LUXURY BRANDS & RETAIL
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Fred Fettner 20.09.2024

Urlaub wie im Traum

Wien. Geht es nach der Forschungsleiterin des Euromonitor, Caroline Bremner, ist der Bereich Luxusreisen führend, wenn es um die Transformation des Reisesektors geht. „Er ist weltweit immun gegenüber makroökonomischem Gegenwind wie sprunghaften Preiserhöhungen. Deshalb ist global den Luxushotels nach der ­Pandemie rascher wieder die Rückkehr zur Spitzenauslastung gelungen.” Auf der anderen Seite sollte sich diese Gruppe auch ihrer Verantwortung in Sachen Klimawandel bewusst sein: „Luxusmarken tun generell gut daran, Nachhaltigkeit nicht halbherzig zu leben”, sagt Bremner, denn Luxuskonsumenten würden sich zu Marken hingezogen fühlen, die Menschen und den Planeten ebenso in den Vordergrund stellen wie den Profit.

Geringe Preissensibilität

Das hochpreisige Segment erfreut sich also einer geringeren Preissensibilität. Ob die Bezeichnung „Boom” wirklich zutreffend ist, bleibe dahingestellt, auch wenn es weltweit bereits rund 50 Mio. Menschen geben soll, deren Vermögen eine Mio. USD übersteigt. Über 40% davon leben demnach in den USA.
Deutlicher wird der Boom anhand deklarierter Reisebudgets. So zeigt der österreichische Ruefa-Reisemonitor, dass 2023 14% der Österreicher pro Person über 3.000 € in ihren Urlaub investiert haben. Das waren um 40% mehr als im Jahr davor.
Das Reisebudget der Österreicher stieg demnach um 225 € pro Person. Die Pläne für 2024 zeigten hier einen weiteren Anstieg um knapp 100 €. Dieses Plus ist natürlich auch der weiteren Zunahme an Flugreisen zu verdanken. In Deutschland erkundete die „Stiftung für Zukunftsfragen”, dass sich der Anteil der Besserverdienenden, die sich Luxusurlaube leisten, verdreifacht habe. „Aktuell lässt sich mehr als jeder siebte Bundesbürger mit einem Haushaltsnettoeinkommen von über 5.000 Euro netto seinen Haupturlaub über 5.000 Euro pro Person kosten.”
Das über Jahrzehnte zuverlässigste Instrument der Erforschung europäischer Reisetendenzen ist die deutsche Reiseanalyse (reiseanalyse.de). Studienleiter Ulf Sonntag gestand bei der Präsentation der alljährlich von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen erstellten Analyse ein, dass manches auch für den Experten überraschend kommt. Erstmals ging 2023 trotz eines Zuwachses an Reisenden (+3%) gegenüber 2022 die Zahl der Urlaubsreisen deutlich, nämlich ebenfalls um drei Prozent, zurück. Noch auffälliger wird das beim Vergleich gegenüber 2019; hier fehlt bei den Reisenden zwar nur ein Prozent gegenüber den Vor-Corona-Zeiten, aber bei den durchgeführten Reisen sind es acht Prozent. Sonntag hatte das in seinen Trendanalysen eher umgekehrt erwartet, nämlich eine wachsende ärmere Bevölkerungsschicht, die komplett auf die Urlaubsreise verzichten muss. Gesellschaftlich sei diese unerwartete Entwicklung durchaus begrüßenswert. Die fehlenden Zweit- und Dritturlaubsreisen wurden auch nicht durch mehr Kurzreisen egalisiert.
Vielleicht reicht es den Deutschen, nur einmal pro Jahr vom schlechten Gewissen geplagt zu werden. Denn ökologisch nachhaltig zu verreisen, ist aktuell 48% von ihnen wichtig. Das führt zur unvermeidlichen Frage nach der Flugscham – sie wächst. Nur die Hälfte der Flugreisenden fliegt ohne schlechtes oder zumindest mit geringem schlechten Gewissen auf Urlaub. Alle anderen sehen in unterschiedlichem Grad ihr Gewissen belastet. „Es ist jedenfalls die Konzentration auf eine lange Urlaubsreise erkennbar. Ob das neben einer Budgetoptimierung auch mit ökologischen Gründen zu tun hat? Manches spricht dagegen”, gibt Sonntag zu bedenken. Denn die Distanzen pro Urlaubstag, eine der wichtigsten Kennzahlen in Sachen Klimaschutz, steigen weiterhin an. Erstmals unternahmen Deutsche 2023 mehr Urlaubsreisen mit dem Flugzeug (47%) als mit dem Auto (41%). Je fünf Prozent nutzten Bahn und Bus. Besonders auffällig ist der Sprung bei den absoluten Fernzielen. „Ihr Marktanteil erreichte neun Prozent, ein noch nie gemessener Wert”, so Sonntag.

