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Gianna Schöneich 07.07.2017

Bunte Diagramme sind noch keine Lösung

Im Herbst möchte sich Herbert Kling mit seinem ­Marktforschungsinstitut meinungsraum.at neu positionieren.

••• Von Gianna Schöneich

In Zeiten von Big Data haben es Marktforschungsinstitute nicht leicht. Neue Konkurrenzen erschweren ihnen das Leben – über diese und andere Herausforderungen sprach mit medianet Herbert Kling, Geschäftsführer von meinungsraum.at. Vor seiner Neupositionierung im Herbst gab er Einblicke in seine derzeitige Situation und kommende Herausforderungen.


medianet:
Herr Kling, beschreiben Sie doch bitte die derzeit schwierige Situation der Marktforschungsinstitute.
Herbert Kling: Derzeit stehen wir Marktforscher vor einer Challenge. Es ist eine neue Konkurrenz auferstanden – sie besteht aus riesigen Konzernen, die Unmengen von Daten besitzen. Andererseits gibt es viele IT-Firmen, die sich ­darauf verstehen, Daten sehr gut darzustellen und diese ihren Kunden als Wahrheit zu verkaufen.

medianet:
Im Herbst möchten Sie Ihr Institut neu positionieren.
Kling: Wenn ich über eine Neuausrichtung von meinungsraum.at spreche, muss man auch über eine Neuausrichtung der ­gesamten Branche sprechen. Wir alle müssen unseren Kunden erklären, dass bunte Diagramme noch lange keine Lösung sind. Die Analyse von großen Datenmengen löst noch keine Probleme. Man sollte sich Diagramme nicht aus einer IT-Sicht ansehen – es braucht Marketing-Know-how und ein Ziel­gruppenverständnis; das haben wir als Marktforscher. Wir müssen in diesen Dingen – im Bereich Big Data und auch abseits von Umfragen – besser werden. Ich glaube, dass IT-Abteilungen kein Zielgruppen- und kein Marktverständnis haben.

medianet:
Vertreten Sie weiterhin die Meinung, dass ein qualitativer Ansatz in der Markt­forschung seine Berechtigung hat?
Kling: Ja natürlich. Unsere Kunden müssen erkennen, dass die Möglichkeiten, die Big Data bringen, oft Nachschärfungen benötigen. Oft erklärt sich nicht alles nur aus den Daten; es lohnt sich häufig, nachzufragen – das funktioniert eben am besten durch qualitative Methoden.

medianet: Wenn Sie heute auf der Suche nach Personal sind, welche Qualifikationen werden benötigt?
Kling: Man muss sehr viel in Ausbildung investieren. Ich glaube, ideal sind Soziologen, die ein gutes statistisches Verständnis haben, sich aber auch mit Zielgruppen auskennen. Ein IT-Verständnis wäre auch von Vorteil. Das heißt aber nicht, dass eine Person all diese Dinge können muss.

medianet: Spielt Ihnen die EU-Datenschutz-Grundverordnung, die 2018 in Kraft treten wird, in die Hände oder was bedeutet diese für Sie?
Kling: Wir arbeiten hier an einer Lösung, über die ich heute noch nicht berichten kann. Grundsätzlich ist sie für Panel­anbieter eine Challenge. Sie wird die Marketing- und Marktforschung nicht einfacher machen – aus einem beruflichen Antrieb heraus wäre das Leben gemütlicher, würde es sie nicht geben. Grundsätzlich finde ich die Datenschutz-Grundverordnung allerdings richtig. Wir haben jedenfalls eine Vision dazu.

 

medianet: Ihr Unternehmen steht auch für Instrumente, die Emotionen messen.
Kling: Richtig. Viele Entscheidungen werden emotional getroffen. Wichtig dabei ist, dass abgefragte und gemessene Emotionen etwas komplett Verschiedenes sind. Wenn die Kaufentscheidung letztlich auf einer Emotion beruht, dann ist es wichtig, zu wissen, welche Emotionen im Spiel sind – dank Emotionsmessungen erhält man viele wichtige Learnings.

medianet:
Richtet man seinen Blick auf Wahlen, spielen vor allem rechte Parteien immer häufiger mit Emotionen – also ein Garant für Erfolg?
Kling: Was wir erkennen, ist die Einteilung der Parteien in ‚We' and ‚Them'. Mit diesem Kon­strukt trifft man die Menschen sofort emotional. Denn es gibt eine Gruppe der man sich zugehörig fühlt. Parteien nutzen eine extrem emotionale Sprache – beim Menschen entstehen sofort Bilder. Die wenigen, die verstanden haben, dass die Menschen emotional abgeholt werden müssen, haben das Problem, dass es einen sehr hohen Prozentsatz in der Bevölkerung gibt, der emotional nicht mehr erreichbar ist. Außerdem gibt es unglaublich viele Menschen, die erst in der Wahlkabine entscheiden.

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