Jein zu elektronischen Helferleins
© ÖAMTC Rattay
In den meisten unserer Fahrzeuge werken mittlerweile zahlreiche verschiedene Assistenzsysteme – von Notbremsassistenten bis hin zu intelligenten Geschwindigkeitsassistenten.
MOBILITY BUSINESS Jürgen Zacharias 10.06.2022

Jein zu elektronischen Helferleins

Aktuelle ÖAMTC-Umfrage zu Fahrassistenzsystemen und automatisiertem Fahren zeigt: Das Interesse für elektronische Helfer ist prinzipiell vorhanden, es mangelt allerdings am Vertrauen.

WIEN. Die Zahl der Fahrassistenzsysteme in Autos hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Dabei handelt es sich nicht nur um Komfort-Features, sondern vor allem auch um sicherheitsfördernde Unterstützungen wie beispielsweise Notbremsassistenten, deren Wirksamkeit einen stetig wachsenden Anteil in der Bewertung der EuroNCAP-Crashtests einnimmt. ÖAMTC-Tests belegen immer wieder den Sicherheitsgewinn solcher Assistenzsysteme. „Die hohe Anzahl an Signalen, die diese Systeme laufend aussenden, können aber auch zur Überforderung und zu Fehlreaktionen hinter dem Steuer führen“, weiß ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger. Aus Sicht des Mobilitätsclubs ist eine breite Akzeptanz von Fahrerassistenten trotzdem ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Verkehrssicherheit. Daher hat der ÖAMTC zu diesem Thema im April eine Umfrage unter 860 Mitgliedern durchführen lassen.
 
Die Mehrheit der Befragten (55%) zeigt sich für das Thema Fahrassistenzsysteme und automatisiertes Fahren „sehr“ oder „eher interessiert“. Als primäre Informationsquelle dient dabei das Internet (55%), gefolgt von Autosendungen im Fernsehen (47%), Fachzeitschriften (38%) und persönlichen Gesprächen (29%). Ganze 84% geben an, dass ihr Fahrzeug über ein Assistenzsystem verfügt. Zu den häufigsten gehören Rückfahrkameras (70%), Tempomat (63%) und intelligente Lichtsysteme (46%). Die Mehrheit der Befragten (64%) sagt, sie kennt alle Signale ihres Fahrzeugs. Ein beachtliches Drittel der Befragten gibt jedoch an, die Symbole/Hinweiszeichen im eigenen Auto nur teilweise zu kennen. 
 
Etwas mehr als die Hälfte (52%) empfindet Assistenzsysteme als „sehr“ oder „eher vertrauenswürdig“, 35% vertrauen ihrem Auto teilweise, elf Prozent haben weniger bis gar kein Vertrauen. „Generell gibt es eine hohe Zufriedenheit hinsichtlich des schnellen Eingreifens der Systeme, und man fühlt sich bestätigt, dass der Kauf dieser eine gute Entscheidung war. Nicht ganz so überzeugt sind die Menschen, ob ihre Assistenzsysteme Gefahrensituationen lösen oder mitunter eher hervorrufen. Kritisiert wird am häufigsten das schroffe Eingreifen der Assistenzsysteme“, berichtet Marion Seidenberger über die Erfahrungen der befragten Personen. Rund ein Drittel erlebte mehrmals Falschreaktionen des Fahrzeugs. Dazu zählen hauptsächlich akustische Fehlwarnungen (52%), fälschliche Notbremsungen (45%) und nicht notwendige Lenkeingriffe (27%).

Abschließendes Fazit der Verkehrspsychologin: „Einerseits ist weiterhin Aufklärungsarbeit wichtig – um die Akzeptanz von Fahrassistenzsystemen allgemein zu steigern, aber auch um das Bewusstsein zu schaffen, dass man sich keinesfalls blind auf seine Helferlein im Auto verlassen darf. Beim Kauf eines Fahrzeugs sollte man sich die Assistenzsysteme am besten vom Verkäufer erklären lassen oder die Bedienungsanleitung konsultieren. Andererseits sind die Fahrzeughersteller gefordert, ihre Systeme so zuverlässig wie möglich zu machen. Fehlauslösungen können im schlimmsten Fall zu Unfällen führen oder die Akzeptanz der Assistenten schmälern, das muss unbedingt vermieden werden – auch als wichtiger Schritt in Richtung automatisiertes Fahren.“
 
Ab Juli 2022 müssen neue Pkw-Typen bei der Fahrzeugtypenzulassung bestimmte Assistenzsysteme für mehr Sicherheit vorweisen. Vorgeschrieben sind dann laut EU-Verordnung unter anderem ein Intelligenter Geschwindigkeitsassistent, Rückfahr-, Spurhalte- und Notbremsassistenten, Müdigkeitswarner und eine Schnittstelle für Alkohol-Wegfahrsperren. (jz)

 

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