyse. „Die großen Player in der Automobilindustrie standen viele Jahre vor allem für Stillstand und nicht für Mobilität, was alternative Antriebstechnologien betrifft”, blickt Walter Hatak, Head of Responsible Investments bei Erste Asset Management (Erste AM), zurück. Der Dieselskandal, neue Konkurrenten wie Tesla, aber auch ein gesellschaftlicher Umdenkprozess habe die Prioritätensetzung der Automobilbranche mittlerweile aber drastisch verändert.

„Investoren legen Wert darauf, in Produkte oder Technologien zu investieren, die zukunfts­fähig sind. Antriebstechnologien, die nicht im Einklang mit den Pariser Klimazielen stehen, haben hier schlechte Aussichten. Insofern sehen wir in der E-Mobilität trotz der bekannten Kontroversen ein hohes Potenzial”, so Hatak weiter.
Die Etablierung autonomer Fahrzeuge sieht das Erste AM genau aus diesem Grund hingegen noch in weiter Ferne. Auch Luc Julia, Experte für die Schnittstelle Mensch-Maschine, Miterfinder von Siri und Autor des Buchs „Künstliche Intelligenz gibt es nicht” ist diesbezüglich skeptisch, wie er in einem gemeinsamen Gespräch mit PSA-CEO Carlos Tavares zu den großen Zukunftsthemen der Branche betont: „Ich bezweifle, dass das autonome Fahrzeug der Stufe 5 jemals existieren wird, denn die Aufmerksamkeit eines menschlichen Fahrers wird von einer Maschine nie erreicht werden.”
Luc Julia weiter: „Ein autonomes Fahrzeug, das sich beispielsweise um 18 Uhr am Pariser Place de l’Etoile befindet, wird sich nicht von der Stelle bewegen, weil es sich an die Regeln hält. Menschen wissen hingegen, wie man sich vorsichtig und den Umständen angepasst fortbewegen kann.”

Perspektiven in der Nische

Carlos Tavares gibt der Technologie zumindest in der Nische eine Chance: „Wir glauben, dass autonome Fahrzeuge der Stufen 4 und 5 Realität werden, als Shuttles und Taxiroboter in geschlossenen Bereichen”, so der PSA-Boss. „Diese hochtechnologischen Mobilitätslösungen werden jedoch so teuer sein, dass sie für den Einzelnen unerreichbar sind: Ihre Nutzungskosten werden zwangsläufig mit der Gemeinschaft geteilt.”

Womöglich hören sich Zukunftsprognosen zu diesem Thema in fünf oder zehn Jahren schon wieder gänzlich anders an; bis dahin dürfte aber zumindest das Elektroauto aus der Nische vollends ins Rampenlicht getreten sein.

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