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© APA/Barbara Gindl

Redaktion 15.12.2023

„Maßgeblich ist die rollierende Inflation”

Die Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien und die Gewerkschaft haben sich auf 8,7 Prozent mehr Gehalt geeinigt.

••• Von Dinko Fejzuli

Allerorts werden aktuell Kollektivvertragsverhandlungen geführt. So auch bei der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien und der Gewerkschaft. Herausgekommen ist ein Plus von 8,7%. medianet bat André Reininger, erster Fachgruppenobmann-Stellvertreter der Fachgruppe Wien, um seine Einschätzung zum Abschluss.


medianet:
Herr Reininger, die Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien und die Gewerkschaft haben sich nach zähen Verhandlungen auf einen KV für 2024 geeinigt. Warum waren die Verhandlungen dieses Jahr so schwierig?
André Reininger: Das heurige Jahr war stark geprägt von der hohen Inflation, generellen Teuerung und der wirtschaftlichen Entwicklung. Natürlich ist es verständlich, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerecht entlohnt werden möchten und einen Ausgleich für die Teuerung erwarten. Auf der anderen Seite sind wir als Arbeitgeber-Vertreter auch dazu angehalten, wirtschaftliche Entscheidungen sinnvoll zu treffen.

Die Teuerung und die hohe Inflation betreffen den Arbeitgeber genauso – in der Miete, Strom, Energie, Waren, etc. Diese Kosten können auch leider nicht immer eins zu eins durch entsprechende Vertrags- und Preisanpassungen an Kunden weitergegeben werden. Der wirtschaftliche Ausblick – Stichwort: Rezession – auch der regelmäßig erhobenen Werbeklimaindex zeigt auch kein euphorisches Bild.
Dennoch sind wir auf gute Fach- und Arbeitskräfte angewiesen und wollen sie auch gerecht und fair entlohnen. Gerade in unserer Branche – einer Dienstleistungsbranche – sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein sehr wertvolles Kapital. Trotzdem waren die Gespräche und Verhandlungen nicht einfach. Es konnte aber ein gutes Ergebnis für beide Seiten erzielt werden.


medianet:
Der Abschluss liegt bei 8,7 Prozent – wie zufrieden sind Sie damit aus Sicht der Fachgruppe?
Reininger: In den KV-Verhandlungen geht es immer um die rückblickende Betrachtung der Teuerung. Die sogenannte rollierende Inflation ist hier maßgeblich für die Verhandlungen. Wir waren stark bestrebt, einen Abschluss unter neun Prozent zu erzielen. In den meisten Branchen wurde weit über neun Prozent abgeschlossen. Somit ist das ein Erfolg für uns als Fachgruppe und als Arbeitgeber-Vertreter.

medianet: Bleiben wir gleich beim Kollektivvertrag für die Werbe- und Kommunikationsbranche an sich. Diesen gibt es nur in Wien. Warum ist das so?

Reininger: Korrekt. Wir haben in Wien die Situation, dass wir das einzige Bundesland in Österreich sind, das einen Kollektivvertrag für unsere Branche hat. Dies ist historisch bedingt. Wien galt immer schon als Zentrum unserer Branche – große Unternehmen, die auch über Betriebsräte organisiert sind, haben hier eine starke Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmern forciert. Dies ist ein Vorteil und sogleich ein Nachteil: Auf der einen Seite kann es den Wettbewerb verzerren und auch die Möglichkeiten der Flexibilität.

Auf der anderen Seite bringt das aber auch den Vorteil, durch faire und gerechte Entlohnung und ein beidseitiges Commitment zu dem definierten Rahmenrecht einen attraktiven Standort zu bieten. Und Wien ist definitiv ein großartiger Wirtschaftsstandort. Wir sehen auch in den Gesprächen mit anderen Bundesländern, dass sich diese in den einen oder andere Punkten auch am ‚Wiener Kollektivvertrag' orientieren.

 

medianet: Zusätzlich zur Erhöhung von 8,7 Prozent bekommen die unteren Verwendungsgruppen noch einen Fixbetrag von fünf Euro. Klingt auf den ersten Blick nicht nach viel. Wie sieht hier die Regelung genau aus?
Reininger: Uns war es sehr wichtig, eine soziale Staffelung zu verhandeln. Aus meiner Sicht hätte der Fixbetrag noch höher sein können, dafür der Prozentsatz geringer. Das Modell sieht vor, dass alle Gehaltsstufen bis zur Verwendungsgruppe 4 (von insg. 6) – also wenn man so will die unteren Gehaltsstufen – stärker von der Anpassung profitieren als die höheren Gehaltsstufen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich in diesen hohen Verwendungsgruppen befinden, sind weniger von der Teuerung und Inflation betroffen als die, die weniger verdienen.
Deshalb war es uns als Arbeitgeber-Vertretung sehr wichtig, dass die Gehälter in unserer Branche nicht zu stark auseinanderlaufen. Deshalb wurde von uns auch der Vorschlag einer sozialen Staffelung von Beginn an eingebracht.

 

medianet: Auch wenn für die junge Generation die Work Life Balance immer mehr an Bedeutung gewinnt – wie wichtig sind die 8,7 Prozent als Signal, dass man auch finanziell als Mitarbeiter geschätzt wird?
Reininger: Ich denke, es ist sehr wichtig. Die junge Generation hat es heute ohnehin schwer, sich etwas aufzubauen, Werte zu schaffen. Gerade in dieser herausfordernden Zeit ist es wichtig, den Teuerungsausgleich gemeinsam zu schaffen. Es gilt aber auch weiterhin, einen starken Einsatz zu zeigen, damit es dem Arbeitgeber genauso gut geht und ein positives, wirtschaftliches Wachstum möglich ist. Ohne Wirtschaft und ohne Unternehmen gibt es keine Arbeitsplätze. Dies gilt es auch immer zu berücksichtigen. Es hat keinen Sinn, jedes Jahr immer mehr und mehr zu fordern, wenn am Ende des Tages – oder des wirtschaftlichen Geschäftsjahrs – die Rechnung und die Gehälter nicht bezahlt werden können und dadurch Arbeitsplätze verloren gehen – oder sogar Leistungen ins Ausland wandern.

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