WIEN. Die Verpflichtung, ESG-Aspekte in der Finanzberatung zu berücksichtigen, ist seit dem 2. August 2022 durch die Überarbeitung der EU-Richtlinien MiFID II und IDD gesetzlich festgeschrieben – und hat weitreichende Folgen für die gesamte Branche. Finanzberater müssen die ESG-Präferenzen ihrer Kunden aktiv abfragen und in ihre Beratungspraxis integrieren.
„Die Integration von ESG in die tägliche Finanzberatung stellt sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance dar”, erklärt Sonja Ebhart-Pfeiffer. „Einerseits müssen Finanzdienstleister umfassend in die Ausbildung ihrer Berater investieren, um sicherzustellen, dass diese in der Lage sind, ESG-Kriterien korrekt zu interpretieren und anzuwenden. Andererseits eröffnet dies die Möglichkeit, neue Märkte zu erschließen und – auf der Grundlage gemeinsamer Werte – bestehende Kundenbeziehungen zu stärken.”
Nachhaltiges Engagement
Im Rahmen der ESG-Kriterien liegt der Fokus des Umweltaspekts (Environmental) auf der ökologischen Nachhaltigkeit von Unternehmen, um sowohl deren direkte als auch indirekte Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren.
Dies schließt neben Maßnahmen zur Erhaltung der Artenvielfalt, wie etwa den Schutz natürlicher Lebensräume und Ökosysteme, unter anderem auch den schonenden Umgang mit Ressourcen durch effiziente Nutzung von Rohmaterialien und Energie (Stichwort Kreislaufwirtschaft) mit ein. Der Klimaschutz stellt ebenfalls einen zentralen Punkt dar – Unternehmen sind dazu angehalten, ihre CO2-Emissionen durch optimierte Lieferketten und verbesserte Energieeffizienz zu reduzieren, in erneuerbare Energien zu investieren und ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern.
„Bei den ESG-Kriterien geht es zwar darum, die nachhaltigen Bemühungen eines Unternehmens einzuschätzen. Sie zeigen aber ebenso auf, wie ein Unternehmen langfristig auch in finanzieller Hinsicht von diesen Bemühungen profitieren kann, gerade was den Umweltaspekt betrifft. Für die Finanzberatung haben sie somit in mehrerlei Hinsicht hohe Relevanz”, so die Expertin. Der Social-Aspekt rückt die Unternehmenskultur und damit auch das sozialverantwortliche Handeln in den Fokus. „Entscheidend ist hierbei, dass die Verantwortung nicht an der eigenen Tür endet. Das heißt, Unternehmen sollen auf Zulieferer mit hohen Nachhaltigkeitsstandards setzen bzw. diese von ihnen einfordern, beispielsweise was die Arbeits- und Produktionsbedingungen bei der Herstellung von Waren betrifft”, sagt Ebhart-Pfeiffer.
„Eine verantwortungsvolle Finanzplanung muss soziale Aspekte berücksichtigen, um langfristig stabile und ethisch vertretbare Erträge zu sichern. Dies bedeutet, dass wir nicht nur nach kurzfristigen Gewinnen streben, sondern auch die sozialen Auswirkungen unserer Investitionen ernst nehmen müssen”, so Ebhart-Pfeiffer.
Ethisches Rückgrat
Der Governance-Aspekt fokussiert auf verantwortungsvolle Unternehmensführung und umfasst unter anderem ethische Grundsätze, gerechte Vergütung und Maßnahmen gegen Korruption.
„Corporate Governance betont die Wichtigkeit von Risikomanagement, Transparenz und der Gleichbehandlung aller Stakeholder, was das Vertrauen von Investoren und der Öffentlichkeit stärkt und zur langfristigen Stabilität des Unternehmens beiträgt. Sie geht Hand in Hand mit ethischer Finanzplanung, denn eine starke Unternehmensführung spiegelt sich direkt in der Qualität und Nachhaltigkeit der finanziellen Leistung wider”, sagt Vorstandsmitglied des Verbandes Financial Planners. (rk)