Gastbeitrag ••• Von Christian Sauer
Gespannt sehen viele dem 25. Mai 2018 entgegen – die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) tritt in Kraft und reguliert von da an den Datenschutz im europäischen Wirtschaftsraum. Bis jetzt stehen aber noch viele Fragezeichen im Raum – nicht zuletzt für alle Werbetreibenden, die auf die Daten ihrer Kunden angewiesen sind. Ohne ausdrückliche Zustimmung des Webseitenbesuchers ist die Verwendung von Nutzerdaten im bisherigen Umfang undenkbar. Ist Online-Marketing dann noch möglich?
Problem: Opt-In-Schwelle
Als Webseitenbetreiber möchte man wissen, wer die eigene Online-Präsenz besucht – nicht zuletzt, um Absprunggründe zu erfassen, die Usability zu verbessern und somit einen guten Service zu gewährleisten. Die Webanalyse ist ein elementares Tool, um Reichweite und Besucherverhalten festzustellen. Mit der DSGVO kann es notwendig werden, ein Opt-In für gewisse werbebezogene Dienste einzuholen.
Zwei Folgen sind daraus schon jetzt ablesbar: Erstens, ein Großteil der Besucher wird ihr Einverständnis nicht erteilen. Für Onlinewerbende bedeutet das je nach Art des geschalteten Cookie-Layers einen Datenverlust von bis zu 90 Prozent, wenn explizit die Zustimmung der Kunden benötigt wird.
Zweitens kann das Opt-In erst nach dem ersten Seitenaufruf erteilt werden. Dadurch fehlt die erste Page Impression, die die Information über die Einstiegsquelle der Besucher enthält. Klassische Kampagnen- und Customer-Journey-Analysen verlieren damit an Wert, da die Information wegfällt, über welche Marketingkanäle die Besucher gewonnen wurden. Das Opt-In kann so die Aussagekraft von z.B. Customer-Journey-Analysen infrage stellen.
Scheitern von Google Analytics
Google Analytics kann ab dem 25. Mai nicht mehr ohne vorherige Einwilligung (Opt-In) in vollem Umfang genutzt werden. Dies bestätigt der Konzern inzwischen selbst.
Der Grund des Dilemmas: die Verknüpfung von Analytics und weiteren Google-Produkten übersteigt das berechtigte Interesse der Datenverarbeitung, u.a. durch die übergeordnete Profilbildung.
Hierzu möchte ich ein Zitat aus den Datenschutzbestimmungen von Google bringen: „Bei Verwendung von Google Analytics zusammen mit unseren Werbediensten, z.B. solchen, die das DoubleClick-Cookie nutzen, werden Google Analytics-Daten vom Google Analytics-Kunden oder von Google mithilfe von Google-Technologie mit Daten über Besuche auf mehreren Websites verknüpft.”
Für Nutzer war die Verbindung von Webanalyse- und Werbetool bis jetzt komfortabel.
Da mit der DSGVO die dabei stattfindende übergeordnete Profilbildung ohne Einwilligung des Nutzers rechtswidrig ist, scheint ein Opt-In bei Verwendung von Google Analytics unausweichlich.
Und das selbst ohne die Nutzung von z.B. Doubleclick, da Google, so denke ich, weiterhin als Joint-Controller bei der Nutzung von Google Analytics gelten wird. Somit steht man vor dem beschriebenen Opt-In-Problem und einem Datenverlust, der Online-Marketing im bisherigen Rahmen infrage stellt.
Umgehung des Problems
Dieser Verlust ist aber vermeidbar, denn die neue Gesetzgebung nennt auch Beispiele für das berechtigte Interesse eines Unternehmens, nach denen eine Opt-In-freie Datenverarbeitung erlaubt ist. Vor allem der Erwägungsgrund 50 ist für Webanalysen relevant: „Die Weiterverarbeitung (…) für statistische Zwecke sollte als vereinbarer und rechtmäßiger Verarbeitungsvorgang gelten.”
Die Lösung ist also die Grenze zwischen statistischen Zwecken und Profilbildung zu finden. Sogenannte First-Party-Tracking-Lösungen sind hierfür der notwendige Schlüssel.
Sie basieren auf First-Party-Cookies und nutzen die firmeneigene (Sub-)Domain für das Tracking. Eine Internet-weite Profilbildung, wie sie die DSGVO verbietet, wird damit technisch praktisch ausgeschlossen. Gleichzeitig steigert man damit die für das Online-Marketing notwendige Datenqualität. Online Werbende müssen also nicht gänzlich ihre alten Marketingstrategien infrage stellen, nur besser die Vorteile von First-Party-Daten nutzen. Beherzigt man diesen Tipp, kann man auch der Zeit nach dem Inkrafttreten der DSGVO gelassen entgegenblicken.