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Redaktion 22.04.2022

Mehr Zeit und Geld für berufliches Know-how

Nach dem Corona-Knick 2020 wird seit dem Vorjahr wieder mehr in Weiterbildung investiert.

••• Von Britta Biron

WIEN. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr – das hat sich längst als Fake News erwiesen. Ganz im Gegenteil gilt heute als erwiesen, dass die Fähigkeit zur Aneignung neuer Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mit Erreichen des Erwachsenenalters verschwindet. Zum Glück, denn laufende Weiterbildung ist in der modernen Wirtschaft essenziell und hat rund um Digitalisierung, technologische Transformation, New Work sowie im Zuge der Coronakrise noch weiter an Bedeutung gewonnen. Bei einer Podiumsdiskussion Anfang April sagte Arbeitsminister Martin Kocher, dass Weiterbildung und Umschulung „ein entscheidender Faktor für eine zukunftsorientierte und widerstandsfähige Wirtschaft in Österreich ist” und er daher das Ziel habe, dass bis 2030 62% der Arbeitnehmenden jährlich an beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen.

Win-Win-Situation

Laut einer im Herbst 2021 durchgeführten OECD-Metastudie, für die 100 Unternehmensfallstudien in Österreich, Estland, Frankreich, Irland und Italien analysiert wurden, sind hierzulande Betriebe die wichtigsten Anbieter von Qualifizierungsmaßnahmen. Zentrale Motive für dieses Engagement sind „der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit”, „die Notwendigkeit, am neuesten Stand der Technik zu bleiben”, sowie „die Motivation der Mitarbeiter”. Ebenfalls eine wichtige Rolle spielen gesetzliche Vorschriften bei Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen.

Vom Sprachkurs, über die Buchhaltungsschulung bis zum Maschinentraining – die Palette der betrieblichen Weiterbildung ist umfangreich. Daneben gibt es noch weitere Lernmöglichkeiten, wie den regelmäßigen Austausch mit Kollegen oder Learning by doing; Experten schätzen, dass mehr als 70% der gesamten Lernzeit in Unternehmen auf diesen informellen Sektor entfallen.

Erfolgsfaktor

Der Zugang zu Weiterbildungsmaßnahmen hängt den befragten Unternehmen zufolge in erster Linie von Position und Aufgabengebiet ab. Beschäftigte in den Bereichen Vertrieb, Personalwesen, Administration oder Management nehmen tendenziell häufiger an Weiterbildung teil als ihre Kollegen in der Produktion. Begründet wird das damit, dass in den erstgenannten Positionen generell mehr Fortbildung benötigt werde und diese eine größere Wirkung habe – etwa in Hinblick auf die Rentabilität des Unternehmens.

Die Studie zeigt aber auch, dass Unternehmen oft keine langfristige Weiterbildungsstrategie verfolgen, sondern die Maßnahmen meist anlassbezogen setzen.

Nachfrage nach Kursen …

In der Coronakrise sind die Ausbildungsaktivitäten von Unternehmen zurückgegangen. Laut der Europäischen Arbeitskräfteerhebung nahmen 2020 9,5% der Erwerbstätigen in der EU-27 an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen teil gegenüber 11,4% im Jahr 2019. Schuld an dem Rückgang waren der pandemiebedingte Ausfall vieler Präsenz-Kurse sowie Kürzungen von Weiterbildungsbudgets aufgrund geringerer Umsätze. In systemrelevanten Branchen fehlte wegen der hohen Arbeitsbelastung meist schlicht die Zeit. Gleichzeitig hatten Kurzarbeit, der Wegfall von Pendelzeiten durch Homeoffice und ein wachsendes Angebot an Online-Schulungen in einigen anderen Branchen für mehr Weiterbildung gesorgt.

… nimmt zu

„Viele Betriebe sahen durch die Pandemie auch einen dringlicheren Bedarf, wettbewerbsfähig zu bleiben, und haben darum verstärkt auf Qualifizierungsmaßnahmen gesetzt”, erklärt Karin Petzlberger von der KMU Forschung Austria, die die Durchführung der österreichischen Fallstudien geleitet hat.

Eine vom Wifi Mitte vorigen Jahres durchgeführte Befragung von 300 Geschäftsführern, Weiterbildungsbeauftragten und Personalverantwortlichen von Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten bestätigt das wieder steigende Interesse an fachspezifischen Seminaren, Workshops und Kursen. Während 2020 47% die Fortbildung ihrer Mitarbeiter als sehr wichtig bezeichneten, waren es 2021 schon 51%. Deutlich zugenommen hat auch der Anteil der Firmen, die aktiv Weiterbildungsmaßnahmen anbieten, und zwar von 74 auf 86%.
Seit 2015 befragt der Seminar- und Konferenzanbieter imh alljährlich Vertreter heimischer Unternehmen aller Branchen zum Stellenwert der Weiterbildung, der Zahl der geplanten Kurse und Seminare sowie den dafür vorgesehenen Budgets und errechnet daraus den Weiterbildungsindex. Für heuer liegt diese Kennzahl bei 58,3 (von 120 möglichen Punkten) und deutlich über denen von 2020 und 2021 (45,2 bzw. 53) und nur knapp unter dem Höchststand von 59 im Jahr 2015.
54,5% der Umfrageteilnehmer planen heuer drei oder mehr Weiterbildungen gegenüber 44,4% im Vorjahr. Wie in der OECD-Studie zeigt sich auch hier, dass die Intensität mit der innerbetrieblichen Hierarchie zunimmt. Mit knapp 70% ist der Anteil unter dem Top-Management deutlich höher als auf Mitarbeiterebene (46,4%).

Höhere Budgets

Bei den Kurs-Formaten zeigt sich – kein Wunder nach der langen Social Distancing-Phase – eine generell starke Präferenz der Befragten zu Präsenzveranstaltungen (54,5% vs. 44,4% im Jahr 2021). Aber auch die Beliebtheit von Online-Weiterbildungen ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, von 30,1 auf 32,6%.

Neben mehr Zeit wird heuer auch mehr Geld in die Fortbildung investiert. 13,4% der Befragten rechnen mit steigenden Budgets (plus 4,4 Punkte vs. 2021), 69% erwarten ein gleichbleibendes Niveau, Sparmaßnahmen planen nur 7,5 gegenüber zwölf Prozent im Vorjahr.

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