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Alexander Oswald und Barbara Rauchwarter von der ÖMG sehen beim Datenschutz Firmen und Konsumenten gefordert.

Redaktion 07.02.2020

Datenschutz für alle Seiten

Anlässlich des Europäischen Datenschutztages appellieren die ­Interessenvertretungen an die Politik, die Unternehmen und die Bürger.

••• Von Georg Sander

WIEN. Seit 2007 findet jährlich der auf Initiative des Europarats ins Leben gerufene Europäische Datenschutztag statt. Zu diesem Anlass und aufgrund der jüngst angelobten neuen Regierung traf medianet Vertreter des Dialog Marketing Verbands Österreich (DMVÖ) und der Österreichischen Marketing Gesellschaft (ÖMG), um die aktuelle Lage in Österreich zu diskutieren und Entwicklungspotenziale aufzuzeigen.

Meilenstein Code of Conduct

„Diese von der Datenschutzbehörde genehmigten Verhaltensregeln präzisieren sehr praxisnah, was im Dialog Marketing datenschutzrechtlich erlaubt ist und was nicht”, erklärt DMVÖ-Präsident Anton Jenzer, CEO von VSG Direkt +digiDruck GmbH.

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hätte bei Unternehmen eine große Verunsicherung ausgelöst. „Angesichts der horrenden Strafandrohungen bei Verstößen haben viele Unternehmen ihre Aktivitäten reduziert”, beschreibt er die derzeit unbefriedigende Situation. So wird es in Kürze auf Initiative des DMVÖ und der WKO bei der Austrian Standards eine Zertifizierungsstelle geben.
Hierbei geht es um Transparenz; landläufig gilt Österreich aber nicht als das transparenteste Land. „Dem möchte ich entschieden entgegentreten”, stellt Alexandra Vetrovsky-Brychta, General Manager der FVH Forum Verlag Herkert GmbH und Vizepräsidentin des DMVÖ klar, „Regeln und Richtlinien sowie Informationsrichtlinien gab es immer schon. Gerade der DMVÖ hat schon vor vielen Jahren in Abstimmung mit allen Stakeholdern einen Code of Conduct herausgegeben. Das ist auf europäischer Ebene ein Role­model!”

Gesetzliche Transparenz

„Wir haben uns an dieser Initiative auch beteiligt”, sagt Alexander Oswald, Managing Partner bei Futura und einer der beiden Präsidenten der ÖMG. „Die Initiative zum Schutz der Nutzer ist wichtig, gleichzeitig wünsche ich mir auch Transparenz vonseiten des Gesetzgebers. Die Regelungen wurden verschärft, aber es gab verschiedenste Interpretationen von Juristen, Beratern und so weiter. In dieser Form sollte das nicht noch einmal umgesetzt werden. Ich würde zudem gern wissen, wie die Menschen auf den Cookie-Leisten auswählen”, meint er. Denn hier trifft Datenschutz auf den Endkonsumenten. Man kennt es: Eine Website wird angesurft und sofort poppt auf, dass es verschiedenste Cookie-Arten gibt, die die Daten analysieren. Wählen die Nutzer nun bewusst aus oder klicken sie nur auf OK? Und was damit passiert, interessiert Nutzer scheinbar kaum. „Ich kenne etliche Fälle großer Unternehmen, da hat sich seit Einführung der DSGVO noch niemand erkundigt, was mit den Daten passiert.”

Barbara Rauchwarter, Chief Marketing Office bei der APA und Präsidentin der ÖMG, sagt zu dem Thema: „Große Unternehmen haben viel Zeit und Geld investiert, um die Auskunftsfähigkeit herzustellen. Österreich ist aber ein KMU-Land, da gibt es schon auch Aufholbedarf. Hier braucht es meiner Meinung nach hands-on-Lösungen, die simpel und klar erklären, was zu tun ist.” Keine Diskussion gibt es über die Notwendigkeit des transparenten Datenschutzes und den Umstand, dass die heimischen Unternehmen hierbei wohl genauer sind als die Digital Giants wie Facebook, Google und Co. Österreich könne auch in diesem Punkt ein Vorbild für Europa sein, „bei Usern von lokalen Marken einen Wettbewerbsvorteil durch transparenten Datenschutz darzustellen”.