Je jünger, desto weiter

Interessant ist dabei ein Blick auf das Reiseverhalten der unterschiedlichen Altersschichten. Österreichs Generation Z (Jahrgänge 1994 bis 2010) zieht es zu einem Drittel auf andere Kontinente, die Millennials (1980 bis 1993) zu 22%, Angehörige der Generation X (1965 bis 1979) zu 17 und Österreichs Babyboomer (1946 bis 1964) zu 18%.
Auch bei definitiven Luxusreisenden stimmt das Bild von etablierten, grauhaarigen Weißen nicht mit der Realität überein, wie der Euromonitor bestätigt. Mit rund 13% liegt der höchste Marktanteil in der Altersschicht 30 bis 44 Jahre, doch dicht gefolgt von der Gruppe der Teens und Twens. Auch die Herkunft überrascht, eruierte man den höchsten Anteil an Luxusreisenden doch in Indien, Saudi-Arabien und den Vereinigten Emiraten, gefolgt von Thailand. Von Amerika und Europa also keine Spur. Zusammengefasst sind gemäß Bremner Luxusreisende jünger, umweltsensibler und stammen häufig aus Schwellenländern.
Das Reiseverhalten Wohlhabender unterliegt steter Veränderung. Man nehme das Beispiel Hospiz in St. Christoph am Arlberg. Wenn die deutsche Industriellenfamilie Flick in den 1970er-Jahren im 5*-Hotel ihren Urlaub zelebrierte, wurden andere Gäste einbezogen, flossen Champagner, edelste Rotweine – und Trinkgelder – in Strömen. Heute ruht das Haus. Die für 2024 geplante Wiedereröffnung unter den neuen Eigentümern (Soravia-Gruppe) ist in weite Ferne gerückt. Die vorhergehende Hotelierfamilie Werner musste schon zuvor einsehen, dass auch Superreiche heute Cocooning bevorzugen. Dafür wurden – wie vielerorts – luxuriöse Chalets zum Hotel gestellt. Generell fällt in der Milliardärsklasse auf, dass nicht nur Oligarchen sich lieber eine Mega-Yacht bauen lassen, als die Kapitänskajüte langfristig zu mieten. Um in diesem Segment zu punkten, bedarf es absoluter Einmaligkeit. Etwa der 24-tägigen Expedition ins Polareis im Owner’s Penthouse (195 m²) der Scenic Eclipse mit Zodiacs, Heli und U-Boot, in die für zwei Personen rund eine Viertelmillion Euro investiert werden muss.
Ohne schwankende Planken ist vor allem die Vermietung von Privatinseln in dieser Kategorie noch ein Thema. Oft sind es ja „nur” scharfkantige Felsen in nordischen Seen, die von Spezialist Vladi-Islands angeboten werden. Andererseits lässt sich gerade in Karibik und Südsee noch der Traum von der privaten Luxusinsel mit Airstrip und Luxusvilla verwirklichen. Ob Richard Bransons „Necker Island” wirklich noch wochenweise vermietet wird, ist spätestens nach einer Brandkatastrophe unklar, aber Calala Island soll weiterhin um eine gute Million pro Woche wohlfeil sein. Um 40.000 USD gibts eine Woche auf einer Bahamas-Luxusinsel, doch auch hier gilt: Im Zweifelsfalls wird lieber gekauft als gemietet.

