EY Analyse: Rekordtief bei Neuwagenzulassungen
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MOBILITY BUSINESS Redaktion 18.07.2022

EY Analyse: Rekordtief bei Neuwagenzulassungen

Der EU-Neuwagenmarkt sinkt auf Rekordtief, in Österreich um zwölf Prozent.Plug-in-Hybride geraten zunehmend unter Druck.

WIEN. Der Abwärtstrend auf dem europäischen Neuwagenmarkt hält an: Im Juni sanken die Pkw-Neuzulassungen in der EU im Vergleich zum Vorjahresmonat um 15 Prozent, im gesamten ersten Halbjahr um 14 Prozent. Gegenüber dem Vor-Pandemieniveau (Juni 2019) ergibt sich sogar ein Rückgang um 28 Prozent. Damit hat der EU-Neuwagenmarkt den niedrigsten (Juni-)Stand seit der EU-Osterweiterung im Jahr 2014 erreicht. In Österreich wurde im Juni ein Rückgang um zwölf Prozent registriert, was einem Rückgang gegenüber Juni 2019 um 30 Prozent entspricht.

Nach wie vor sind es Probleme mit der Lieferkette, die den Neuwagenmarkt massiv ausbremsen, so Axel Preiss, Leiter Advanced Manufacturing & Mobility bei EY: „Nach wie vor kommt es zu teils drastischen Versorgungsengpässen. Die Knappheit an Halbleitern und Rohstoffen beeinträchtigt die Produktion massiv. Mit der strikten Lockdown-Politik in China rückt die Aussicht auf Erholung weiter in die Ferne.“

Vorerst ändere sich daher wenig an der Gesamtlage, so Preiss: „Die Preise bleiben hoch, die Lieferzeiten lang, die Verfügbarkeit von Neuwagen insgesamt gering. Es ist zu erwarten, dass sich die Hersteller weiterhin auf die Produktion hochmargiger Fahrzeuge fokussieren.“

Aufgrund der Konjunkturaussichten rechnet Preiss damit, dass nun auch die Nachfrage unter Druck geraten wird: „Die hohe Inflation und die Sorge vor einer Gasknappheit im Winter – das alles kann massive Auswirkungen sowohl für Privatpersonen als auch die Wirtschaft mit sich bringen. Die bis zuletzt noch hohe private Nachfrage am Automarkt dürfte sich bei einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Aussichten abschwächen. Und die konjunkturelle Eintrübung wird sich wahrscheinlich auch auf die Investitionsbereitschaft der Unternehmen auswirken.“

Selbst wenn sich die Liefersituation bei Halbleitern in der zweiten Jahreshälfte leicht verbessern sollte, erscheine ein Rückgang der Neuzulassungen in der EU im Gesamtjahr um etwa zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr realistisch, so Preiss: „2022 wird der EU-Neuwagenmarkt einen neuen historischen Tiefstand erreichen. Aktuell gibt es wenig Gründe, dass sich das 2023 deutlich ändern wird.“

Elektroautos lassen Plug-in-Hybride weit hinter sich
Die Chipkrise dämpft auch den Absatz elektrifizierter Fahrzeuge: Im Juni legten die Neuzulassungen reiner Elektroautos in den größten fünf Märkten Westeuropas (Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien) nur noch um drei Prozent zu – nach 14 Prozent im Mai und 24 Prozent im gesamten ersten Halbjahr. In einigen Ländern – u.a. Österreich, Deutschland und Italien– gingen die Elektro-Neuzulassungen sogar zurück. „Auch der Wachstumsmarkt Elektroautos ist fast zum Stillstand gekommen“, beobachtet Preiss. „Das Interesse ist zwar nach wie vor hoch, allerdings kommen die Hersteller bei der Produktion nicht nach.“

Besonders stark abgebremst wurde die Wachstumsdynamik bei Plug-in-Hybriden. Deren Absatz schrumpfte in den Top-5-Märkten im Juni um 20 Prozent – nach einem Rückgang im Mai um 13 Prozent. In Österreich wurde im Juni ein Rückgang um 15 Prozent registriert. In keinem der analysierten Märkte gab es ein Absatzplus. Preiss dazu: „Für Plug-in-Hybride wird es zunehmend schwieriger. Elektroautos werden immer besser – vor allem in Bezug auf die Reichweite. Förderungen für Plug-in-Hybride werden zudem in vielen Ländern hinterfragt – das führt zu Verunsicherung bei Konsumentinnen und Konsumenten.“

Der Marktanteil reiner Elektroautos kletterte im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat in den Top-5-Märkten von 9,2 auf 11,4 Prozent, in Österreich von 13,9 auf 14,9. Bei Plug-in-Hybriden wurde in den Top-5-Märkten ein leichter Rückgang von 7,9 auf 7,6 Prozent registriert, in Österreich von 5,4 auf 5,2 Prozent. In Summe stieg damit der Marktanteil elektrifizierter Neuwagen in den Top-5-Märkten im Juni von 17,1 auf 19,0 Prozent, in Österreich von 19,2 auf 20,2 Prozent. (red)

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