Warum ist eigentlich so oft das Auto schuld?
MOBILITY BUSINESS Redaktion 05.04.2019

Warum ist eigentlich so oft das Auto schuld?

Für viele unsere Probleme wird das Auto verantwortlich gemacht – dessen ökonomische Bedeutung wird dabei aber oft übersehen.

Editorial ••• Von Jürgen Zacharias

 

WER A SAGT, MUSS AUCH B SAGEN. Das Spannungsfeld ist immer wieder das gleiche: Einerseits will die Politik das Auto raus aus den Städten bekommen. Es limitieren, beschränken und besteuern, wo es nur geht. Andererseits gibt es aber gerade in ländlicheren Regionen oft gar keine Transportalternative zum Auto. Da, wo von Bus und Bahn kilometerweit keine Spur ist, sind Familien mit Kindern in vielen Fällen sogar auf zwei eigene Fahrzeuge angewiesen, um den schwierigen Spagat zwischen Beruf, Freizeit sowie Schule und Hobbystress der Kids auch nur irgendwie meistern zu können.

Das Auto als wichtiger Wirtschaftsfaktor

Dazu kommt: Das Auto spielt in Österreich nicht nur als Transportmittel, sondern auch ökonomisch eine Hauptrolle, in die so schnell keine andere Branche schlüpfen kann. Aus Steuerabgaben fließen dem Finanzminister über Versicherungen, die Zapfhähne an den Tankstellen, Werkstätten und den Verkäufen in den Schauräumen der Händler jedes Jahr viele Milliarden Euro zu. Zudem ist die Kfz-Industrie ein Wirtschaftsmotor, der laut einer Untersuchung der ARGE Automotive Zulieferindustrie und dem Industriewissenschaftlichen Institut (siehe im Detail Bericht auf Seite 131) alleine im Zulieferbereich hierzulande jährlich einen Produktionswert von 24,4 Mrd. € sowie eine Wertschöpfung von 7,4 Mrd. € erwirtschaftet und damit 80.150 beziehungsweise 230.000 Arbeitsplätze direkt und indirekt absichert.

230.000 Arbeitsplätze! Das ist nicht nur angesichts von gerade einmal 8,7 Mio. Einwohnern eine gewaltige Zahl, die man sich sehr bewusst machen sollte, bevor man sich generell gegen Autos und motorisierte Mobilität ausspricht. Ansonsten läuft man möglicherweise Gefahr, die Hand zu beißen, die einen füttert. Oder anders formuliert: Jobs zu gefährden, für die es so schnell anderswo keinen Ersatz gibt.

Ein konstruktiver Dialog wäre wichtig

Nicht falsch verstehen, die vieldiskutierte Begegnungszone auf der Mariahilferstraße und zahlreiche andere Beispiele zeigen, dass es in der Stadt sehr wohl auch ohne Auto funktionieren kann und ein weniger an Auto nicht weniger Lebensqualität bedeuten muss. Aber man sollte sich die Bedeutung des Autos für die individuelle Mobilität vieler Österreicher und den Staatssäckel trotzdem vor Augen führen, bevor man in Bausch und Bogen Fahrbeschränkungen fordert und die rigorose Reduktion von Parkplätzen, wie das bei Politikern gerade en vogue zu sein scheint.

Nur in einem konstruktiven Dialog kann es gelingen, in manchen Bereichen ­weniger Auto gegen mehr Lebensqualität zu tauschen, ihm aber trotzdem nicht den Schwarzen Peter für all unsere Probleme zuzuschieben.

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