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Redaktion 26.04.2024

Heimischer Tourismus steckt in Profit-Klemme

Gäste- und Nächtigungszahlen steigen kräftig, aber die wirtschaftliche Lage hält damit nicht Schritt.

••• Von Britta Biron

Auf den ersten Blick scheint es im österreichischen Tourismus nach der heftigen Corona-Delle wieder rund zu laufen. Laut Statistik Austria wurden von Jänner bis Dezember 2023 151 Mio. Nächtigungen und 45,2 Mio. Ankünfte verzeichnet. Gegenüber 2022 ist das ein Plus von 10,4 bzw. 13,6% und nur knapp unter dem Vor-Pandemie-Niveau. Die bisher vorliegenden Ergebnisse für Jänner und Februar vermitteln ebenso ein positives Bild: 34 Mio. Nächtigungen und acht Mio. Ankünfte bedeuten eine Steigerung gegenüber der Vorjahresperiode von 4,6 bzw. 4,8%, und angesichts der bisherigen Buchungen für die kommende Sommersaison wird ein weiterer Nächtigungszuwachs erwartet. Aber der Erfolg und die Zukunft der Tourismusbranche hängt nicht allein von der Gästezahl ab.

Zwar müssen die ÖsterreichUrlauber mittlerweile deutlich tiefer in die Tasche greifen als 2021 – in den letzten beiden Jahren gab es Preiserhöhungen von durchschnittlich je zehn Prozent und heuer dürften weitere fünf Prozent aufgeschlagen werden –, auf der Ertragsseite schlägt sich das aber kaum nieder, sondern ist angesichts der ebenfalls stark gestiegenen Kosten bestenfalls ein Nullsummenspiel.

Kostendruck

„Viele Betriebe haben die Preise erhöht, aber auf das operative Betriebsergebnis hat sich das nicht ausgewirkt – da haben auch die Spitzenbetriebe einen geringeren Prozentsatz als vor der Pandemie”, erläuterte Thomas Reisenzahn, Chef des Tourismus-Consultingunternehmens Prodinger, das Problem kürzlich bei einem Symposium in Obertauern.

Das Problem besteht auch auf gesamtwirtschaftlicher Ebene: „Wenn man eine Realrechnung macht, ist man noch nicht am Niveau von 2019, sondern deutlich darunter”, bestätigte Wifo-Tourismusexperte Oliver Fritz bei der gleichen Veranstaltung. 2022 hatte sich die Wertschöpfung der Branche von rund zehn auf 19,9 Mrd. € zwar verdoppelt, 2019 lag sie allerdings bei knapp 22 Mrd. €.

Gästeplus vs. Umsatzminus

Verstärkt wird die prekäre Lage durch den Personalmangel, von dem bereits fast die Hälfte (49%) der heimischen Beherbergungsbetriebe betroffen ist.

„Service, Rezeption und Küche sind die Stellen, die ganz schwierig zu besetzen sind”, verweist Walter Veit, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung, auf eine aktuelle Umfrage. Viele Betriebe mussten angesichts zu dünner Personaldecke Öffnungszeiten und Angebot bereits reduzieren – mit entsprechend negativen Folgen. „Buffet statt à la carte kostet genauso Umsatz, wie wenn das Speisenangebot, die Öffnungszeiten oder die Zahl der angebotenen Zimmer reduziert werden müssen oder der Vertrieb nicht im vollen Umfang gewährleistet ist”, sagt Veit und verweist auf die jüngsten ÖHV-Umfrage. Bei der gaben knapp 30% der Betriebe einen Umsatzrückgang von fünf bis zehn Prozent infolge des Arbeitskräftemangels an, 18% melden ein Minus zwischen zehn und 20%, und bei knapp jedem zehnten Unternehmen ist die Umsatzlücke noch größer.
Zudem leiden auch die direkt mit dem Beherbergungssektor verbundenen Branchen wie Gastronomie und Handel unter sinkenden Umsätzen, und auch die Einkommen der Beschäftigten gingen – so die Analyse von Eco Austria – zurück.
„Inklusive direkter und indirekter Effekte beläuft sich das auf einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 1,2 Mrd. Euro pro Jahr und den Verlust von 9.500 Vollzeit-Arbeitsplätzen – Effekte, die man seinem Standort nie wünscht, in wirtschaftlich so herausfordernden Phasen wie jetzt schon gar nicht”, erklärt Monika Köppl-Turyna, Direktorin von EcoAustria. Den Anteil von 70% der befragten Unternehmen, die einen Umsatzrückgang erwarten, bezeichnet sie als erheblich: „Das unterstreicht die Notwendigkeit konsequenten Personalmanagements und aktiver Maßnahmen durch die Politik, um finanzielle Risiken zu mindern und die langfristigen Entwicklungsmöglichkeiten der Unternehmen zu sichern.”

Neue Strategien

Es gebe aber eine Reihe von Ansätzen, um die Personalnot erfolgreich zu bekämpfen.

Im Fall von ausländischen Arbeitskräften, deren Anteil bereits bei 60% liegt und der weiter steigen wird, sind das etwa Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte und die Anerkennung ausländischer Ausbildungsabschlüsse, ein verbesserter Arbeitsmarktzugang für Asylsuchende oder eine Reform der Saisonnierkontingente. Um Jobs im Tourismus generell attraktiver zu machen, wären höhere Gehälter und mehr Benefits, wie etwa die Nutzung des touristischen Angebots für Mitarbeiter, sowie familienfreundlichere Arbeitszeiten sinnvolle Konzepte.
Die Digitalisierung könne bei der Personalnot nur bedingt helfen. „Es ist Potenzial da, aber in der Hotellerie ist das schwieriger als in anderen Branchen”, so Köppl-Turyna. KI könnte aber beispielsweise bei der Kundenbetreuung Unterstützung bieten.
Eine sinnvolle Strategie, um sowohl mehr Arbeitskräfte als auch Gäste anzulocken, ist dagegen die Glättung der Saisonalität in Richtung Ganzjahrestourismus.
So wäre der Ausbau von Angeboten in den Bereichen Adventure, Hiking, Radfahren, Genusstourismus, aber auch Worktation geeignet, um die Saisonmuster abzuflachen. Vor allem für Wintersportregionen, denen durch den Klimawandel das gewohnte Geschäftsmodell im wahrsten Sinne des Wortes wegschmilzt, sind solche Konzepte überlebensnotwendig.

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