Erleben schlägt Besitzen

Was aber noch immer bestens funktioniert, sind ohne professionelle Unterstützung auch mit Millionen nicht zu erkaufende Events. Etwa wenn der italienische Anbieter Olympia Waters den Besuch in Roms Sixtinischer Kapelle in den frühen Morgenstunden ohne anderer Besucherströme ermöglicht.
Längst haben auch andere Personengruppen den Luxus für sich entdeckt. Denn alle europäischen Befragungen bestätigen den Megatrend: Das Erlebnis wird über das Eigentum gestellt. Als jüngstes Indiz darf der Blick auf die real sinkenden Konsumausgaben gelten. „Das Konsumverhalten hat sich bei uns deutlich vom klassischen Produktkauf zu Aktivitäten und Erlebnissen verlagert”, kommentiert ­Andreas Kreutzer eine Studie seines Instituts Kreutzer, Fischer & Partner.
Bereits im vorigen Jahrtausend waren auf gehobenen Kreuzfahrtschiffen oder auch in exotischen Hotels Menschen mit dem „Just retired”-Kappen auffällig. Heute dominieren Jüngere mit vorgezogenen „Once in a Lifetime”-Events das Bild. Mag sein, manchmal wird das Erbe verjubelt, doch häufiger sind von den Eltern, Kryptogeld-Gewinnen (oder Banken) unterstütze Hochzeiten der Reiseanlass, um seinen erträumten Reiseevent umzusetzen.

Teureres zieht mehr

Das sind die Menschen, die auch ohne Präsidentensuite ihr Reiseglück finden. Doch generell bestätigen heimische Spitzenhoteliers, dass in der Regel die besseren Kategorien früher ausgebucht seien. Die Grand Dame der österreichischen Privathotellerie, Elisabeth Gürtler, ließ sich während Corona „überreden”, in ihrem nun als Alpin Resort Sacher firmierenden Hotel in Seefeld die Halbpension auf einen Niedrigstpreis von 220 € pro Person und Nacht zu senken. Mehr Buchungen generierte diese Idee allerdings nicht. Als 5-Sterne-Superior-Hotel schloss man sich den Leading Hotels of the World an – und erfreut sich wieder steigender Preise. Geht es nach Elisabeth Gürtler, wäre weiter Platz nach oben: „Wir sind in diesem Segment viel zu billig, vor allem im Vergleich zur Schweiz.”
Denn dieser Markt ist ausgesprochen international. Für das Segment der sehr gehobenen Reiseangebote hat Branchenriese TUI schon 2006 den Spezialveranstalter Airtours übernommen. Für 2024 baute man das Angebot im oberen Luxussegment weiter aus. Der Luxusreisemarkt wachse rasant, so Steffen Boehnke von Airtours auf der Berliner ITB. Man orte einen Trend zum Ultra-Luxusurlaub. Prognosen zufolge werden die globalen Ausgaben für Luxusreisen 2024 mit 1,5 Billionen USD einen ­historischen Höchststand erreichen.
Im letzten Winter wurden exotische Reiseziele am stärksten nachgefragt, wobei Katar mit einem Gästeplus von 68% besonders den Kundengeschmack getroffen hat. Für Airtours biete das perfekte Reiseziel für entspannten Luxusurlaub eine Kombination von Spitzenhotels mit einer großen Auswahl an Wellnessmöglichkeiten sowie guter Fluganbindung aus Österreich und Deutschland. Typisch für neue Tendenzen im Bereich hochpreisiger Reisen sind außergewöhnliche Erlebnisse – nachgefragt würden etwa der Besuch traditioneller Rituale mit einem Schamanen oder „Star-Gazing” über Chiles Atacama-Wüste.

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