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Michael Brandtner.

Redaktion 17.02.2022

Die „Inseraten-Affäre“ und der Fluch des Heiligenschein-Effekts

Gastkommentar von Michael Brandtner

WIEN. Eines der stärksten und wichtigsten psychologischen Konzepte aus Markensicht ist der sogenannte Halo- oder Heiligenschein-Effekt. Er besagt, dass eine Marke oder auch eine Person, die in einem bestimmten Bereich sehr gut eingeschätzt wird, generell sehr gut eingeschätzt wird. Genau aus diesem Grund sind auch viele erfolgreiche Markenprogramme rund um nur eine zentrale Idee wie etwa „Fahrfreude“ für BMW, „Technik“ für Audi oder „Elektro“ für Tesla aufgebaut. Man spricht in diesem Kontext auch vom Prinzip der Fokussierung.

Positiv wie auch negativ
Nur: Dieser Halo- oder Heiligenschein-Effekt kann nicht nur positiv wirken, sondern natürlich auch negativ. Dies zeigt sich aktuell am politischen Geschehen in Österreich. So ist das Vertrauen in die Politik laut „Demokratie Monitor“ des Sora Instituts zurzeit am Boden. 90 Prozent der Befragten sind etwa überzeugt, dass die heimische Politik ein Korruptionsproblem hat. Aus Sicht des oben erwähnten Halo-Effekts ist vor allem aber die Frage spannend, für welche Partei die sogenannte Inseraten-Affäre typisch ist. Wenn man sich an die Medienberichte zurückerinnert, stand vor allem das „System Kurz“ in der Kritik. Dazu vermeldete etwa das deutsche Magazin Stern am 14. Oktober 2021: „Ermittlungen gegen Kurz-Vertraute: Die Beschuldigen der Inseratenaffäre im Überblick“.

Nur das Ergebnis der oben erwähnten Studie zeigt klar ein anderes Bild: Für 41 Prozent der Befragten ist die „Inseraten-Affäre“ typisch für alle Parteien, für 21 Prozwnt für mehrere Parteien und nur 16 Prozent antworteten mit „einer Partei“. Für 15 Prozent wiederum waren nur einzelne Politiker verantwortlich. Das heißt: Die „Inseraten-Affäre“ wirkt sich aufgrund des Heiligenschein-Effekts negativ auf alle Parteien aus.

Weck- oder Warnruf an die Politik
Genau diese Art von Ergebnis sollte eigentlich ein Weckruf an alle Parteien sein, um über einen neuen Stil in der Politik, vor allem auch in Bezug auf „Bad Campaigning“ und in Bezug auf „polemische Wortgefechte“, nachzudenken. Kurzfristig mag dies immer einer Partei nutzen und einer anderen Partei schaden. Wenn man das Ganze langfristig – vor allem auch aus dem Aspekt des Halo-Effekts – betrachtet, schadet man vor allem dem Ansehen aller etablierten Parteien, aller etablierten Politikern und damit letztendlich auch dem System in Summe.

Markenstratege Michael Brandtner ist Österreichs führender Markenpositionierungsexperte und Associate of Ries Global. Im Sommer 2021 erschien sein neuestes Buch „Radikale Markenfokussierung“. Sein Blog: www.brandtneronbranding.com

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