••• Von Christian Novacek
Bio ist eine Notwendigkeit, um den nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen – darin sind sich Christof Kastner, geschäftsführender Gesellschafter der Kastner Gruppe, sowie Horst Moser, Gründer & Geschäftsführer Biogast, einig. Sie haben ein neues Bio-Partner-Franchisekonzept in die Handelswelt gesetzt, das vorerst in Graz reüssieren soll. medianet befragte die beiden Gründer, wie viel Spielraum Bio im Franchisekonzept zulässt und wie zukunftsfit das ein kann.
medianet: Das Kaufverhalten geht derzeit stark in Richtung günstige Eigenmarken und Diskont. Ist MeinBioMarkt folglich ein Nischenprogramm?
Christof Kastner: Unserer Meinung nach ist der Biolebensmittelhandel an sich ein Nischenprogramm. Wir sind jedoch der Überzeugung, dass es in jeder Nische neue Chancen gibt und die wollen wir nutzen. Wir legen unseren Fokus derzeit darauf, wie sich das Verhalten der Konsumentinnen und Konsumenten weiterentwickelt. Es zeigt sich, dass es zu jedem Trend einen Gegentrend gibt und dass viele Menschen den Wert von Lebensmitteln immer mehr zu schätzen wissen.
medianet: Im Bio-Segment gibt es bei der Rewe eine zweigleisige Preisstrategie. Wo ist MeinBioMarkt preislich angesiedelt? Haben Sie ein Angebot für die weniger üppige Geldbörse?
Horst Moser: Ja, wir bieten beispielsweise Einstiegsprodukte und auch Großpackungen für die ganze Familie an, wodurch wir einen besseren Preis anbieten können. Das ist uns wichtig, damit Bio-Produkte aus dem Fachhandel einer breiten Konsumentenschicht zugänglich sind. Mit einem Diskonter wollen wir uns nicht vergleichen, denn unser Konzept umfasst etwa bioregionale Produkte, die einen sehr hohen handwerklichen Anteil haben, weit entfernt von industrieller Herstellung. Allein dadurch sind die Produktionskosten höher. Unser Ziel ist es, qualitativ hochwertige, gesunde Produkte anzubieten und dabei Bioregionalität zu fördern.
medianet: Bei Bio denkt man in Österreich an ‚Ja! Natürlich', ‚Natur pur' und ‚Zurück zum Ursprung'. Haben Sie eine starke Marke im Portfolio?
Kastner: Wir haben nur starke Marken im Portfolio. Die Bio-Eigenmarken der großen Lebensmittelhändler bilden immer nur ein kleines Segment des gesamten Produktportfolios ab. Wir haben auf 400 m² rund 6.000 Artikel, die ausschließlich biologisch sind. Wir führen Marken, die seit Jahrzehnten für Bio und Nachhaltigkeit stehen. Damit wollen wir den Lebensmitteln ihren Wert zurückgeben. Das ist mit Eigenmarken definitiv nicht vergleichbar, und wir haben uns auch bewusst gegen eine Eigenmarke entschieden. Natürlich gibt es auch bei uns Produkte, die günstiger sind, diese werden jedoch nicht als Eigenmarke geführt.
medianet: Wie schwer ist es, anhand der oben genannten Bio-Marken Produzenten zu finden, die nicht von einer dieser Marken beschlagnahmt sind?
Moser: Wir haben eine große Vielfalt an Marken, aus denen wir schöpfen können. Bei uns steht aber immer das Produkt im Mittelpunkt – wir wollen höchste Qualität anbieten. Deshalb arbeiten wir auch gerne mit kleineren Produzenten zusammen und können aufgrund unserer langjährigen Erfahrung auf ein sehr gutes Netzwerk zurückgreifen.
medianet: Sie preisen Franchise als Erfolgskonzept – wie ist denn Franchise bei Ihnen ausgestaltet?
Kastner: Wir sind als Kastner Gruppe seit Jahrzehnten mit einem sehr erfolgreichen Franchisekonzept am Markt. Als wir damit 1956 begonnen haben, gab es das Wort Franchise noch gar nicht. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung war es für uns der nächste logische Schritt, unsere Kompetenzen zu vereinen. Und genau so ist die Idee von MeinBioMarkt entstanden. Wir wollen bestehenden und auch neuen Händlern ein Konzept anbieten, das sowohl Individualität zulässt, als auch einen starken Wiedererkennungswert hat.
medianet: Wie hoch sollte der Konzentrationsgrad der Franchisenehmer sein?
Kastner: Der Konzentrationsgrad liegt bei ca. 95 Prozent. Es ist aber sehr wohl gewünscht, dass MeinBioMarkt-Betriebe regional bei kleinen Produzenten einkaufen. Ähnlich wie bei klassischen Einzelhändlern – auch da spielt Regionalität eine wichtige Rolle. Bei MeinBioMarkt reicht uns Regionalität alleine aber nicht aus, wir wollen Bioregionalität fördern. Dieses Konzept ist einzigartig, weil sich das Ladenkonzept modulartig gestaltet. Darüber hinaus wird es ein Partnerprogramm geben, weil uns Individualität sehr am Herzen liegt. Das heißt, der Eigenname bleibt, und MeinBioMarkt fügt sich hinzu. Dadurch schaffen wir eine neue Marken-identität. Natürlich müssen die Läden bestimmte Mindestanforderungen erfüllen und zum Beispiel eine Brotbackstation, Feinkost in Bedienung und eine Naturkosmetik-Abteilung anbieten. Auch ein Vollsortiment ist Voraussetzung – da es uns darum geht, die Vielfalt an Bio-Produkten aufzuzeigen.
medianet: Wie expansiv kann denn ein Franchisesystem mit Bio sein? Aufgrund der klar definierten Zielgruppe wären wohl hochfrequente Stadtlagen naheliegend.
