DÜSSELDORF. Der globale Werbemarkt wird seine bemerkenswerte Erholung von 2021 (15,6 Prozent Plus) auch 2022 mit einem Wachstum von 9,1 Prozent fortsetzen. Dies geht aus den neuesten Advertising Expenditure Forecasts von Zenith hervor, die heute veröffentlicht wurden. Die weltweiten Werbeinvestitionen werden auch danach noch weiter wachsen und 2023 um 5,7 Prozent und 2024 um 7,4 Prozent steigen. Der größte Wachstumstreiber ist hier E-Commerce-Werbung.
Zenith schätzt, dass die weltweiten Werbeausgaben von 634 Mrd. US-Dollar im Jahr 2019 auf 705 Mrd. US-Dollar im Jahr 2021 und bis 2024 sogar auf 873 Mrd. US-Dollar steigen werden. 1)
„In Deutschland werden die Werbeinvestitionen dieses Jahr um 6,6 Prozent steigen, in den folgenden Jahren um 3,7 und 3,8 Prozent“, so Jennifer Andree, CEO Zenith. „2024 werden sie, wenn Deutschland die Fußball-Europameisterschaft ausrichtet, noch einmal um 4,6 Prozent steigen und insgesamt 25 Mrd. Euro erreichen. In 2021 umfasst der deutsche Werbemarkt Investitionen in der Höhe von 23 Mrd. Euro und hat die durch Covid-19 verursachte Delle bereits wieder aufgeholt. Wir sehen, dass die Einschränkungen, die in unserem Alltag in der Pandemie immer noch eine Rolle spielen, wenig Einfluss auf Marketing- und Werbeinvestitionen haben. Die Menschen haben ihr Konsumgewohnheiten angepasst, die Nachfrage bleibt hoch und damit auch der Wettbewerb.“
Covid-19 hat die digitale Transformation befördert
Die Pandemie hat die Einkaufsgewohnheiten deutlich verändert. Viele Menschen, die es normalerweise vorziehen würden, im stationären Handel einzukaufen, tun dies zwangsläufig online. Die Unternehmen haben darauf reagiert, indem sie mehr als sonst üblich in neue Technologien, Infrastrukturen und organisatorische Veränderungen investiert haben. Hinzu kommen höhere Werbeinvestitionen in Branding-Aktivitäten für E-Commerce-Plattformen, Performance-Werbung, um den Traffic dorthin zu lenken, und auch Werbung innerhalb dieser Plattformen, um bestimmte Produkte zu bewerben (Retailer Media Advertising).
Aufgrund der teilweise zu niedrigen Impfbereitschaft in der Bevölkerung dauerte die Eindämmung der Pandemie länger als erwartet, und viele Menschen zögern weiterhin, persönlich einkaufen zu gehen. Die Unternehmen haben deshalb ihre verstärkten Investitionen in die digitale Transformation fortgesetzt. Aus diesem Grund haben die digitalen Werbeinvestitionen in der zweiten Hälfte dieses Jahres stärker zugelegt als erwartet. Zenith schätzt, dass die digitale Werbung im Jahr 2021 um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr wachsen wird.
Zenith geht davon aus, dass sich der digitale Wandel zwar verlangsamen, aber nicht umkehren wird, wenn die Pandemie ab dem kommenden Jahr abflaut. Die Pandemie hat Trends beschleunigt, welche die Wirtschaft bereits grundlegend umgestaltet haben, und wird dies auch weiterhin tun. Zenith prognostiziert deshalb ein weiteres Wachstum der globalen digitalen Werbeausgaben von 14 Prozent im Jahr 2022, gefolgt von 9 Prozent Wachstum im Jahr 2023 und 10 Prozent im Jahr 2024.
„Auch in Deutschland investieren Werbungtreibende stärker in digitale Kommunikation, nämlich dieses Jahr knapp 11 Mrd Euro“, erläutert Andree. „Das sind zehn Prozent mehr als 2020. Bis 2024 werden die digitalen Werbeausgaben zwischen 6,5 und 8 Prozent jährlich steigen.“
Die Werbeindustrie trägt mehr zur Weltwirtschaft bei
Die digitale Transformation der Wirtschaft bedeutet, dass Werbung eine größere Rolle für das Wachstum von E-Commerce spielt. Insbesondere hat dies zu einem Anstieg der Werbung in digitalen Retailer Media geführt: Display- oder Search Ads, die auf E-Commerce-Plattformen geschaltet sind.
