FINANCENET
13.03.2015

Im eigenen Land kommt’s billiger

EuGH-Entscheidung Geschädigter österreichischer Investor kann Schadenersatzansprüche gegen britische Emittentin in Wien geltend machen

Kläger meint, bei rechtskonformem Verhalten der Bank hätte er das Investment nicht getätigt.

Wien. Ein geschädigter österreichischer Investor kann seine Schadenersatzansprüche gegen eine britische Emittentin vor dem Handelsgericht (HG) Wien geltend machen. Diese Zuständigkeit hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner Entscheidung (EuGH; C-375/13 vom 28.1.2015) vor Kurzem bestätigt. „Dem Anleger bleibt so eine um vieles kostenaufwendigere Prozessführung in Großbritannien – dem Sitz von Barclays, um die es im gegenständlichen Fall geht – erspart”, erklären die Experten der Wiener Kanzlei Kraft & Winternitz Rechtsanwälte. Philipp Miller von Kraft & Winternitz war am Verfahren auf der Seite des österreichischen Klägers beteiligt.

Der Kläger hatte als Verbraucher über eine österreichische Direktbank eine doch erkleckliche Summe in das Wertpapier „X1 Global EUR Index Zertifikat” investiert. Emittentin der Zertifikate war die im UK-Handelsregister eingetragene Barclays Bank.

„Nicht verantwortlich”

Mit der Emission der Zertifikate gab diese in 2005 einen Basispros-pekt aus, der auch in Österreich verbreitet wurde. Laut Anleger hatte er einen Totalverlust erlitten, wofür sich die Emittentin nicht verantwortlich sah: Das Wertpapier wäre aufgrund von Malversationen des Fondsmanagers wertlos geworden, die ihr nicht zuzurechnen seien, berichtet die Kanzlei. Nach Ansicht des Investors waren die für seinen Kauf entscheidenden Angaben im Prospekt von Barclays unrichtig. Bei Kenntnis der letztendlich schadensbegründenden Tatsachen hätte er – so seine Argumentation – nicht in das Wertpapier investiert. Er brachte daher Klage beim Handelsgericht Wien gegen Barclays ein und forderte Schadensersatz in Hinblick auf eine vertragliche, vorvertragliche und deliktische Haftung (= Pros-pekthaftung) der Emittentin.Barclays behauptete daraufhin die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts. Der Kläger jedoch berief sich auf die Definition des Verbrauchergerichtsstands, Vertragsgerichtsstands und Gerichtsstands der Schädigung gemäß EuGVVO (Verordnung der Europäischen Union über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung sowie Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen).

EU-rechtliche Relevanz

Das Handelsgericht Wien stellte daher gleich zu Beginn des Verfahrens die EU-rechtliche Relevanz des vorliegenden Falls fest und leitete dementsprechend ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH ein, so Philipp Miller. (lk)

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL