WIEN. Zum sechsten Mal zeichneten Infoscreen und KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien heuer die Gewinner des Kurzfilm-Wettbewerbs „20 Seconds for Art“ aus. Der Wettbewerb wurde 2013 ins Leben gerufen und wird seither alle zwei Jahre durchgeführt. 2024 wurden insgesamt 164 jeweils 20-sekündige Kurzfilme zum Thema „Gemeinschaft 3.0. Öffentlicher Raum im digitalen Zeitalter“ eingereicht. Ende Mai kürte eine hochkarätig besetzte Expertenjury die fünf besten Beiträge. Die Gewinner dürfen sich nicht nur über ein Preisgeld von je 1.000 Euro freuen. Ihre Kurzfilme werden in einem Public Screening auch einem Millionenpublikum präsentiert. Ab 8. Juli 2024 sind diese acht Wochen lang auf allen Infoscreens in und um die Öffis in Wien, Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck, Klagenfurt, Wels, Bregenz und Eisenstadt zu sehen – das sei gewissermaßen ein „Heimspiel“ vor Millionenpublikum für die Kurzfilme, freut sich Infoscreen-Geschäftsführer Sascha Berndl.
„Das heurige Wettbewerbsthema „Gemeinschaft 3.0. Öffentlicher Raum im digitalen Zeitalter“ hat sich fast zwangsläufig ergeben“, erklärt Martina Taig, Geschäftsbereichsleitung KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien. Die virtuelle Welt werde in der Kunst als Teil des öffentlichen Raums gesehen. Die diesjährigen Beiträge hätten einmal mehr deutlich gemacht, dass Kunst im öffentlichen Raum nicht nur im Spannungsfeld von Kunst, Gesellschaft und Gesellschaftspolitik agiere, sondern auch eine aktive Rolle in dessen Gestaltung, Wahrnehmung und Aneignung übernimmt. „Das ist die gemeinsame Botschaft aller fünf – gestalterisch völlig unterschiedlichen – Gewinnerfilme. Dank der Zusammenarbeit mit Infoscreen können alle fünf nun auch in den öffentlichen Zonen in und um die öffentlichen Verkehrsmittel betrachtet und diskutiert werden“.
Über die große Zahl an Einreichungen freut sich auch Veronica Kaup-Hasler. Die Wiener Kulturstadträtin betont, dass das ein Zeichen für eine große Bereitschaft sei, sich mit der Erweiterung des öffentlichen Raums ins Digitale auseinanderzusetzen. „Die 20-sekündigen Stummfilme zeigen Orte der Aufmerksamkeit, aber auch Ignoranz, verschmutzte und ökologisch gefährdete Räume und fangen die Flüchtigkeit des Urbanen ein. Insbesondere sind die Filme aber eine Einladung der Preisträgerinnen und Preisträger, auch andere Perspektiven auf die buchstäblich vor unseren Füßen liegende Welt zu werfen“, sagt Kaup-Hasler.
Die digitale Öffentlichkeit – von Umweltverschmutzung bis zur Informationsflut
Am 28. Mai 2024 haben die Juroren - Marcello Demner (Managing Director, Demner, Merlicek & Bergmann/DMB), Cornelia Offergeld (Kuratorische Leitung KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien), Stefanie Paffendorf (Infoscreen Programmdirektorin), Eva Sangiorgi (Direktorin der Viennale. Vienna International Filmfestival) und Axel Stockburger (Künstler und Lehrender an der Akademie der Bildenden Künste Wien), aus den 164 Einreichungen die fünf besten Arbeiten ausgewählt. Ihre Entscheidung haben sie folgendermaßen begründet: In Form einer ausschnitthaften Momentaufnahme setzt sich „the digital eclipse of the ego“ von Nigel Gavus und Fred Plocque Santos mit der knappen Ressource „Aufmerksamkeit“ im digitalen Zeitalter auseinander. FOMO-Aspekte, die Obsession mit mobilen Endgeräten oder der endlose Konkurrenzkampf zwischen spektakulären wie unkonventionellen Handlungen und Swipen, Selfies und Social Media werden im Kurzfilm dargestellt.
Luca Granato’s „Das Meer pflügen“ veranschaulicht die Herausforderungen und die Ohnmacht des Einzelnen angesichts der Informationsflut. Mit kraftvollen Bildern schafft der Kurzfilm die Metapher einer liquiden, fluiden digitalen Kultur. Er wirft viele Fragen auf und erlaubt den Betrachter:innen eine individuelle Beantwortung.
„Neon Traces“ von Alexander Klapsch, Moritz Kühn und Sophie Schwarz, thematisiert die Sichtbarmachung digitaler Strukturen im öffentlichen Raum. Trotz eines hohen Abstraktionsgrades regt der Kurzfilm bei genauerem Betrachten zum Nachdenken an. Es werden prekäre Arbeitsverhältnisse in der Plattform-Ökonomie und Veränderung im urbanen Stadtbild durch unsichtbare Strukturen zum Thema gemacht.
„Footprints“ von Anna Vasof konnte mit einer klaren Botschaft überzeugen. Der Film visualisiert das Thema des individuellen ökologischen Fußabdrucks. Denn der mit Digitalisierung verbundene Ressourcenverbrauch gerät häufig in Vergessenheit. „Footprints“ kann mit prägnanter Bildsprache Konsumkritik ausüben und thematisiert den ökologischen Schaden westlich geprägter Lebenskultur.
„Who’s sorry?“ von Dario Wokurka konnte die Jury mit einem Spiel zwischen digitaler und analoger Welt überzeugen. Inhaltlich werden komplexe Themenfelder wie Zensur sowie Verfügbarkeit und Archivierung von digitalem Content auf reduzierte und effektive Art und Weise angesprochen. Der Kurzfilm wirft Fragen zu Informationskontrolle und Steuerungsmechanismen auf.
„Heimspiel“ vor Millionenpublikum
„Das Thema des diesjährigen Wettbewerbs lautet „Öffentlicher Raum im digitalen Zeitalter“. Für die Gewinnerfilme ist es also ein Heimspiel, wenn sie im größten digitalen Nachrichtenmedium im öffentlichen Raum gespielt werden“, sagt Infoscreen-Geschäftsführer Sascha Berndl. Kunst und Kultur haben beim Öffi-TV seit jeher einen hohen Stellenwert. „Dass wir den kreativen Filmschaffenden eine nationale Bühne für ihre kreativen Arbeiten bieten dürfen, freut nicht nur unser gesamtes Team. Die ausgezeichneten Filme sind auch ein unkonventionelles und dadurch äußerst belebendes Element in unserem Programm“, betont Berndl. Die Gewinner:innen von „20 Seconds for Art“ dürfte vor allem freuen, dass das Programm des Öffi-TV 1.87 Millionen Zuseher:innen zwischen Neusiedler- und Bodensee pro Woche sehen.
Gewinnerfilme: unter www.infoscreen.at