MARKETING & MEDIA
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Cosima Serban

Redaktion 19.01.2024

Konkurrenzfähige Angebote sind gefragt

Cosima Serban, Agentur digimetive, über den nationalen digitalen Werbemarkt, Google, Meta & Co.

••• Von Dinko Fejzuli

Wie das Finanzministerium Ende vergangener Woche mitteilte, betrugen die Steuereinnahmen aus der Digitalsteuer rund 103 Mio. €. Das entspricht einer Steigerung von 7,4% beziehungsweise einem Plus von rund sieben Mio. € im Vergleich zum Vorjahr (2022: rund 96 Mio. €).

Mit fünf Prozent besteuert, bedeutet das, dass das Volumen der Onlinewerbung in 2023 bei knapp über zwei Mrd. € lag.
Auf den Gesamt-Brutto-Werbeumsatz, den Focus für 2022 auf über 2,5 Mrd. € beziffert hat, bedeutet dies, dass etwas weniger als die Hälfte der Werbegelder vor allem den sogenannten Digitalgiganten zufloss. medianet bat Cosima Serban, Gründerin der Digitalagentur digimetive, um eine Einordnung der Zahlen.

medianet: Frau Serban, wäre ich Vertreter der österreichischen Werbewirtschaft, würde ich jetzt sagen, dass aktuell gut die Hälfte der in Österreich ausgegebenen Werbegelder laut einer Analyse der Focus-Zahlen und der Höhe der Werbe- bzw. Digitalsteuer ins Ausland abfließt – für viele hier ein eher unbefriedigender Zustand. Wie ordnen Sie, als jemand der sich, was die Medienkanäle betrifft, in quasi beiden Welten bewegt, diese Entwicklung ein?
Cosima Serban: Dieser Trend ist nicht nur in Österreich, sondern europa- und weltweit zu beobachten. Das spiegelt die globale Natur des Internets, die Struktur der digitalen Plattformen und die Präferenzen und Affinitäten ihrer Nutzerschaften wider. Werbetreibende nutzen diese Kanäle aufgrund ihrer Reichweiten, fortschrittlichen Targeting-Optionen, flexiblen, Ort- und Zeit-unabhängigen Optimierungsmöglichkeiten und niedrigen Durchschnittskosten.

Als Unternehmen muss man bestimmte Ziele erreichen, dabei oft (Media-)Budget sparen und die richtigen Leute dort ansprechen, wo sie unterwegs sind. So liegt der Fokus auf Effizienz und Effektivität und somit auf der Kanalauswahl mit den besten ROAS- und ROI-Werten.

medianet: Worin liegt denn die hohe Attraktivität der digitalen Werbeplätze von Google, Facebook & Co? Ein Argument ist also der deutlich unterschiedliche TKP?
Serban: Der Zugang zu großen und vielfältigen Zielgruppen und der hohe Grad an Personalisierung und Targeting-Möglichkeiten, gepaart mit umfangreichen Datenanalysen, macht sie attraktiv. Der TKP, der sich auch dort auswerten lässt, kann aufgrund dieser Effizienz und Zielgenauigkeit niedriger sein als bei traditionellen Medien. Die Möglichkeit, CPC- und CPV-basiert zu buchen und CPA-basiert zu optimieren, ist außerdem sehr praktisch. Man zahlt dadurch nicht für die Ausspielung, sondern für die Interaktion. Wer mit Google Ads, Meta & Co. direkt konkurrieren möchte, braucht vergleichbare Angebote, die auf derselben Buchungsbasis eingekauft werden können. Wer nicht über den Preis konkurrieren kann oder will, muss stattdessen eine einzigartige und unschlagbare Palette an Alternativen bieten.

medianet:
Aber sind die digitalen Werbeplätze überhaupt vergleichbar? Hier quasi Pay per View und bei Google & Co Pay per Click?
Serban: Ein direkter Vergleich zwischen den lokalen Medien und internationalen Performance Self-Service-Tools funktioniert nicht, denn sie bieten fundamental Unterschiedliches an, andere Formate, Buchungs- und Optimierungsmodalitäten. Rein über Werbegelder im direkten Vergleich zu sprechen, macht nur auf einer wirtschaftspolitischen Ebene Sinn. Die Realität der Umsetzungsmöglichkeiten und Funktionsweisen braucht eine klare Differenzierung und Berücksichtigung mehrerer Aspekte. Lokale Medien, Google Ads, Meta & Co. stellen keine Alternativen füreinander dar, sondern sind komplementäre Werbemöglichkeiten, die auch andere Strategien, Setups und Kreativkonzepte voraussetzen und andere Ziele erfüllen; das vor allem im Performance-Bereich.

