Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
© dpa/Arno Burgi
MOBILITY BUSINESS Redaktion 10.11.2017

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Aktuelle Untersuchung zeigt deutliche Unterschiede zwischen Realverbrauch und Herstellerangaben.

WIEN/BERLIN. Die Automobilhersteller haben in den vergangenen Jahren Großes vollbracht: Schritt für Schritt konnten sie – getrieben durch immer neue Grenzwerte der Europäischen Union – die Verbräuche ihrer Triebwerke reduzieren und haben damit auch die CO2-Emissionen gesenkt. Eine aktuelle Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT) offenbart nun allerdings große Lücken zwischen den Angaben der Hersteller und dem realen Kraftstoffverbrauch neuer Pkw. Im Schnitt würde dieser um 42% über den gelieferten Angaben liegen.

Differenz wird immer größer

Der höhere Verbrauch bedeute „nicht nur eine stärkere Belastung der Umwelt etwa durch mehr CO2-Ausstoß, sondern auch Mehrkosten für die Autofahrer für Sprit von rund 400 Euro pro Jahr”. Noch vor zehn Jahren betrug die Differenz zwischen dem von den Herstellern veröffentlichten und dem real gemessenen Verbrauch laut ICCT-Europa-Geschäftsführer Peter Mock lediglich 15%.

Der Kraftstoffverbrauch von Pkw wird unter einheitlichen Bedingungen in Testlabors ermittelt. Mit September 2018 wird das neue Testverfahren WLTP für alle neuen Pkw zur Pflicht. Die ICCT-Forscher erwarten, dass der WLTP die realen Fahrbedingungen genauer widerspiegelt. Es gebe aber auch beim neuen Ansatz „Schlupflöcher”, sagte Mock. Notwendig seien Straßentests unter realen Fahrbedingungen.

Grenzwerte schwer schaffbar

Unabhängig davon kommt eine aktuelle Analyse der Beratungsgesellschaft MSCI zum Schluss, dass trotz der eher unrealistischen Testabläufe kaum ein Autohersteller in der Lage sein wird, die von der EU vorgegebenen Kohlendioxid-Grenzwerte von 95 g pro km ab dem Jahr 2021 einzuhalten. Setze sich der anhaltende Abwärtstrend bei den Diesel-Verkaufszahlen fort, würde das viele Hersteller in die Bredouille bringen und ihnen hohe Strafzahlungen einbringen.

Selbst wenn die Kunden statt der Diesel keine Benziner, sondern alternative Antriebe wählten, brächte das der Mehrheit der Autobauer nichts. Das Fazit: „Die Mehrheit der Autohersteller ist auf Dieselfahrzeuge angewiesen, um ihre Flottenemission in der EU zu reduzieren.”

Toyota & Peugeot vorbildlich

Die MSCI-Berater gehen in ihrer Analyse allerdings davon aus, dass die Diesel-Verkaufszahlen bis 2021 um 30% sinken werden und die Kunden stattdessen – je nach Szenario – Benziner oder auch Autos mit alternativen ­Antrieben kaufen.

Selbst wenn die Diesel-Verkaufszahlen nicht weiter sinken, könnten aber wohl einzig Toyota und Peugeot (ohne Opel) die Grenzwerte einhalten, heißt es in den MSCI-Hochrechnungen. Für die große Mehrheit der anderen Hersteller würde sich die Lage dagegen durch einen Diesel-Einbruch noch verschärfen, allen voran bei Ford und ­Renault. Nur Mitsubishi, VW sowie je nach Szenario auch BMW könnten das Ausmaß der Grenzwertüberschreitung auch mit weniger Diesel-Verkäufen reduzieren. (red)

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