LUXURY BRANDS & RETAIL
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Redaktion 30.11.2018

Es darf ein bisschen besser sein

Champagner ist für viele der Inbegriff von Luxus pur. Der Connaisseur weiß jedoch: Es kommt darauf an!

Wien. Champagner ist wohl das erfolgreichste Beispiel für ein gelungenes Herkunftsmarketing überhaupt. Nur Schaumweine, die nach einer bestimmten Methode in einer bestimmten Gegend gemacht werden, dürfen sich so nennen. Und wehe dem, der diesen Namen missbräuchlich verwendet: Etwa, indem er behauptet, dass sein Schaumwein nach der Champagner-Methode hergestellt würde – in kürzester Zeit eilen Anwälte um die ganzen Welt, um derartigen Frevel gerichtlich verfolgen zu lassen.

Massenware mit Image

Diese konsequente Markenpolitik hat dazu geführt, dass das Image von Champagner ungebrochen hoch ist. Gleichzeitig garantieren die strengen Produktionsvorgaben (Herkunft, Rebsorten, Herstellung, Mindestreifezeit) dafür, dass jede Flasche sehr gut ist. Oder zumindest fast jede Flasche ziemlich gut. Aber ganz ehrlich: Wirklich köstlich schmeckt ein Massenprodukt, von dem mehrere Millionen Flaschen pro Jahr produziert werden, auch nicht. Gerade bei großen Marken, die man in jedem Supermarkt findet, hält sich der Genussaspekt in Grenzen. Diese Schaumweine werden für einen Massengeschmack in einer ansprechenden, aber keineswegs ­außergewöhnlichen Qualität hergestellt. Nicht mehr und nicht weniger.

Die goldene Mitte

Große Hersteller, die das echte Luxussegment bedienen wollen, haben deshalb auch sogenannte Prestige-Cuvées im Programm, die zumeist sehr gut schmecken. Ein Glas Roederer Cristal ist schon ganz fein, die Pol Roger Cuvée Winston Churchill schmeckt eigentlich immer, und auch mit dem Grand Siècle von Laurent-Perrier liegt man selten falsch. Wäre da nicht der Preis.
Wie hoch bei diesen Champagnern der Premium-Aufschlag ausfällt, ist Ansichtssache und lässt sich schlussendlich nur individuell beurteilen. Wer Geld ohne Ende hat, wird auch gern 200 € und mehr für eine Flasche zahlen. Doch manche Menschen, die ihr Geld mit harter Arbeit verdienen, finden das manchmal doch etwas übertrieben.
Wie so oft, ist man in der goldenen Mitte am besten aufgehoben. In den letzten Jahren bieten zahlreiche Champagner-Häuser verstärkt Premium-Champagner an, die zwar nicht ganz so exklusiv wie die Prestige-Cuvées sind, aber dank längerer Reifezeit und besserer Grundweine qualitativ doch deutlich über den Basisqualitäten liegen. Diese feinen Weine haben zwar auch ihren Preis, doch das Preis-Leistungs-Verhältnis ist zumeist wirklich fair.
Ein Sommelier des persönlichen Vertrauens ist kein Nachteil, wenn man sich der komplexen Welt der Premium-Champagner nähern will. In guten heimischen Restaurants kann man Champagner wie den Ruinart Blanc de Blancs oder die „R”-Serie von Lallier auch glasweise probieren. Welcher Champagner einem schluss-endlich am besten ­schmeckt, ist eine höchstpersönliche Entscheidung, die nicht ausschließlich mit der Qualität zu haben muss. Unterschiedlich hohe Anteile von Pinot Noir und Chardonnay führen zu unterschiedlichen Geschmäckern, ohne dass die eine oder die andere Zusammensetzung als „besser” oder „schlechter” bezeichnet werden kann. Manche Genießer bevorzugen eine frische Stilistik mit Zitrusnoten, für andere ist ein cremiger Champagner mit Brioche-Tönen das Nonplusultra.

Nützliches Wissen

Und auch bei der Frage der Dosage teilen sich die Meinungen: Wie trocken soll ein Champagner wirklich sein? Nicht bei jeder Gelegenheit ist „brut nature” die beste Wahl.
Wie bei vielen schönen Dingen dieser Welt, erhöht sich auch beim Champagner-Trinken der Genuss mit zunehmendem Wissen. Wer sich ein bisschen auskennt (und auch über die eigenen geschmacklichen Vorlieben Bescheid weiß), trinkt einfach mit größerer Freude. So kann man getrost einen Bogen um die billige Supermarkt-Ware machen, ohne gleich in der überteuerten Millionärs-Abteilung zu landen. (ws)

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