Wenn wir isoliert über Programmatic Advertising sprechen, wo der Buchungsfokus ohnehin auf TKP ausgerichtet ist, sind die Angebote unter­einander besser vergleichbar. Die Argumentation für die kuratierten Premiumplatzierungen und gegen die unkontrollierte Massenausspielung über Open Auction bei Google DV360 & Co. funktioniert wesentlich besser. Österreichische Medien können gewinnen, vorausgesetzt, ihre Deals sind attraktiv gestaltet.

medianet: Ein Argument heimischer Kanäle für österreichische Werbeplätze ist der aus deren Sicht weit verbreitete Ad Fraud internationaler Konzerne, also der Betrug bei digitalen Werbeanzeigen, wo kein echter Mensch, sondern etwa ein Bot die Werbung ‚sieht'. Wie schätzen Sie hier die Situation ein?
Serban: Große Plattformen haben Maßnahmen ergriffen, um das zu bekämpfen, aber es bleibt eine Herausforderung. Advertisers müssen wachsam sein und können z.B. Ad-Verification-Tools nutzen, um sicherzustellen, dass ihre Werbung von echten Menschen gesehen wird. Dadurch jedoch, dass man in keines der lokalen oder internationalen Systeme hineinschauen kann, muss man annehmen, dass Ad Fraud und Bot Traffic überall gleich gefährlich sind. Diese Probleme hängen nicht mit einer spezifischen Website oder Plattform zusammen, sondern damit, dass sie Teil des Internets sind.

medianet:
Was kann oder sogar muss man als Auftraggeber tun, um sicherzustellen, dass die eigene Werbung auch auf den richtigen Seiten gesehen wird? Dinge wie White-Listing bzw. Black-Listing gäbe es ja. Sind hier die Auftraggeber nicht auch in die Verantwortung zu ziehen?
Serban: Bei Google Ads, Meta & Co. oder im Bereich Programmatic Open Auction (über Google DV360 & Co.) kann und sollte man mit White- und Blockier-Listen arbeiten, um die Ausspielung auf ungewünschten Seiten zu vermeiden. Die Placements sind beim Setup und jederzeit nachher, bis ins kleinste Detail, einstellbar und kontrollierbar. Wenn Marken Brand Safety- und Brand Suitability-Schwierigkeiten erleben, liegt es nicht am Tool per se, sondern an der Sorgfältigkeit, mit der ein Setup implementiert wurde. Es ist eher eine Frage der Expertise, Liebe zum Detail, Ressourcen, Zeit und nicht zuletzt Betreuungskosten, die korrekte Setups für saubere Ausspielungen und laufende Optimierungen ermöglichen.

medianet:
Kommen wir zu den Werbe-Volumina zurück. Sehen Sie in der Entwicklung, dass immer mehr Werbegeld zu Meta & Co abfließt, auch eine Gefährdung des österreichischen Werbestandorts und könnte dies nicht am Ende zur Falle für heimische Werbetreibende werden, weil es irgendwann keine heimischen Reichweitenbomber mehr geben könnte?
Serban: Die Verschiebung von Werbegeldern zu globalen Plattformen könnte lokale Medienunternehmen unter Druck setzen. Dies könnte die Vielfalt und Qualität lokaler Medieninhalte beeinträchtigen. Wobei Medienqualität durch journalistische Professionalität und nicht durch die Höhe der Werbeeinnahmen definiert werden sollte.

medianet:
Manche folgern aus dieser Entwicklung einen schweren Schaden für den heimischen Werbestandort. Wie realistisch ist das?
Serban: Ob das zu der seit Jahren gefürchteten katastrophalen Gefährdung des österreichischen Werbestandorts führen wird, ist noch schwer mit Genauigkeit zu prognostizieren. Wenn man es positiv betrachten würde, würde man die Chance identifizieren, an Innovationen, kompetitiven Alternativen und neuen Formatoptionen zu arbeiten. Es ist eher wichtig, ein Gleichgewicht zu finden, das lokale Medien unterstützt, während man die Vorteile globaler Plattformen nutzt. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, erhalten lokale Medien jede Menge Förderungen, die eine zusätzliche Unterstützung bieten.

Angesichts der Meinungen aus dem Markt frage ich mich, was das größere Problem darstellt: dass die Giganten in Österreich keine oder zu wenige Steuern zahlen, oder dass lokale Medien immer seltener und zu wenig gebucht werden – zwei stark unterschiedliche Problemstellungen mit unterschiedlichen Ursachen und Lösungsmöglichkeiten.

medianet: Und von der anderen Seite betrachtet – wie wichtig sind die Reichweiten der Digi-talgiganten für die Entwicklung eines gesunden österreichischen Digital-Werbemarkts?
Serban: Die großen Reichweiten der Giganten sind für Kampagnen unerlässlich. Für eine gesunde Medienlandschaft ist es jedoch wichtig, dass auch lokale Medien überleben und gedeihen können. Aus der Perspektive der Werbetreibenden ist es wichtig, zuerst die eigenen Ziele, Zielgruppen und Budgetprioritäten zu definieren. Die Vielfalt und Pluralität der Umsetzungen und Buchungen werden den Schlüssel zum langfristigen Erfolg bilden.

Vollständig ersetzen und ausschließen werden sich die lokalen und internationalen Medien gegenseitig nicht; so müsste der Fokus mehr auf den Lösungen liegen, die sich aus dem Status quo ergeben. Verbesserung, Fortschritt und letztendlich mehr Umsatz entstehen durch Innovation, neue Ideen und Qualität in ihren vielfältigen Ausprägungen, weniger durch die Kritik anderer und den Stillstand innerhalb des eigenen Angebots.

Cosima Serban ist Gründerin und Inhaberin der Digital Agentur digimetive
https://cosimaserban.com

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