Retailer Media ermöglichen es, Konsumenten direkt am digitalen Point of Sale anzusprechen und können sehr effektiv sein. Zenith schätzt das Wachstum der Retailer Media-Werbung auf 53 Prozent im Jahr 2020 und auf 47 Prozent im Jahr 2021. Damit beträgt das globale Gesamtvolumen 2021 etwa 77 Mrd. USD. Dies entspricht den Ausgaben für Zeitungs-, Zeitschriften-, Radio- und Kinowerbung zusammen und bedeutet einen Anteil von 20 Prozent aller Ausgaben für Digital Display und SEA. Bis 2024 werden die Ausgaben für Retailer Media voraussichtlich 143 Mrd. US-Dollar erreichen. Ein Großteil dieser Ausgaben wird zusätzlich zu den bereits bestehenden Werbeausgaben getätigt und stammt aus Werbebudgets, die zuvor für Verhandlungen über Regalflächen im Handel verwendet wurden. Der Boom der digitalen Wirtschaft hat auch andere Formen von Werbung befördert, zum Beispiel Branding-Kampagnen für digitale Marken im TV und in der Außenwerbung.
Der Anteil der Werbeindustrie am globalen BIP war bereits vor der Pandemie stetig gestiegen, von 0,72 Prozent im Jahr 2014 auf 0,75 Prozent im Jahr 2019. Befördert durch die jüngsten Entwicklungen wird dieser Anteil 2021 voraussichtlich 0,77 Prozent und 2024 sogar 0,80 Prozent erreichen. Das bedeutet den größten Anstieg seit Ende der 90er Jahre.
Mittel- und Osteuropa, der Nahe Osten und Afrika werden am schnellsten wachsen, aber das meiste neue Werbevolumen kommt aus den USA
Die Werbeausgaben in allen Weltregionen liegen jetzt deutlich über dem Niveau vor der Pandemie, und es wird erwartet, dass auch alle Regionen in den nächsten Jahren ein gesundes Wachstum verzeichnen werden. Zenith prognostiziert das schnellste Wachstum zwischen 2021 und 2024 für Mittel- und Osteuropa (C&E Europe) sowie für den Nahen Osten und Nordafrika (MENA). Dort werden durchschnittliche jährliche Wachstumsraten von 12,2 Prozent bzw. 10,0 Prozent erreicht. Die Werbeinvestitionen in Mittel- und Osteuropa werden durch den Anstieg der Produktivität und des verfügbaren Einkommens wachsen, da sich die dortigen Volkswirtschaften stetig weiterentwickeln. Das begünstigt den Markteintritt weiterer Marken und Produktkategorien. Die MENA-Region profitiert dagegen von den hohen Ölpreisen, da die Nachfrage nach Energie die Produktion übersteigt. Das langsamste Wachstum wird von den entwickelten Märkten Westeuropas erwartet, wo aber immer noch ein gesundes Plus von 5,3 Prozent pro Jahr prognostiziert wird.
Der größte Beitrag zum Wachstum des absoluten Werbevolumens wird jedoch aus den USA kommen, wo die Werbeausgaben zwischen 2021 und 2024 voraussichtlich um 80 Mrd. US-Dollar steigen werden. Das entspricht 48 Prozent des gesamten Wachstums der weltweiten Werbeausgaben in diesem Zeitraum. Deutlich dahinter folgen China (15,8 Mrd. US$ bzw. 9 Prozent des Gesamtvolumens), Großbritannien (6,0 Mrd. US$ bzw. 4 Prozent) und Japan (5,4 Mrd. US$ bzw. 3 Prozent).
Social Media wachsen am stärksten und werden TV im nächsten Jahr überholen
Zenith prognostiziert, dass Social Media mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 14,8 Prozent zwischen 2021 und 2024 die am schnellsten wachsende Werbegattung sein wird. Online-Video folgt mit 14,0 Prozent knapp dahinter. SEA wird – vor allem durch Retailer Media - um 9,8 Prozent pro Jahr wachsen. Out-of-Home wird ein solides jährliches Wachstum von 7,4 Prozent erreichen, da sich der Fuß- und Fahrzeugverkehr wieder normalisiert. Radio und TV werden geringfügig um 2,2 Prozent bzw. 1,4 Prozent wachsen, während Printmedien um 4,7 Prozent zurückgehen.
