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© Ja! Natürlich/Christian Dusek

Redaktion 13.10.2023

Bio, das ist auch Essen für den Klimaschutz

Wie die Marke Ja! Natürlich mit dem Boden umgeht, hat positive Auswirkungen auf Klima und Umwelt.

••• Von Georg Sohler

Schau her, da G’scherte vergift’ uns”, diesen Satz hörte Ja! Natürlich-Bauer Herbert Nagl aus Rannersdorf bei Schwechat vor mehr als 20 Jahren, als er mit einem riesigen Kanister auf seinem Feld unterwegs war. Nagl war gerade dabei, Pestizide zu spritzen und statt der Diskussion, was er da genau machte, dachte er sich: sinnlos. „Das war ein ausschlaggebendes Erlebnis”, erzählt er bei einem Pressetermin im viel zu warmen Spätsommer. Seit 2002 setzt er nun auf Bio, es gibt keinen Mineraldünger, Pestizide oder sonst etwas, was in der konventionellen Landwirtschaft verwendet wird.

Er liefert seit über 20 Jahren Getreide an Ja! Natürlich, vor allem Winterweizen, Hartweizen (Durum) und Roggen – aus dem beispielsweise Pizza- und Pasta-Mehl produziert wird. Als Betrieb ohne Viehhaltung hat Herbert Nagl keine Möglichkeit, Mist aus seinen Ställen auf den Feldern auszubringen. Umso engagierter muss er sich der Möglichkeiten der spezifisch gestalteten Fruchtfolge bedienen, um den Unkrautdruck zu unterbinden und den Boden fruchtbar zu halten und damit die entsprechende Qualität und den Ertrag zu erreichen.
Würde er sich nur die Zahlen ansehen, dann dürfte er es nicht machen, es ist ein Nullsummenspiel. Er erzählt, dass man im Jahr 2022, als die Preise explodierten, mit klugen Geschäftsentscheidungen viel Geld hätte machen können. Oder eben alles verlieren. Aber: „Wer nicht dopt, rennt auch. Der Gedopte läuft mir davon, aber irgendwann geht ihm die Luft aus. Ich komme später an, kann aber länger durchhalten.”

Stabiles Wachstum

Ja! Natürlich-Geschäftsführer Andreas Steidl sieht das genau so. Wer auf Bio setzt, habe vielleicht 30% weniger Ertrag, aber die Qualität sei höher. Ohne „Doping” gilt laut Steidl: „Der Boden ist das Eigenkapital und die Lebensversicherung des Biobauern. Er hat keine Möglichkeit, auf Fremdkapital wie Düngemittel oder Pflanzenschutzmittel zuzugreifen. Die heimischen Bio-Landwirte sind durch den Verzicht auf chemischen Dünger und andere künstliche Korrekturmaßnahmen gezwungen, auf ihre Böden besonders gut zu achten und Lösungen für deren Schutz zu finden.” In der Bio-Landwirtschaft sei es essenziell, den Bio-Kreislauf so weit wie möglich zu schließen: „Es ist ein Investment für die nächsten Jahre.”

Das heißt im Klartext, dass Biobauern wie Herbert Nagl mitunter zwei Jahre lang keinen Ertrag vom Feld haben. Statt Weizen und Co. wächst hier in Rannersdorf Luzerne, also Klee. Erst nach Jahren werden wieder Nutzpflanzen angebaut, die in der nahen Mühle verarbeitet werden. „Der Boden ist mein einziges Kapital; wenn ich es vernichte, habe ich nichts mehr davon”, bringt er es auf den Punkt. „Zwei Jahre lang habe ich nur Arbeit, dann häcksel ich es und es wird neu ausgesät.” Der Vorteil des Klees ist übrigens, dass er tief wurzelt und den Boden belüftet – und das ist wichtig.

Unbekannte Grundlage

„Der Boden ist unsere Lebensgrundlage und Böden speichern mehr Kohlenstoff als alle Wälder der Erde”, erklärt Walter Fitz, Bodenexperte aus dem fernen Vorarlberg. 90% unserer Lebensmittel stammen schließlich daraus. „Meistens stehen wir nur drauf und wissen nicht, wie er beschaffen ist”, sagt er und steigt in ein tiefes Loch. Der Humus ist hier 90 cm tief, man sieht die Wurzelsysteme der Luzerne, die den Boden entlüften. Unzählige weitere Kanäle stammen von Regenwürmern: „Die Zwischenfrucht Luzerne sammelt Nährstoffe, Symbionten verbessern den Boden. Wenn die Wurzel verfault, entstehen Poren, der Boden wird so auch gut belüftet.” Dafür sorgen die unzähligen Lebewesen – in einer Handvoll Boden leben mehr Individuen an Organismen als Menschen auf der Erde. Eine besondere Rolle für eine stabile Bodenstruktur, Fruchtbarkeit und Wasseraufnahme kommt den Regenwürmern zu: „Höhere Humusgehalte und eine reduzierte Bodenbearbeitung fördern die Regenwurmtätigkeit. Die Regenwurmgänge pro Quadratmeter können bis zu einem Kilometer ausmachen. Dadurch wird Humus in tiefere Bodenschichten gebracht und ein effizientes Kanalsystem zur Wasseraufnahme angelegt.”