Moser: Grundvoraussetzung ist nicht, dass ein Standort hochfrequentiert ist. Das muss nicht immer eine teure Stadtlage sein. Natürlich ist eine hohe Frequenz besonders positiv, wichtig ist aber, dass der Standort für unsere Zielgruppe gut erreichbar ist. Damit sind Konsumentinnen und Konsumenten gemeint, die Wert auf die hochqualitativen Lebensmittel des Biofachhandels legen und denen die biologische Wirtschaftsweise ein Anliegen ist.
Kastner: Es hat seit 30 Jahren in Österreich kein österreichisches neues Lebensmittelkonzept gegeben. Unser Konzept ist eine Innovation. Wir wollen ein neues Kapitel am österreichischen Lebensmittelhandel aufschlagen, denn es gibt genügend Potenzial. Vielleicht sind derzeit die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht optimal, aber es gibt ganz viele Menschen, die sehr viel Wert auf das legen, was wir machen.
medianet: Wie gestaltet sich die Standortsuche?
Kastner: Die Standortsuche ist zweigeteilt. Wir sprechen mit diesem Konzept bestehende Händler an, die ihre Läden umbauen wollen, und gleichzeitig suchen wir aber auch gezielt neue Standorte. Wir legen großen Wert darauf, in die Zweitnutzung zu gehen. Wir werden zum Beispiel nicht auf einer grünen Wiese einen neuen MeinBioMarkt bauen, so viel steht fest.
medianet: Nachdem Sie auch Naturkosmetik anbieten – wie groß ist der CO2-Fußabdruck, übers gesamte Sortiment gesehen, im Vergleich zu klassischen Supermärkten?
Moser: Einerseits ist der CO2-Fußabdruck bei der Herstellung von Bio-Produkten oft deutlich geringer als bei der Herstellung konventioneller Produkte. Bio hat aber darüber hinaus noch klare Vorteile: Konventionelle Lebensmittel haben in den letzten Jahrzehnten deutlich an Nährstoffen verloren, die ja für unsere Gesundheit wesentlich sind.
Kastner: In der Bio-Produktion ist der CO2-Fußabdruck alleine schon deshalb niedriger, weil keine chemisch-synthetischen Pestizide zum Einsatz kommen. Das ist auch der Grund, warum beispielsweise der Preisanstieg bei Bio-Lebensmitteln geringer ist.
medianet: Sie geben den wertschätzenden Umgang mit Mitarbeitern als Asset an. Im Franchise ist die Wertschätzung dann aber ausgelagert – gibt es Richtlinien für Franchisenehmer im Umgang mit den Mitarbeitern?
Moser: Wir halten uns an ein Ethos, das wir gemeinsam mit dem Vorstand des Forum Biofachhandel ausgearbeitet haben. Es handelt sich dabei sozusagen um eine Leitlinie, eine Orientierung, die den roten Faden für MeinBioMarkt ausmacht.
Kastner: Ich möchte ergänzen, dass Biogast eines der Gründungsmitglieder des ETÖ – enkeltaugliches Österreich ist.
medianet: Sind die Mitarbeiter in der Grazer Filiale über dem Kollektivvertrag entlohnt?
Kastner: Genaue Informationen zu den Zahlen, Daten und Fakten geben wir derzeit noch nicht weiter. Da bitten wir um etwas Geduld.
medianet: Sie führen Großpackungen im Sortiment – auf dem Foto sehen die nach mehr als einer Familie aus. Ist das ein Angebot an die Gastronomie?
Moser: Wir freuen uns, wenn Gastronomen zu uns in den Laden kommen, aber das ist nicht das Ziel dieses Sortiments. Wir bieten Großpackungen an, weil diese definitiv weniger Verpackungsmaterial haben als kleine Packungen und gleichzeitig günstiger sind. Das ist für Familien natürlich sehr attraktiv.
medianet: Wie viel Umsatz muss ein MeinBioMarkt machen, damit er existenzfähig bleibt?
Moser: Das ist vom jeweiligen Laden und Standort abhängig und lässt sich nicht pauschal beantworten.
Kastner: Mir ist abschließend noch wichtig zu betonen, dass wir Nachhaltigkeit auf allen Ebenen denken. Beim Ladenbau setzen wir auch ausschließlich auf nachhaltige Materialien. Wir verwenden Kühlgeräte mit den niedrigsten Energiewerten, drucken Werbeschilder auf Karton und achten auf einen möglichst geringen Ressourceneinsatz bei der Beleuchtung; der Boden ist kein PVC-Boden, sondern er besteht aus Linoleum, ein reines Naturprodukt.