WIEN / WELS. Anfang 2020 galt das in vielen Branchen noch als Zukunftsmusik, Corona machte es innerhalb weniger Monate zur Realität. Dieser beschleunigte Umsturz ist für viele Unternehmen ein Überlebenskampf, den Ausschlag macht dabei wie so oft das Marketing. Gerade hier ist schnellstmögliche Anpassung daher Trumpf, die Trends für 2021 zu verschlafen keine Option.
Das Rad muss nach Corona nicht neu erfunden werden. Was vor der Pandemie noch als dringende Empfehlung galt, ist inzwischen jedoch zur absoluten Notwendigkeit geworden. Insbesondere die Digitalisierung hat durch die Krise einen völlig neuen Stellenwert bekommen, wie Thomas Saliger, Marketingleiter bei XXXLutz, unterstreicht: „Der Shutdown kam praktisch über Nacht, wir mussten alle Filialen in Europa schließen. Auf so ein Szenario waren auch wir nicht vorbereitet, damit hat niemand gerechnet. Natürlich haben sich da sehr kurzfristig sämtliche Prioritäten verschoben. Unser Vorteil in dieser Situation war sicher, dass wir das Thema Digitalisierung im Marketing schon seit vielen Jahren sehr konsequent vorantreiben.“
Die Eroberung und Bewirtschaftung des virtuellen Raums ist allerdings nur der erste Schritt einer langen Reise. Das Ziel bestimmt im modernen Marketing nicht mehr das Unternehmen, sondern der Kunde. „Er will frei wählen können, ob er ein Produkt digital oder analog kauft. Der Shutdown hat zu einem starken Anstieg bei Onlineabschlüssen und der Nutzung hilfreicher Services geführt. Zugleich haben aber auch traditionelle Werte wie Vertrauen, Nähe und Sicherheit und damit die persönliche Beratung wieder an Bedeutung gewonnen, erläutert Nina Tamerl, Head of Innovation& Marketing | Digital Development & Data Science bei der Wüstenrot Gruppe. Nachhaltigkeit sei dem Kunden ein ebenso großes Anliegen. „Er fordert von einer Marke nicht nur, dass sie Nachhaltigkeit lebt. Durch die Nutzung der Marke möchte er diese Nachhaltigkeit auch auf sich selbst übertragen wissen“, so Tamerl. Vor allem wolle der Kunde aber individuell angesprochen werden. Die Massenabfertigung hat ausgedient, die persönliche, datenbasierte Note ist ein Muss.
Personalisiert und relevant
„Personalisierung, datenbasiertes Marketing und Marketing-Automatisierung sind die drei stärksten Trends, auf welche wir uns vorbereiten müssen“, erklärt Wolfgang Erlebach, CEO von Premedia. Der IT-Dienstleister optimiert beispielsweise für XXXLutz und Wüstenrot die Verwaltung und Steuerung des Marketing-Contents. Die neue Herausforderung besteht nun darin, für die gewünschte Zielgruppe relevant zu sein; die Inhalte müssen den Kunden zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Kontext treffen.
Das bestätigt auch eine Studie von Deloitte, die im April 2020 und damit nach dem ersten Peak der Pandemie in Europa durchgeführt wurde. 58% der Befragten gaben an, sich an mindestens eine Marke erinnern zu können, die sich schnell auf ihre Bedürfnisse einstellte. 82% gaben an, dass sie deshalb mehr Produkte oder Services dieser Marke konsumierten. Schnelle, maßgeschneiderte Lösungen sind also gefragt. Die entscheidende Frage lautet folglich nicht „Digital oder analog?“, es geht vielmehr darum, analoges Marketing digital zu denken und die perfekte Abstimmung zu finden.
„Wir produzieren beispielsweise mit Premedia auch Folder und andere Druckwerke“, erläutert Nina Tamerl. „Überlegungen zur Einstellung gedruckter Werbemittel haben wir schnell wieder verworfen, da im stationären Vertrieb der Folder nach wie vor ein wichtiges Tool ist, um unsere Produkte und digitalen Services angreifbarer und verständlicher zu machen. Das zeigt: Digital und Analog gehen durchaus einher“, so Tamerl. „Es gibt kein Entweder-oder, es ist ein hybrides Miteinander – im Vertrieb wie auch im Marketing.“
Was nach einer Mammutaufgabe klingt, wird mit der passenden Technologie zum ressourcenschonenden Kraftpaket, das den Kunden im wahrsten Sinn des Wortes rundum zufriedenzustellt. Dieses Potenzial will auch Thomas Saliger nicht ungenutzt lassen: „Ich sehe das Zusammenwachsen der digitalen und klassischen Kanäle als eine der größten Chancen für die kommenden Jahre. 2020 hat uns gezeigt, wie wichtig ein Ineinandergreifen dieser beiden Bereiche ist. Unsere Kunden erwarten an allen unseren Touchpoints relevante und personalisierte Informationen, die Digitalisierung der klassischen Marketing-Prozesse ist dafür ein notwendiger und wichtiger Schritt.“
Marketer müssen sich in den kommenden Jahren demnach breiter aufstellen als bisher. Digitalisierung und Automatisierung, Personalisierung und Nachhaltigkeit sind zu den Eckpfeilern der Branche geworden. Schnelle Anpassungsfähigkeit und ein fliegender Wechsel zwischen individuell bespielbaren Kanälen sind Pflicht, um nach Corona am Ball zu bleiben. (red)
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