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Redaktion 11.08.2021

Am Ende doch keine Überraschung?

War das nun die Orbanisierung des ORF oder das gleiche Spiel wie immer, nur dieses mal eben in türkis-grüne statt in rot?

WIEN. Für eingefleischte Kenner des ORF war die Wahl von Roland Weißmann zum neuen ORF-Generaldirektor in Wirklichkeit keine Überraschung (mehr). Spätestens dann, als der bisherige ORF Vize-Finanzdirektor seine Kandidatur verkündete, musste jedem klar gewesen sein, dass er dies nicht getan hätte, wenn er sich einer Mehrheit im Stiftungsrat nicht sicher gewesen wäre.

Wir erinnern uns noch an das Schicksal von Richard Grasl, nun beim Kurier, der, nachdem er als Wrabetz-Herausforderer aus der Position des Finanzdirektors heraus bei der letzten ORF-Wahl die Abstimmung gegen Amtsinhaber verloren hatte, den ORF verließ.

Gegen dieses Geschichtswiederholung soll sich Weißmann – wie man hört – auf jeden Fall abgesichert haben, und wie man am Wahlergebnis ablesen kann, haben die ÖVP-nahen Stiftungsräte bzw. die ÖVP ihr Wort gegenüber dem neuen ORF-Chef gehalten.

Eines ist auf jeden Fall sicher: Nun wird es am neuen Generaldirektor, der bei jeder Gelegenheit fast mantraartig die Unabhängigkeit des ORF betont, liegen, diese Unabhängigkeit auch mit Leben zu füllen.

„Orbanisierung“ oder doch nur wieder ein Farbwechsel?
Ob die Wahl von Roland Weißmann eine „Orbanisierung“ des ORF durch den Bundeskanzler ist, wie Alexander Wrabetz schon vor dessen Wahl gestern, am 10. August 2021, in einer überraschend harten Wortwahl meinte, oder die Wahl des besten Kandidaten oder aber auch in Wahrheit eine zum wiederholten Male indirekte Anpassung der Führung an die aktuellen politischen Realitäten, wird sich zeigen.

Generell war in den letzten Tagen vor der Wahl eine deutliche Verschlechterung der Gesprächskultur vor allem seitens Wrabetz Richtung Weißmann zu bemerken. So nannte der amtierende Generaldirektor jenen Mann, dem er neben dem multimedialen Newsroom mit dem ORF-Player das wichtigste Projekt übertragen hatte, einen „lieben und netten Kollegen“ (Weißmann ist auch Vize-Finanzdirektor des ORF), sprach ihm aber gleichzeitig öffentlich via oe24.tv-Interview bei Niki Fellner die Qualifikation für den ORF-Chefposten ab.

Aber auch Alexander Wrabetz selbst, wahrlich kein Freund der ÖVP, wurde oft von der linken Reichshälfte im Lande für dessen vermeintliche ÖVP-Freundlichkeit, etwa bei Personalentscheidungen oder einer Sondersendung zur besten Sendezeit mit dem Kanzler als einzigem Gast, kritisiert.

Es ist vermutlich eine Frage des eigenen Standpunkts, ob einem der derzeitige Zustand des ORF gefällt oder nicht.

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