Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
BILANZ. Es war, wieder, ein anspruchsvolles Jahr in der heimischen Medienlandschaft. Der Entwurf zur Qualitätsjournalismusförderung, zu Jahresbeginn von der neuen Medienministerin Susanne Raab als „zentrales Vorhaben” vorgestellt, enttäuschte. Weil primär große Medienhäuser von der Förderung profitieren, weil die Mitgliedschaft im Presserat weiterhin kein Kriterium ist, weil das Ressort „Wissenschaft” auch in Zeiten grassierender Wissenschaftsfeindlichkeit nicht zählt, weil Online-Medien erst ins Raster passen, wenn sie beinahe unerreichbare Volumina publizieren … Kurz: Weil „Qualität” in der Qualitätsjournalismusförderung nach wie vor nicht vorrangig von Bedeutung ist.
Abseits des Biotops staatlich geförderter Medien kämpfen viele Verlagshäuser schlicht ums Überleben. Weil Info samt Entertainment zur kostenfreien Commodity erklärt wurden, weil das Printzeitungsabo der TikTok-App gewichen ist – und auch die gelungene Transition von Printtiteln zur auf allen Kanälen präsenten Medienmarke oft nicht mehr vor dem Niedergang schützt. Dazu passt die Quasi-Einstellung der Wiener Zeitung, der ältesten (noch) erscheinenden Tageszeitung der Welt, die „primär als Online-Medium” geführt werden soll.
Doch es gibt auch Lichtblicke bzw. – um wieder einmal zart kontextbefreit Joseph Schumpeter zu zitieren: „Prozesse der kreativen Zerstörung”. Der berüchtigte Wochenblick stellt jetzt seine Berichterstattung in Print und online ein. Eine Prüfung der wirtschaftlichen Situation habe ergeben, „dass der Betrieb nicht länger haltbar ist”, so Geschäftsführer Norbert Geroldinger auf der Website. Das vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands als „rechts außen” eingestufte Medium ist die Propagandaschleuder der heimischen Verschwörungstheoretikerszene. Oder, im O-Ton: „Der Wochenblick zeigte auf, dass Klima-Hype, Gender-Politik und Coronapandemie nur Teile der lang geplanten Globalisten-Agenda des ‚Transhumanismus' sind.” Damit findet 2022 vielleicht doch noch ein versöhnliches Ende.