Data Ethics

„Da für uns Privatpersonen der Schutz unserer Daten mit Recht sehr wichtig ist, erwarten wir von Unternehmen und Organisationen, dass sie mit unseren Daten sorgsam und transparent umgehen. Data Compliance – oder um einen relativ neuen Begriff aus den USA zu verwenden – Data Ethics ist also angesagt”, meint Anton Jenzer. Gute Beispiele dafür seien laut Jenzer Webshops, die ihren Kunden, basierend auf deren Kaufentscheidungen, weitere Vorschläge machen: „Das ist zwar marketingtechnisch auch nicht immer treffsicher, aber mehrheitlich stimmt das, es ist meistens im Sinne des Kunden.”

Einen weiteren Punkt spricht Rauchwarter an: „Wenn die Kunden das Gefühl haben, dass sie Komfort oder einen konkreten Nutzen aus der Datenverwendung haben, haben sie meist keine Probleme. Darum fühlen sich auch viele Menschen auf den Plattformen der Digital Giants wohl – es ist komfortabel, sie generieren Nutzen und es kostet kein Geld. Der Aufschrei ist immer dann groß, wenn sich Kunden belästigt fühlen oder Missbrauch verspüren – da müssen Unternehmen transparent sein.”

Cookies?

Seit dem Urteil zu Cookies vonseiten des EuGH im Herbst 2019 ist die Einwilligung sehr wichtig. „Was jetzt passiert ist, ist ein Paradebeispiel für eine nicht praktikable Lösung. Es braucht nun die Einwilligung für verschiedenste Cookies. Im Februar kommt ein Chrome-Update. Da werden Third Party Cookies ohne SameSite Label geblockt. Alternativen zum Google-Produkt sind schwierig, laut ÖWA liegt der Anteil an Google Chrome bei 42 Prozent in Österreich”, erklärt Alexandra Vetrovsky-Brychta. „Auch wir Interessenvertretungen sind da gefordert, gemeinsam mit der Datenschutzbehörde einen Fahrplan zu entwerfen.” Oswald vergleicht die neueren Entwicklungen mit AGBs: „Wer liest das alles wirklich? Aber, da erinnere ich an Tinder, es ist nicht alles ein Verstoß gegen den Datenschutz, wenn ich es vorher nicht richtig gelesen habe.” Auch die Konsumenten müssten hier mitspielen und sich besser informieren. Allerdings, so Alexander Oswald, regle man teilweise nicht, was man sollte, sondern lediglich, was man könne. „Europäische Unternehmen müssen auf Cookiebannern genaueste Angaben zu den Cookies machen. Aber da, wo wirklich Daten abfließen, wie Sexualität und andere Präferenzen, das findet alles außerhalb von Europa statt.”

In Sachen Datenschutz dürfen aber nicht nur einseitig die großen amerikanischen Unternehmen angeprangert werden, Europa sei schlicht zu uneins – Oswald vergleicht es mit der Steuerdebatte: „Es ist inhaltlich falsch, dass sie keine Steuern zahlen. Sie zahlen die Steuern, die wir in unserem europäischen Steuergesetzsystem mit Schlupflöchern ermöglichen.”

Digitalisierung verstehen

Ein entscheidender Punkt in der Diskussion ist auch, dass Datenschutz nicht nur den urbanen Raum oder große Unternehmen betrifft, meint Barbara Rauchwarter. „Viele Unternehmen haben keinerlei interne Skills rund um die Digitalisierung. Es bekommt ein Mensch den Datenschutzbeauftragten umgehängt, ohne entsprechendes Know-how.” Insgesamt bräuchte es, so Vetrovsky-Brychta „Ratgeber, Unterstützung, Information. Große Anbieter können mit Neuerungen besser umgehen.”

Eine gute Nachricht: Die DSGVO soll im Frühjahr evaluiert werden, Anton Jenzer hofft, dass „Absurditäten” abgeschafft werden, die mit der Praxis wenig zu tun hätten. Einig ist man sich, dass es einen transparenten, umfassenden und praktikablen Datenschutz braucht.

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