Mexiko: Neues Produktions-Dorado der Autoindustrie
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MOBILITY BUSINESS Jürgen Zacharias 03.06.2016

Mexiko: Neues Produktions-Dorado der Autoindustrie

GM, VW, Toyota, Nissan, Ford & Co: Immer mehr Hersteller machen Mexiko zu einem der wichtigsten Player am globalen Automarkt.

••• Von Jürgen Zacharias

MEXICO CITY. Lange Zeit stand Mexiko im langen Schatten Brasiliens. Dann begann bei den Südamerikanern der Wachstumsmotor zu stottern und der Staat an der US-Grenze avancierte zum neuen Liebling der Finanzwelt und bietet heute insbesondere Automobilherstellern gute Wachstumschancen.

Nissan, General Motors, Fiat Chrysler, VW, Ford, Honda und Mazda ließen dort 2013 insgesamt 2,93 Mio. Fahrzeuge von den Bändern; im Jahr darauf steigerte sich der Output (nun auch inkl. Toyota) auf 3,2 Mio. Autos, 2015 auf 3,4 Mio. und 2020 könnte die Produktion – einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Roland Berger zufolge – bereits bei mehr als fünf Mio. Neuwagen liegen.

Auf der Überholspur

Mexikos Automobilindustrie legte demnach in den vergangenen fünf Jahren um durchschnittlich acht Prozent zu und dürfte nun weiter Fahrt aufnehmen. Bis 2020 ist die Eröffnung von sechs neuen Werken geplant (BMW eröffnet 2019, Audi nimmt schon in Kürze die Produktion auf). Mit einer Fertigung von dann mehr als fünf Mio. Fahrzeugen würde Mexiko zum weltweit sechstgrößten Pkw-Produzenten aufsteigen – und mehr Fahrzeuge auf den Weltmarkt bringen, als heute Großbritannien, Italien und Frankreich zusammen.

Insgesamt wollen die Autobauer in Mexiko mindestens 15,3 Mrd. € investieren und neben den neuen Werken auch die Kapazitäten in bestehenden Fabriken erhöhen; der Fokus liegt dabei eindeutig auf dem Export: „Haupttreiber dieses Wachstums sind die Exporte in globale Märkte außerhalb der NAFTA-Region”, sagt Stephan ­Keese, Partner von Roland Berger und Experte für die nord- und südamerikanische Automobilindustrie.
Günstige Löhne, eine gute logistische Anbindung an viele Regionen der Welt, unternehmensfreundliche Gesetze und Freihandelsabkommen mit über 60 Ländern machen das Land interessant und zu einem Zentrum der globalen Automobilproduktion.

Engpässe bei Zulieferern

Während die Hersteller derzeit mit Volldampf investieren, hinken laut Roland Berger die Teile- und Komponentenlieferanten weit hinterher. Keese befürchtet daher, dass sich 2020 eine lokale Angebotslücke von 18 bis 22,5 Mrd. € auftun könnte: „Vielen lokalen Firmen, vor allem Tier-2- und Tier-3-Zulieferern, fehlt die finanzielle Flexibilität, das technologische Know-how und die Produktexpertise, die moderne globale Fahrzeugplattformen erfordern. Ohne Unterstützung werden sie nicht in der Lage sein, einen Gang zuzulegen und die Lücke selbst zu schließen.”

Die steigende Nachfrage nach Teilen in Mexiko müsste dann stattdessen durch Importe abgedeckt werden, was wiederum aufgrund des größeren Logistikaufwands, höherer Löhne und Zölle die Kosten in die Höhe treibt.
„Deshalb sollte die Automobilindustrie, Hersteller wie große, global agierende Zulieferer, die Wachstumschancen nutzen und den mexikanischen Zulieferern unter die Arme greifen”, sagt Christian Böhler, Co-Autor der Studie.

ZKW wagt Schritt nach Mexiko

Es fehle insbesondere an moderner Verarbeitungstechnik. Hier müssten Autohersteller und große Tier-1-Zulieferer helfen, um eine möglichst starke Lokalisierung ihrer Produkte zu erreichen.

„Für global aktive Zulieferer ist die mexikanische Angebotslücke auch eine Chance, ihr dortiges Produktions-Engagement über ihre traditionelle Produktpalette hinaus zu erweitern”, sagt Böhler. Keese ergänzt: „Gerade Unternehmen, die jetzt handeln, haben große Chancen, am meisten von den interessanten Wachstumschancen zu profitieren.”
Diese Chance erkannt hat auch die heimische ZKW Gruppe, die Ende Mai ihr neues Produktionswerk in Sila in Betrieb nahm; künftig sollen dort jährlich bis zu 700.000 hochwertige Hauptscheinwerfer für Premium-Autohersteller im gesamten NAFTA-Raum produziert werden, womit das Wachstum der Branche in der Region eine weitere, solide Basis bekommt.

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