WIEN. Am Mittwochfrüh, 6. Oktober 2021, ist es zu mehreren Hausdurchsuchungen im Umfeld der ÖVP gekommen; die Ermittler interessierten sich für Daten und Unterlagen von engen Vertrauten von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Betroffen waren Kanzlersprecher Johannes Frischmann, Medienbeauftragter Gerald Fleischmann, Berater Stefan Steiner und deren Arbeitsplätze im Kanzleramt und in der ÖVP-Zentrale in der Lichtenfelsgasse, bestätigte ein Sprecher von Kurz gegenüber der APA.
Laut APA geht es auch um Inseraten-Deals mit Wolfgang Fellner
Die Volkspartei hatte bereits in den vergangenen Tagen öffentlich mit Hausdurchsuchungen spekuliert und entsprechende Gerüchte unter Journalisten beklagt. Die Hausdurchsuchungen dürften eher nicht im Zusammenhang mit dem U-Ausschuss und den Casino-Ermittlungen stehen, sondern mit neuen Vorwürfen rund um Zeitungsinserate, wie Presse und Kurier online berichten.
Nach Informationen der APA - für alle handelnden Personen gilt die Unschuldsvermutung - geht es um Deals mit Österreich-Herausgeber Wolfgang Fellner noch vor Kurz' Zeit als Regierungschef.
Auch Kanzler Kurz soll als Beschuldigter geführt werden
Laut dem Ö1-"Mittagsjournal" sollen Bundeskanzler Kurz selbst wie auch der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium und Öbag-Chef Thomas Schmid unter den Beschuldigten sein. Neben Bestechung und Bestechlichkeit gehe es auch um Untreue, zitierte Ö1 aus der Anordnung zur Hausdurchsuchung. Der Kern der Vorwürfe lautet, dass Umfragen im Interesse der ÖVP per Scheinrechnungen als Leistungen für Studien des Finanzministeriums abgerechnet worden seien, also das Finanzministerium Umfragen für Kurz bezahlt habe, berichtet Ö1.
Zudem soll mit der Tageszeitung Österreich eine Vereinbarung getroffen worden sein, dass im Zusammenhang mit irrelevanten Umfragen Inserate geschaltet wurden, lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft Ö1 zufolge.
Kurz soll den damaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Schmid, beauftragt haben, diese Vereinbarung zu treffen. Ferner soll der Kanzler die ehemalige Ministerin Sophie Karmasin überredet haben, sich an Tathandlungen zu beteiligen, indem er einzelne Fragestellungen in Auftrag gegeben habe, die nur parteipolitischen Zwecken dienten.
Auslöser für die Hausdurchsuchungen seien einmal mehr Chats von Schmid gewesen. Laut Presse ermittelt die Staatsanwaltschaft neben den von der Hausdurchsuchung Betroffenen sowie gegen die ehemalige Familienministerin und Meinungsforscherin Sophie Karmasin, die Meinungsforscherin Sabine Beinschab, die Mediengruppe "Österreich", sowie Helmuth und Wolfgang Fellner. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bestätigte das auf APA-Anfrage nicht, kündigte aber eine Information im Laufe des Tages an.
ÖVP spricht von Showeffekt
Die stellvertretende ÖVP-Generalsekretärin Gabriela Schwarz sprach in einer Aussendung jedenfalls von mehreren im Umfeld der Volkspartei stattfindenden Hausdurchsuchungen. Sie zeigte sich sprach- und fassungslos, dass diese bereits vor Wochen gegenüber Journalisten angekündigt worden seien. Offenbar gehe es um den "Showeffekt".
Empört zeigte sich am Rande des Ministerrats ÖVP-Klubchef August Wöginger. Er sprach von einer "Unzahl an falschen Behauptungen". Es gebe immer die gleichen konstruierten Vorwürfe, die einzig als Ziel hätten, der Volkspartei und Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu schaden. Die ÖVP werde dem politisch wie juristisch entgegentreten.
Wolfgang Fellner dementiert
Ausführlich zu den Vorwürfen nahm auch die Mediengruppe "Österreich" Stellung. So heißt es da unter anderem zum Vorwurf der manipulierten Umfragen: „Die Mediengruppe "Österreich" führt seit Gründung der Tageszeitung Österreich - so wie die meisten anderen Tageszeitungen - regelmäßige Umfragen zur politischen Entwicklung in Österreich durch. Diese Umfragen wurden über viele Jahre vom Gallup-Institut durchgeführt. Als die Leiterin von Gallup, Sophie Karmasin, Ministerin in der großen Koalition wurde, wurden die Umfragen bei Gallup gestoppt, um einen "Conflict of Interest" zu vermeiden. Nach einer Ausschreibung wurde der Umfrage-Auftrag in der Folge an das unabhängige "Research Affairs"-Institut übergeben. Für jede dieser - meist in 14-tägigem Abstand durchgeführten - Umfragen gibt es einen Auftrag durch die Mediengruppe "Österreich" und eine Bezahlung jeder Umfrage durch die Mediengruppe "Österreich" nach marktüblichen Preisen.“
Am Ende der Stellungnahmen hießt es: „Die Behauptung, Österreich hätte für Umfrage-Veröffentlichungen Inseraten-Gelder erhalten, die andere Tageszeitungen nicht erhalten haben, ist damit definitiv falsch. Wir legen Wert auf die Feststellung, dass niemals Inseratengelder des Finanzministeriums als Bezahlung für Umfragen an die Tageszeitung Österreich bezahlt wurden.“ (red)