HEALTH ECONOMY
© APA/Robert Jäger

ErkrankungenUm die Funktion des Darms und seine möglichen krankhaften Veränderungen zu veranschaulichen, wurde im Rahmen der VEÖ-Tagung ein 20 m langes, begehbares Dickdarmmodell aufgebaut.

Redaktion 19.04.2019

Unser Darm als Zentrum

Schwerpunkt Verdauung – Teil 2 Das Mikrobiom rückt immer stärker in den Fokus der Ernährungswissenschaft.

••• Von Katrin Pfanner

WIEN. Verschiedene Umweltfaktoren und Lebensstiländerungen verändern auch die Darmflora und können so zu gesundheitlichen Problemen führen. Ein breites Spektrum an physiologischen und psychologischen Störungen wie Entzündungen, Stoffwechselstörungen, Lebensmittelunverträglichkeiten, aber auch Depressionen oder Diabetes Typ 2 können dadurch ausgelöst werden, zeigen neue Studien.

Die Jahrestagung des Verbands der Ernährungswissenschafter Österreichs (VEÖ) widmete sich nun aktuellen Fragen der Forschung – etwa, welche Prozesse im Körper über das Mikrobiom reguliert werden, ob es eine weibliche und eine männliche Darmflora gibt oder welchen Einfluss das Mikrobiom auf die Psyche hat.
Das Mikrobiom – auch bekannt als Darmflora – ist ein menschlicher Superorganismus schlechthin. Der Körper hat 1.000 Mal mehr Bakterien als Gene im Körper und davon über 1.000 verschiedene Spezies. Beeinflusst wird das Mikrobiom durch zahlreiche Faktoren. Zu wenig Schlaf oder ein gestörter Schlafrhythmus schaden der gesunden Bakterienvielfalt genauso wie Entzündungen, Rauchen, Stress oder Medikamente. Ausreichende Sonnenexposition (Vitamin D-Synthese) und eine ausgewogene Ernährung fördern hingegen eine positive Zusammensetzung der Mikrobiota.

Bessere Hirnleistung

Das Darm-Mikrobiom hilft nicht nur bei der Verdauung, es steht auch in Wechselwirkung mit dem Immunsystem und dürfte auch an der Riechfunktion beteiligt sein. Zuletzt stellten Forscher der Uni Graz, der Med-Uni und der Technischen Universität Graz in einer Pilotstudie mit 45 gesunden Probanden fest, dass eine bestimmte Zusammensetzung von Mikroorganismen im Darm das Erinnerungsvermögen sowie emotionale Entscheidungsprozesse positiv beeinflussen kann. „Wir konnten feststellen, dass jene Teilnehmer, die Probiotika über vier Wochen genommen hatten, besser bei den Erinnerungs-Tests abschnitten und gleichzeitig sicherer in ihren Entscheidungsfindungen waren”, schilderte Erstautorin Deepika Bagga, Biophysikerin am Institut für Psychologie der Uni Graz.

Lebensmittelproduktion

Die EU geht aktuell noch einen Schritt weiter und finanziert das vom Austrian Institute of Technology (AIT) koordinierte Projekt „MicrobiomeSupport”, um in Zukunft durch international einheitliche Methoden aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen und Synergien in verschiedenen Bereichen effektiver zu nutzen. Ziel ist, die Produktion von gesunden Futter- und Lebensmitteln langfristig zu sichern und noch nachhaltiger zu gestalten. Mikrobiome können genutzt werden, um die Produktion zu verbessern und Ausfälle sowie Lagerverluste zu vermeiden – ein Thema, bei dem AIT bereits einige Forschungs- und Anwendungserfolge vorzuweisen hat. Denn auch bereits in der Produktion von Lebensmitteln spielen Bakterien eine wichtige Rolle.

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