HEALTH ECONOMY
Martin Rümmele 27.02.2015

Ärztegehälter: Kliniken strukturieren jetzt um

Arbeitszeitdiskussion Spitalsgesellschaften sparen, um höhere Ärztegehälter finanzieren zu können

Umsetzung der EU-Arbeitszeitrichtlinie führt zu tiefgreifenden Veränderungen im Gesundheitswesen.

Wien. Die Umsetzung der EU-Arbeitszeitrichtlinie und die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit von Spitalsärzten von bis zu 72 auf 48 Stunden könnte zu tiefgreifenden Umwälzungen im heimischen Gesundheitswesen führen. Wie berichtet, fordern die Ärzte in allen Bundesländern höhere Gehälter, um die Einkommensverluste von bis zu 30% wettzumachen. Das wiederum macht die Krankenhäuser, die schon jetzt zu den teuersten in ganz Europa gehören, noch teurer.

Wien baut Personal ab

In den Spitälern des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) sollen bis 2018 wie berichtet 382 Ärzte eingespart werden. Bei rund 3.250 angestellten Ärzten bedeutet das eine Kürzung um mehr als zehn Prozent durch natürliche Abgänge. Durch die Umschichtung von Arbeitsleistung aus der Nacht in den Nachmittag will man modernere und zeitgemäßere Arbeitsbedingungen erreichen. Das wiederum treibt die Primarärzte auf die Barrikaden. Unter diesen Rahmenbedingungen sei es völlig unmöglich, die Leistungserbringung in derzeitigem Umfang und derzeitiger Qualität aufrechtzuhalten, kritisieren die leitenden Mediziner im KAV. Chirurgen am AKH wiederum fürchten, dass Tausende Operationen nicht mehr oder nur verzögert gemacht werden könnten.Nach der Kritik wurde im Krankenanstaltenverbund nun vereinbart, jede Abteilung einer individuellen Evaluierung zu unterziehen. Dabei soll die Leistung erhoben werden, um danach über den effizienteren Einsatz von Personal und Mitteln zu entscheiden. Individuelle Dienstzeitlösungen seien möglich. Im Gespräch zwischen den Primarärzten und der Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) konnten zudem Bedenken ausgeräumt werden. Es sei ein sehr positives, konstruktives und konsensuelles Gespräch gewesen, bei dem erneut zugesichert worden sei, dass die Abteilungsvorstände in die Umsetzung des neuen Arbeitszeitgesetzes eingebunden werden, so die Primarärztevertreter. In Workshops sollen die Leistung sowie der Personalbedarf der einzelnen Abteilungen erhoben und mittelfristig auch die Strukturen umgestaltet werden. Geplant sind etwa zentrale Erstversorgungszentren, die Patienten in der Nacht aufnehmen und versorgen, bis diese in der Früh an die Spezialambulanzen weitervermittelt werden. So könnten dann auch Nachtdienste reduziert werden. Die Evaluierungen sind teils bereits gestartet. „Jetzt wird geschaut, was braucht es wirklich und was nicht”, so die Gesundheitsstadträtin.

Länder unter Druck

Auch in anderen Bundesländern brodelt es allerdings. Spezialambulanzen fahren seit Jahresbeginn mit verkürzten Öffnungszeiten. Und das nächste Problem kündigt sich bereits an: In Oberösterreich stehen als Nächstes die Verhandlungen mit der Pflege und dem nicht-medizinischen Personal am Programm; die Verhandlungen mit der Pflege starten am 24. März. Es geht um knapp 24.000 Beschäftigte und ein Gehaltsvolumen in der Größenordnung von 900 Mio. €.Die kommenden Mehrausgaben versetzen nun auch die Universitäten in Sorge: Der Präsident der Universitätenkonferenz (uniko), Heinrich Schmidinger, droht angesichts der knappen Budgetsituation der Unis damit, auch Studienfächer einzustellen. Sollte den Unikliniken – und dadurch den Hochschulen – durch die neuen Spitalsärzte-Arbeitszeiten wie befürchtet ein dreistelliger Millionenbetrag abhandenkommen, müsse man bei Personal und Gebäuden sparen.

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL