MARKETING & MEDIA
© APA/Georg Hochmuth

Redaktion 27.09.2019

Die neue Medienrealität ist längst angekommen

Bei den Österreichischen Medientagen beleuchtet man neue ­Denkansätze, Strategien, Allianzen und die Player einer Branche im Umbruch.

WIEN. Keine Krisenstimmung bei den Österreichischen Medientagen 2019, aber auch keine Euphorie. Pragmatische Töne prägten den ersten Tag des traditionellen Medien-Herbstevents. Die TV-Landschaft stand im Zentrum, und hatte das Match „Privat gegen ORF und umgekehrt” früher durchaus brutale Aspekte, reichte es heuer gerade mal für ein wenig Geplänkel. Vielfach beschworen wurde dagegen Kooperation.

Gerade bei hochwertigem fiktionalen Content gelte es, zusammenzuarbeiten, waren sich die am „TV-Gipfel” vereinten Branchengrößen einig. Christine Scheil, GF Sky Österreich, nannte „Babylon Berlin” als Exempel. Katharina Behrends von NBCUniversal International Networks ortete eine „Qualitätsexplosion” und goldene Zeiten für hochwertige Produktionen. Für das neue Projekt „Prost Mortem” hat man mit Puls 4 zusammengearbeitet – für Markus Breitenecker, Chef von ProSiebenSat.1 Puls 4, ein gutes Beispiel für eine „Allianz”, die dem österreichischen Privaten den Einstieg in die Fiction ermöglicht.

Lokaler Content zählt

„Wir brauchen lokalen, das heißt österreichischen Inhalt, um uns zu unterscheiden”, nämlich von den „Silicon Valley-Giganten”, ist Breiteneckers Motto. Julia Reuter von der RTL Group nannte wiederum Werbekooperationen als weiteres erfolgreiches Beispiel. Man müsse eine Bequemlichkeit für User und Kunden schaffen. „Keiner möchte sich in fünf verschiedene Apps einloggen. Die Kunden möchten einfach buchen können.”

Max Conze, Vorstand der ProSiebenSat.1-Gruppe, verwies auf die Streaming-Plattform „Joyn” als Beispiel für zeitgemäße TV-Partnerschaften. „Zappn”, das Projekt der Österreich-Tochter, „war für uns der Ausprobier-Case”, berichtete er im Bühnen-Talk. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz kündigte die Umsetzung wesentlicher Teile des „ORF-Players” für Mitte 2020 an. Denn „nur mit gestreamten klassischen Fernsehprogrammen allein” könne ein Unternehmen wie der ORF nicht „vom Public Service-Broadcaster zur Public Service-Plattform” werden. Und es bräuchte dafür eine Änderung des ORF-Gesetzes.
Dem widersprach Breiten­ecker getreu der derzeitigen Linie des Privatsenderverbands VÖP. Alles, was Öffentlich-rechtlich sei und nicht den Wettbewerb verzerre, könne der ORF ohnehin bei der Medienbehörde KommAustria zur Genehmigung einreichen. Und bis Mitte 2021 sei schon etwas sehr lang, so Breitenecker sinngemäß. Wrabetz konterte: Behördenverfahren würden oft Jahre dauern, und jenes zur Frage Flimmit etwa habe „Netflix in seinen Marktchancen nicht wirklich beeinträchtigt”.

Zusammenschluss

Etwas Tempo erhielt der Schlagabtausch zwischen Breitenecker und Wrabetz, als Letzterer kritisierte, der VÖP wolle ORF-Sender „erst kaputt machen und dann vielleicht verscherbeln”. „Schlicht unrichtig” sei das, sagte Breitenecker empört. Nach kurzem Hickhack warf dann Reinhard Scolik, einst ORF-Manager und nun Fernsehdirektor des Bayerischen Rundfunks, trocken ein: „Ich glaube, mit Verlaub, dass das die internationalen Player nicht beeindrucken wird.”

Er habe solche Konfliktlinien im österreichischen Markt schon als „überwunden” betrachtet. Bei der Suche nach „sinnvollen” Partnerschaften müsse stets auch die eigene Marke und deren Stärkung berücksichtigt werden, betonte er. (APA/red)

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