Social Media werden immer wettbewerbsintensiver. Laut eMarketer verbringen erwachsene Social-Media-Nutzer in den USA in diesem Jahr derzeit noch 60,4 Prozent ihrer Zeit mit Facebook und Instagram - 2017 waren das 74,8 Prozent. Der Grund ist der Aufstieg von TikTok. Die Nutzung dieser Plattform ist in diesem Zeitraum von Null auf 15,1 Prozent der Social-Media-Nutzung gestiegen. Social Media setzen auch auf E-Commerce und entwickeln neue fortschrittliche Interaktionsideen zwischen Marken und Konsumenten, auch hieraus erwachsen zusätzliche Wachstumspotenziale für Werbeinvestitionen.
Zenith geht davon aus, dass die Ausgaben für Werbung in Social Media im Jahr 2022 177 Mrd. US-Dollar erreichen wird. Damit überholt diese Gattung TV (174 Mrd. US-Dollar). Bis 2024 werden die Social Media-Werbeinvestitionen auf 225 Mrd. US-Dollar ansteigen und 26,5 Prozent des gesamten Werbemarkts ausmachen. SEA folgt mit 22,5 Prozent und TV mit 21,0 Prozent.
Die gesamten digitalen Werbeausgaben werden 2022 zum ersten Mal über 60 Prozent des weltweiten Werbemarktes erreichen (61,5 Prozent). Bis 2024 wird dieser Anteil sogar auf 65,1 Prozent steigen.
Marken müssen Online-Video Ads intelligent nutzen, um die TV-Inflation zu bremsen
TV-Werbung ist nach wie vor der einfachste Weg, um in der breiten Bevölkerung Awareness für eine Marke zu schaffen, trotz anhaltender Reichweitenverluste zugunsten der digitalen Medien. Die Abhängigkeit der Marken von TV befördert eine rasante Medieninflation. Zenith prognostiziert, dass die Kosten für Fernsehwerbung im Jahr 2022 um 11 Prozent steigen werden, verglichen mit 4 Prozent für Out-of-Home, 3 Prozent für Digital Display, 2 Prozent für Radio und null für Print. Die Werbetreibenden werden sich deshalb mit ihrer Abhängigkeit von einem Medium auseinandersetzen müssen, das immer weniger Zuschauer zu immer höheren Preisen erreicht.
Im Vergleich zu TV sind Online-Video-Ads fragmentiert und aufwändiger zu steuern. Mehrere Plattformen liefern Inhalte über mehrere Geräte auf mehrere Bildschirme, während die Ads oft eine Kette von Auktionsplattformen, Werbenetzwerken und Content-Delivery-Netzwerken durchlaufen, bevor sie den Konsumenten erreichen. Dennoch lohnt es sich: Durch Investitionen in Daten- und Planungstechnologien und den Aufbau von Partnerschaften mit Anbietern können Werbungtreibende Online-Video-Ads nutzen, um ihre Reichweite zu erhöhen und ihre Kosten zu senken. Zenith prognostiziert, dass die Ausgaben für Online-Videowerbung von 62 Mrd. US-Dollar im Jahr 2021 auf 91 Mrd. US-Dollar im Jahr 2024 ansteigen werden. Damit werden Online Video Ads zum ersten Mal 50 Prozent des TV-Volumens übersteigen.
„Da sich die Menschen immer mehr auf digitale Technologien verlassen, um sich zu vernetzen, sich unterhalten zu lassen und einzukaufen, spielt digitale Werbung eine immer größere Rolle für das Wachstum von Marken", sagte Jonathan Barnard, Head of Forecasting bei Zenith. "Wir erwarten, dass der Werbemarkt in den nächsten drei Jahren die höchste nachhaltige Wachstumsrate seit dem Jahr 2000 erreichen wird." (red)
1) Die Prognosen dieses Reports wurden vor dem Auftauchen der Omikron-Variante erstellt und sollten auch vor diesem Hintergrund interpretiert werden. Es ist noch zu früh, um eine endgültige Aussage darüber zu treffen, wie sich diese Virus-Variante auf die Werbeindustrie auswirken wird, aber sie hat die Risiken eindeutig erhöht. Vor allem die Sektoren Reisen, Gastgewerbe und der stationäre Einzelhandel sind mit Risiken konfrontiert, während E-Commerce und die damit zusammenhängende digitale Werbung potenziell profitieren könnten.
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