MARKETING & MEDIA
© Frauenring

Frauenring-Diskussion zum Stellenwert feministischer Inhalte in der österr. Medienlandschaft: Alexander Millecker (ATV); Ulli Wish; Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek; Sonja Ablinger (Frauenring); Rainer Nowak (Die Presse); Fritz Dittlbacher (ORF).

corinna kelz 19.06.2015

„Es ist mehr als nur das Binnen-I”

Podiumsdiskussion Hintergründe, Konflikte und Lösungsansätze zum Thema „Frauenpolitik in den österreichischen Medien”

Österreichischer Frauenring lud zur Debatte über kritischen Journalismus, veraltete Rollenbilder und gendergerechte Sprache.

Wien. Am 16. Juni bot der Österreichische Frauenring eine Diskussionsplattform rund um das Thema „Frauenpolitik in den Medien” im Presseclub Concordia.

Unter der Moderation von Sonja Ablinger (Frauenring) debattierten Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, Medienwissenschaftlerin Ulli Weish, Fritz Dittlbacher (ORF), Alexander Millecker (ATV) und Rainer Nowak (Die Presse) den Stellenwert feministischer Inhalte in der österreichischen Medienlandschaft. Einleitend veranschaulichte Maria Pernegger (Media Affairs) ausgewählte Ergebnisse der aktuellen Medienmarktstudie „Frauenpolitik und Medien 2014”.

Ein Orchideenthema

„Frauenpolitik ist derzeit von untergeordneter Bedeutung”, so Pernegger, zeigte sich das Thema im Jahr 2014 doch in den größten Printmedien sogar seltener präsent als in den Jahren zuvor. Mit Ausnahme von ‚Pflichtterminen', wie Weltfrauentag und Equal-Pay-Day, würden heimische Medien feministischen Themen kaum Beachtung schenken, bis auf zwei Ausnahmen. So wurden Binnen-I und Quotenstreit in der SPÖ zwar mehr mediale Präsenz zugesprochen, der Kontext, so Pernegger, verlagere sich jedoch ins Negative. Frauenpolitik bleibe zudem oft nur Randnotiz, werde als Orchideenthema wahrgenommen, wobei durchaus ein „großes Gefälle zwischen Boulevard- und Qualitätsmedien” zu verzeichnen sei.

Nur die ‚G’schicht' zählt

Mit dem Ungleichgewicht in der österreichischen Berichterstattung wolle auch Heinisch-Hosek oftmals konfrontiert worden sein. Es sei „schade, dass die Frauenthemen nur als Aufreger Aufmerksamkeit erlangen”, so Heinisch-Hosek und appellierte dabei an die anwesenden Medienvertreter: „Es kann net nur a G’schicht sein, wenn's negativ ist.”
Eine andere Perspektive veranschaulichte Dittlbacher, indem er konstatierte, dass Medien „Politik nicht machen, sondern darüber berichten” sollten. Dies stelle, mangels öffentlichen Presseaussendungen, jedoch eine Herausforderung dar, welche der ORF mit seiner Datenbank „New Faces” zu bewältigen versuche. Dass kleinen feministischen Initiativen dazu der monetäre Hintergrund fehle, wurde im Anschluss von Sprecherinnen aus dem Publikum angemerkt.
Als klassische Aufregerthemen standen im Verlauf der Diskussion Andreas Gabalier mit der Töchter-Debatte und Marcus Franz' Standpunkt zum Po-Grapsch-Paragrafen im Zentrum. Die mediale Reaktion auf die ‚G’schichtn'? Während Dittlbacher betonte, der ORF habe Franz zu diesem Zeitpunkt „keine Bühne geboten”, sondern „versucht, eine lebendige Pro-und-Contra-Diskussion zu veranstalten”, führte Nowak den Vorteil der Presse ins Feld, kein Massenmedium zu sein. „Ob man eine Geschichte daraus macht, ist eine bewusste Entscheidung”, so Nowak.
Gleichgesinnt zeigte sich Millecker: „Einen Schlagersänger abzubilden, sehe ich nicht unbedingt als wesentlich für die politische Debatte”, genauso stehe er der Geschichte mit Franz gegenüber. Auf kommunikationswissenschaftlicher Basis begründete Weish, dass sich das Dilemma durch den „Drive an Rechtspopulismus, der sich in den Medien widerspiegelt”, verstärkten Anpassungseffekt und der Tatsache, dass Frauen „alles andere als eine homogene Gruppe” seien, entwickelt habe.

Keine Opferrolle mehr

Als kollektiver Wunsch kris-tallisierte sich die Hoffnung auf das Verblassen stereotypisierter Rollenbilder heraus. „Wir Feministinnen würden uns differenziertere Debatten wünschen, statt immer nur die Opferrolle”, so Heinisch-Hosek. Ein weiterer Lösungsvorschlag fand sich im größeren Verantwortungsbereich der Frauenministerin in der Alltagspolitik. Man müsse, plädierte Heinisch-Hosek, Feminismus nicht länger in der Opferrolle, sondern als Herrschaftskritik wahrnehmen. Ein Schritt in die richtige Richtung, vermerkte das weibliche Publikum, wäre schon durch den Alltagsgebrauch geschlechtergerechter Sprache gesetzt.
Infos zur Studie und die Studie unter: www.mediaaffairs.at

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL