WIEN/MENLO PARK. Algorithmengesteuerte Information und bedrohte Pressefreiheit, zwischen diesen Polen bewegte sich die EU-Medienkonferenz am Montag zum Abschluss. Mogens Blicher Bjerregaard vom Europäischen Journalistenverband (EFJ) bezog sich im zweiten Punkt auch direkt auf die jüngsten Debatten in Österreich. Im ersten Punkt versicherte Facebook-Vertreter Thomas Myrup Kristensen, man strebe Verbesserungen an.
Bjerregaard erinnerte an die vor kurzem ermordete bulgarische Journalistin Viktoria Marinova. Derzeit sei nicht klar, ob die Tat in Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit stehe. Doch es sei nicht der erste Mord an einem europäischen Journalisten in jüngster Zeit. Das Klima werde schärfer. "Es beginnt mit Drohungen, mit der leichten Verschärfung von Regeln", sagte er und verwies auf das Schreiben aus dem österreichischen Innenministerium, das weniger Informationen für "kritische" Medien vorsah. "So fängt es an", warnte Bjerregaard und forderte: "Wir brauchen Regierungen, die Medienfreiheit unterstützen."
Im Abschluss-Panel setzten sich die Teilnehmer mit "Desinformation, Qualitätsjournalismus und Medienkompetenz" auseinander und vor allem mit der Rolle, die Facebook dabei spielt. Denn mit Thomas Myrup Kristensen saß ein hochrangiger Vertreter des Netzwerks in der Runde, er leitet das Brüssel-Büro des Konzerns und ist Managing Director für EU-Angelegenheiten.
Er musste sich unter anderem Kritik der österreichischen Journalistin Ingrid Brodnig anhören, dass der Algorithmus von Facebook Emotionen - insbesondere negative - bevorzuge bzw. entsprechende Inhalte höher ranke. Facebook solle seine Software und entsprechende Daten transparent machen, um Forschung darüber zu ermöglichen, meinte sie.
Belohnt der Algorithmus tatsächlich emotional mobilisierenden Content? "Vielleicht", antwortete Kristensen. "Aber wir haben Änderungen am Algorithmus vorgenommen", versicherte er. Man gewährte Forschungsteams, zumal mit Fokus auf Wahlzeiten, sehr wohl Einblick, auf dass sie analysieren können, welche Auswirkungen Interaktionen hätten. Facebook habe Phänomene wie "Fake News" wohl etwas spät als Herausforderung erkannt, räumte er ein. Doch man arbeite nun an vielen Maßnahmen, um den Diskurs zu entzerren.
Für die Europäische Kommission ist all das auch ein "wichtiges Thema", eine Regulierung "von Brüssel aus" sei allerdings schwierig meine Giuseppe Abbamonte von der Kommission mit Blick auf das Subsidiaritätsprinzip. Man habe aber einen Verhaltenskodex erarbeitet, der von Plattformen - auch Facebook - unterschrieben werde. Dabei gehe es unter anderem um Transparenz von politischer Werbung, um den Kampf gegen Fake Accounts oder Quellenqualität. Für die EU-Wahl soll es auch ein Netzwerk von europäischen Faktencheckern geben.
Als ein Projekt, das die Nutzer aus ihren Filterblasen holen will, präsentierte Dario Nassal "The Buzzard": Eine Plattform aus Deutschland, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Großthemen aus allen Blickwinkeln zu beleuchten und den Usern Pro- und Contra-Informationen zu bieten. Denn nicht nur falsche Informationen seien das Problem, sondern auch das "Framing" von Fakten. (APA)