Ein kurzer Sidestep: Der Klee steht also zwischen der Entnahme von Weizen am Feld. Es gibt hier daher keine Monokultur. Diese, so wiederum Nagl, gebe es aber übrigens auch in vielen Bereichen der konventionellen Landwirtschaft nicht: „Monokultur wird missbräuchlich verwendet. Mais und Roggen kann man immer anbauen, alles andere nicht. Zuckerrüben etwa gehen nur alle vier Jahre, egal ob bio oder konventionell.”

Wichtiger Schutzfaktor

Zurück zum Boden. Denn ein derartiger, gut belüfteter Boden hat für Fitz neben gutem Humus auch einen entscheidenden Vorteil: „Ein bepflanzter Boden kann entlang der Wurzeln immer mehr Wasser aufnehmen.” Gesunder Boden hat einen Schutzfaktor: Bei Starkregen kann er mehr Wasser aufnehmen und speichern, in Trockenzeiten kann er die Pflanzen besser versorgen. Für Ja! Natürlich-Geschäftsführerin Klaudia Atzmüller geht es eben bei Bio um noch einiges mehr als die Lebensmittel, die man dann verkauft. „So ein Boden speichert auch mehr CO2, erzeugt rund 25 Prozent weniger Treibhausgas als konventionelle Landwirtschaft”, rechnet sie vor. Damit liegt man auch in einem Trend, der die Kundinnen und Kunden bewegt.

So hat eine von Ja! Natürlich beim Meinungsforschungsinstitut Markt in Auftrag gegebene Umfrage gezeigt, dass nach den großen Herausforderungen der Zeit – der Inflation (96% der Befragten) – Klimaschutz (92%), der Erhalt eines guten Ökosystems für Lebensmittel und Versorgung mit Lebensmitteln (je 86%) folgen. Ein gesunder Boden, das zeigt die Umfrage weiters, sei für die Befragten frei von Schadstoffen, Chemie, es gebe keine Pestizide, chemische Dünger oder Hormone. „Das sind Themen, die wir in der Bio-Landwirtschaft vermeiden”, erklärt Atzmüller. Weniger bewusst ist den Österreichern, dass gesunde Böden ausschlaggebend für unsere Ernährungssicherheit sind. Denn humusreiche Böden können Wasser besonders gut aufnehmen und speichern – eine unerlässliche Eigenschaft in Zeiten des Klimawandels mit vermehrten Extremwetterereignissen, sei es in Trockenperioden oder bei zu viel Regen: „Dem wollen wir entgegenwirken. Und die Kunden können das tun, indem sie regionale, hochwertige Produkte kaufen.” Insgesamt keine einfache Aufgabe, beginnend bei den Produzenten. Aber: „Bodengesundheit geht uns alle an.”

Klimaschutz durch Essen?

Am Ende des Tages bewegen sich aber auch Biobauern und die Marke Ja! Natürlich auf einem Markt, es gibt Wettbewerb. „Wir sind die Bio-Nummer eins schlechthin”, kann Steidl dazu berichten, der auch einmahnt: „Ich brauche nicht nur Menge, sondern auch Qualität.” Ja! Natürlich verkauft 180 Mio. Stück Biogebäck und über 8.000 t Biobrot über die frische Bedienungstheke: „Wir haben einen Marktanteil von 60 Prozent bei Biobrot und 50 Prozent bei Gebäck.” Österreich mag Bio zudem immer mehr: „Wir gewinnen dazu, haben bei Brot und Gebäck ein Plus. Bio wird mehr, der Marktanteil steigt. Die Kunden bleiben treu, sie leisten sich das.”

Insofern ist der Konsum von Biolebensmitteln quasi Essen für den Klimaschutz. Ein Beispiel, um dies zu untermauern, kommt von Bauer Herbert Nagl: „Die diesjährige Getreide-Ernte war aufgrund der Witterung nicht gerade begünstigt – dass die Proteinwerte unseres Weizens dennoch überdurchschnittlich hoch sind, zeigt mir, dass sich die jahrelange Investition in unsere Böden nachhaltig positiv auswirkt.”
Klaudia Atzmüller sagt abschließend: „Wir sehen es als unsere Verantwortung als starker Partner der Bio-Landwirtschaft, die Konsumenten darauf aufmerksam zu machen, dass fruchtbare, intakte Böden, die den Bedrohungen durch den Klimawandel standhalten, keine Selbstverständlichkeit sind. Sie sind das Ergebnis der vorausschauenden Arbeit von Bauern.”

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