••• Von Britta Biron
FRANKFURT/MAIN. Bis 2020 sollen die EU-Länder eine F&E-Quote von 3% erreicht haben; mit Ausnahme von Österreich, Finnland, Schweden und Dänemark, die die Zielmarke bereits erreicht bzw. sogar leicht überschritten haben, hinken die meisten Staaten deutlich hinterher und drücken den EU-Schnitt auf derzeit 1,91%. Selbst Deutschland, die größte EU-Volkswirtschaft, erreicht nur einen Wert von 2,85%.
Wie eine von PwC und dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) durchgeführte Befragung von weltweit 47 Großkonzernen ergab, die gemeinsam ein F&E-Volumen von knapp 50 Mrd. € jährlich repräsentieren, könnten steuerliche Anreize die Innovationsfreude der Unternehmen deutlich steigern.
33% der befragten Topmanager halten diesen Aspekt für „relevant” oder gar „sehr relevant”. Allerdings zählt Deutschland zu jenen Ländern, die derzeit keinerlei steuerliche Anreize für Investitionen in Innovationen bietet, sondern bei der F&E-Förderung seit Jahrzehnten auf direkte Zuschüsse setzt.
„Unsere Umfrage zeigt, dass es an der Zeit wäre, den Fokus stattdessen stärker auf fiskalische Impulse zu legen”, sagt Frank Schmidt, Tax-Partner und Leiter des Bereichs Industrielle Produktion bei PwC in Deutschland.
„Direkte Zuschüsse sind nur die zweitbeste Lösung, denn sie wirken selektiv, setzen Fehlanreize und benachteiligen kleine und mittelgroße Unternehmen systematisch”, ergänzt Christoph Spengel, Steuerprofessor an der Universität Mannheim und Forschungsprofessor am ZEW.
Ein interessantes Ergebnis der Umfrage ist, dass viele Unternehmen ihre Standortentscheidungen nicht in erster Linie von der Frage abhängig machen, wie stark die F&E-Aktivitäten als solche gefördert werden. Viel wichtiger ist, wie die Verwertung der Innovationen besteuert wird. So gaben 42% der Befragten an, dieser Aspekt sei „relevant” oder sogar „sehr relevant”.
Steueroasen für F&E
Beispiele für solche output-orientierten Steuervorteile sind die sogenannten Patent-Boxen, die bereits 14 Länder in Europa bieten, darunter Malta, die Schweiz, Frankreich, Belgien, die Niederlande, Ungarn oder Luxemburg.
Diese bieten für Erträge, die sich unmittelbar auf Patente zurückführen lassen, unterschiedliche Vergünstigungen bis hin zur kompletten Steuerbefreiung.
60% der befragten Unternehmen halten die Patente zwar noch in jenen Ländern, in denen sie entstanden sind, aber 63% gaben an, sie hätten zumindest schon erwogen, die aus der F&E-Abteilung hervorgegangenen Patente in ein anderes Land zu übertragen.
Spengel hält die Patent-Boxen allerdings für ein zweischneidiges Schwert, denn das System begünstige vor allem multinationale Unternehmen; KMU gehen dabei oft leer aus.
Leichterer Zugang für KMU
„Aus unserer Sicht wären Steuergutschriften für F&E-Aufwendungen die beste Lösung; hierfür böte sich in Deutschland eine Verrechnung mit der Lohnsteuer an. Der große Vorteil dieser Lösung besteht in der sofortigen Liquiditätswirksamkeit dieser Förderung”, so Spengel, der auch dem bisher praktizierten System der Förderung mithilfe direkter Zuschüsse wenig abgewinnen kann.
„Eine gezielte Förderung von Forschung und Entwicklung kommt nicht nur den begünstigten Unternehmen zugute, sondern erzeugt durch die sogenannten Spillover-Effekte einen gesamtwirtschaftlichen Nutzen.”