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„Da ist uns ein Fehler passiert”
© P7S1P4/Moni Fellner

Thomas Gruber

Redaktion 28.03.2025

„Da ist uns ein Fehler passiert”

ATV-Chef Thomas Gruber über „Das Geschäft mit der Liebe”. Seine Nachricht an die Kritiker: Die Botschaft ist angekommen.

••• Von Dinko Fejzuli

Reality-Formate haben ihre Fanbase, aber auch ihre Kritiker. Aktuell steht vor allem das ATV-Kuppelformat „Das Geschäft mit der Liebe” bis hin zum Vizekanzler im Fokus. Es geht vor allem um den Vorwurf des Sexismus, der in der Sendung geduldet würde. medianet sprach mit ATV Geschäftsführer Thomas Gruber.

medianet: Herr Gruber, Ihr Realityformat „Das Geschäft mit der Liebe” steckt aktuell mitten in einer Sexismus-Debatte. Die Sendung läuft seit elf Staffeln in 15 Jahren: Angesicht des seit Jahren bekannten Inhalts: Überrascht, dass die Aufregung erst jetzt losgeht?
Thomas Gruber: Allem voran ist klar zu sagen, wir lehnen sexistische und rassistische Inhalte, Frauenfeindlichkeit und Gewalt strikt ab. Auch bei Reality haben diese Bestandteile nichts zu suchen. Uns ist wichtig, dass das Format in seiner Gesamtbotschaft betrachtet und der Kern der Sendung beleuchtet wird. Einzelne Social-Media-Ausschnitte spiegeln diesen Kern nicht wider und waren teilweise ein Fehler.

medianet:
Und der wäre?
Gruber: Der Kern des Formats ist das permanente Scheitern von Männern in ihrer Liebessuche, die sich durch Klischees und von Selbstüberschätzung geprägte Vorstellungen und Handlungen bloßstellen und letztendlich von starken Frauen bloßgestellt werden.

medianet: Manche würden Ihrer Feststellung, dass das Format nicht frauenfeindlich ist, widersprechen. Vor allem, wenn man sieht, wie die Protagonisten mit den Frauen umgehen – und in der Folge, um die sich die Aufregung dreht, dürfte es besonders kontroversiell gewesen sein.
Gruber: Wie in unserer Stellungnahme am Wochenende halte ich nochmals fest: Hier ist uns ein Fehler in der redaktionellen Abnahme passiert, wir entschuldigen uns dafür. In diesem viel besprochenen Handlungsstrang gab es in der Darstellung Unstimmigkeiten. Die Folge wurde noch nicht im TV ausgestrahlt, war jedoch online abrufbar. Deshalb haben wir die Episode und alle Clips dazu sofort offline genommen. Alle Folgen der Staffel befinden sich in Prüfung gemeinsam mit der Produktionsfirma.

medianet:
Wer aber genau die von ihnen angesprochenen Clips auf Social Media gesehen hat, der wird das Format kritischer sehen und es überrascht, wenn Sie das Format als nicht sexistisch definieren.
Gruber: Einzelne Clips aus dem Zusammenhang gerissen für Social Media zu verwenden, war jedenfalls ein Fehler.

 medianet: Aber stellt man, so wie es Kritiker eben sagen, im Format nicht auch diese Protagonisten bloß?
Gruber: In diesem Format begibt man sich mit diesen Menschen auf eine Reise. Ihr Ziel ist es, die Liebe zu finden. Dabei werden sie von einer Agentur begleitet. Durch unqualifiziertes Verhalten scheitern diese Männer bis auf Ausnahmen seit 15 Jahren in diesem Format. Und die Frauen sind diejenigen, die ihnen diese Grenzen aufzeigen.

Wir übernehmen Verantwortung für Teile, wo dieser Kern des Formats nicht rausgekommen ist und werden dem­entsprechend Maßnahmen treffen. Es ist aber auch so, dass Geschmack etwas sehr Individuelles ist. Reality hat sein Publikum, seine Fan-Community und das nicht nur bei uns, sondern auch auf anderen Sendern.

medianet: An ähnlichen Formaten anderer Sender gibt es auch Kritik.
Gruber: Wir verwehren uns keiner Kritik und sind offen für jeglichen Diskurs. Und sind durchaus dahingehend sensibilisiert, erst recht noch ein zweites und drittes Mal hinzuschauen, was auf Sendung geht.

medianet:
Deshalb pausiert das Format auch aktuell. Was soll bei der Prüfung, die sie jetzt initiiert haben, am Ende herauskommen?
Gruber: Wir haben einen internen Prozess gestartet, diese ­Woche gab es keine Sendung. Alles weitere werden wir nach sorgfältiger Prüfung entscheiden.

medianet:
Kritik hat, neben den Frauensprecherinnen einiger Parteien, sogar der Vizekanzler geübt und gefordert, sich die Sache genauer anzusehen. Wie sehen Sie das, dass der Vizekanzler der Republik einzelne Sendungen eines Privatsenders kommentiert?
Gruber: Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und jederzeit offen für den Diskurs im Rahmen von persönlichen Gesprächen.

medianet:
Was den rechtlichen Rahmen angeht, was Sender dürfen und was nicht, so wird dieser durch die Audiovisuelle Mediendiensterichtlinie Paragraph 30, Absatz 1 vorgegeben, wo es konkret heißt: „Mediendienste müssen im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die Menschenwürde und die Grundrechte anderer achten.” Haben Sie nicht Sorge, dass die Kritik am Format umschlägt in eine Kritik gegenüber Privatsendern generell und wir plötzlich in einer Diskussion etwa um das Thema Förderungen sind und ob es Privatsender in Österreich überhaupt braucht?

Gruber: Man muss hier klar unterscheiden. Wir haben ein breites Programmspektrum und eine große inhaltliche Vielfalt. Die Förderungen für Privatsender sind ein wichtiger Beitrag, um eine hohe Programm- und Meinungsvielfalt in einem doch kleinen Medienmarkt wie Österreich zu erreichen und sie fließen allesamt in Public-Value-Formate.

medianet:
Wird das Format, welches ja für ATV ein wichtiger Quotenbringer ist, weitergeführt?
Gruber: Wir befinden uns wie gesagt in einer Phase der Prüfung. Bitte um Verständnis, dass wir weitere mögliche Maßnahmen rechtzeitig bekannt geben.

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