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Redaktion 08.03.2024

Doch nicht alles eitel Wonne?

Sind die Arbeitsbedingungen in Gastro und Tourismus wirklich in Ordnung? Albert Werfring (AK Wien) antwortet.

••• Von Alexander Haide

WIEN. Mehr als 90% der Beschäftigten im Tourismus seien mit ihrem Job zufrieden, das ergab eine Studie im Auftrag des Tourismus-Staatssekretariats, die 2023 durchgeführt worden ist. Robert Seeber, Bundesspartenobmann für Tourismus und Freizeitwirtschaft der WKO, hatte im Interview mit medianet (Ausgabe vom 9.2.2024) dazu erklärt: „Es werden von der Arbeiterkammer immer die gleichen Fälle von vor ein paar Jahren herausgesucht, das sind etwa 30 Stück. (…) Das ist ein wenig klassenkämpferisch.”

Nun antwortet die AK Wien

Albert Werfring ist als Jurist bei der Arbeiterkammer Wien für Arbeitsrecht zuständig. Er kann mit den Aussagen Seebers nichts anfangen und widerspricht.


medianet: Wie schätzen Sie eine Zufriedenheit im Job von mehr als 90 Prozent der Mitarbeiter in Gastro und Tourismus ein?
Albert Werfring: Ich kann das nicht nachvollziehen und es widerspricht deutlich unseren Erfahrungen aus der Beratungspraxis. Sowohl die tägliche arbeitsrechtliche Beratung als auch die Forba-Studie aus dem Jahr 2023 zeigen ein anderes Bild. Die Arbeitsbedingungen sind eher sehr schlecht und es ist keineswegs alles eitel Wonne.

medianet:
Wo verorten Sie die größten Probleme?
Werfring: Das betrifft vor allem die Arbeitszeit, Höchstarbeits-, Pausen- und Ruhezeiten werden nicht immer eingehalten. Überstunden werden nicht bezahlt, Lohnzettel oder der gesetzlich vorgeschriebene Dienstzettel nicht korrekt ausgestellt. Das Entgelt wird immer wieder gar nicht korrekt bezahlt oder es gibt Schwarzzahlungen, und die Anmeldung zur Sozialversicherung ist oft nicht korrekt. Personen, die in der Hotellerie und Gastronomie arbeiten, sind einfach auszubeuten. Das betrifft häufig Menschen, die noch nicht lange in Österreich sind, nicht gut Deutsch sprechen und ihre Rechte nicht kennen.

medianet:
Es kam der Vorwurf, die AK ziehe immer nur uralte Fälle aus der Schublade.
Werfring: Ich würde mir wünschen, dass das so wäre, aber leider ist das genaue Gegenteil der Fall, wir haben laufend neue Fälle. Ganz aktuell sind etwa 30 Fälle. Erst vor kurzem hatte ich beispielsweise einen Fall ausgeschickt, bei dem eine Frau als Kellnerin gearbeitet hat. Sie war jahrelang keinen Tag krank und hat auch an Feiertagen ohne Zuschlag gearbeitet. Als sie sich zum ersten Mal krankgemeldet hat, wurde sie gekündigt. In einem anderen Fall ging es um die derbe sexuelle Belästigung einer Kellnerin durch einen Gast. Ihr Chef meinte nur, das müsse sie aushalten, denn der Stammgast bringe täglich Geld ins Lokal. Das Thema sexuelle Belästigung ist in der Branche überpräsent. Arbeitgeber müssen hier Abhilfe schaffen, da gibt es dringenden Handlungsbedarf.

medianet:
Wie viele Fälle landen aktuell auf Ihrem Tisch?
Werfring: Zehn Prozent aller Beratungen, die in der Arbeiterkammer stattfinden, kommen aus dem Hotel- und Gastgewerbe. Im Jahr 2023 gab es rund 3.000 persönliche Beratungen und zwar nur in der AK Wien. Um die Arbeitsbedingungen zu verbessern müssen erstens alle Arbeitgeber die geltenden Vorgaben einhalten und Verstöße sanktioniert werden. Zweitens braucht es auch deutlich verbesserte Arbeitsbedingungen, um die Branche attraktiver zu machen, etwa Erhöhung des Mehrarbeitszuschlags auf 50 Prozent, Anhebung des Urlaubsanspruchs oder ein garantiertes freies Wochenende pro Monat.

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