WIEN. Die "Kronen Zeitung" hegt weiterhin keinerlei Absichten, sich dem Presserat zu unterwerfen. "Was es in nächster Zeit nicht geben wird, ist eine Mitgliedschaft beim Presserat", sagte Krone.at-Chefredakteur Richard Schmitt am Dienstagabend bei einer Veranstaltung. "So, wie das derzeit gestaltet ist, ist das nicht ganz durchschaubar."
Vor Kurzem hatte "Österreich" immerhin eine sogenannte Selbstverpflichtung beim Presserat hinterlegt. Das heißt, dass es den Ehrenkodex der österreichischen Presse akzeptiert und Entscheidungen des Presserats auch gegen die Zeitung veröffentlicht werden. Dass dieser Schritt mit einem Bonus in einer reformierten Presseförderung zu tun haben könnte, stellte "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner in Abrede.
Die "Kronen Zeitung" wird wohl gar nicht in Verlegenheit kommen, so eine Frage zu beantworten. Denn dort zeigt man weiter keine Lust, den Ehrenkodex zu akzeptieren. 2016 hatte der Presserat 13 Verstöße des Kleinformats gegen den Ehrenkodex festgestellt.
Man halte das Selbstkontrollorgan der österreichischen Presse für zu wenig transparent, meinte Schmitt sinngemäß. "Soeben ist das vierte Verfahren gegen meine Person wieder eingestellt worden - ich weiß nicht, auf was für einer Basis diese Entscheidung getroffen wurde." Es werde "schwierig, wenn Kollegen über Kollegen urteilen. Ich habe da so meine Bedenken, und die wird man so schnell nicht entkräften." Schmitt selbst stand zuletzt in der Kritik, nachdem er eine mit öffentlichen Mitteln geförderte Schreibreise der Autorin Stefanie Sargnagel angeprangert hatte.
Kommunikationswissenschaftler Matthias Karmasin hielt ihm allerdings entgegen, dass die "Krone" wohl mehr über die Presserats-Verfahren erfahren könnte, wenn sie Mitglied sei. Dass nicht gleiche Regeln für alle Marktteilnehmer gelten, hält er für ein "Strukturproblem".
Thema der Diskussionsveranstaltung der ORF-Public-Value-Unit waren "Fakten" - bzw. die Debatte über Fake-News und Falschmeldungen. Den Medienkonsumenten riet Karmasin, "wachsam zu sein, mehrere Medien und mehrere Quellen zu nutzen und sich auf jedem Fall aus Wohlfühlfilterbubbleblasen rauszubewegen". Schmitt sah das Problem vor allem bei Netzwerken wie Facebook, die keiner Kontrolle unterlägen. Und "wir füttern unseren Feind mit Einschaltungen, damit unsere Stories beworben werden, gleichzeitig wird dieser Konkurrent immer größer".
Lisa Totzauer, Infochefin von ORF eins, appellierte an den "Mut" der Medien, sich für gründliche Recherche Zeit zu nehmen und das den Usern auch transparent zu kommunizieren. "Wir müssen uns nicht treiben lassen, wir müssen nicht rennen wie die Wahnsinnigen, weil irgendeine Geschichte auf Facebok fünf Milliarden Klicks hat." Die freie Journalistin Franziska Tschinderle ("Datum") sah es als eine Aufgabe der Medien, die Debatte über Fake News in einen Kontext zu setzen und "Hintergründe zu beleuchten". Ein Monatsmagazin habe dafür oft genug Zeit, allerdings sei es auch die "Frage, wie man User dazu bringt, lange Geschichten zu lesen". (APA)
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