••• Von Dinko Fejzuli
Werbung soll verkaufen. So die Idee. Doch ist am Ende des Tages Effizienz tatsächlich alles? Wie steht es um den Faktor Werbewirkung und welchen Beitrag leistet sie zum Erfolg im Marketing? Dazu bat medianet Joachim Krügel,Geschäftsführer Media1 und Demner.Group, zum Interview.
medianet: Herr Krügel, Sie sagen, dass Werbewirkung zu oft falsch interpretiert oder gar vernachlässigt werde, weil Effizienz im Vordergrund stehe. Dabei erhöhe Werbewirkung – und das vor allem im Digitalbereich – den Kampagnenerfolg signifikant, bei gleichem Budget. Zwei Fragen dazu: Warum kommt es zu falschen Interpretationen und wie steigert man nun bei gleichem Budget den Kampagnenerfolg signifikant?
Joachim Krügel: Vielleicht nicht falsche Interpretation, aber zu geringes Augenmerk. Effizienz ist in der Mediaplanung in den letzten Jahren sehr wichtig gewesen, und manche Marken haben diesen Aspekt aus meiner Sicht zu sehr in den Vordergrund gestellt.
Ein prominentes Beispiel kann Targeting im Digitalbereich sein; einige CMO haben ja auch schon zugegeben, dass sie es damit übertrieben haben, angetrieben von der Vorstellung, ihre vermeintliche Zielgruppe besonders genau und damit effizient ansprechen zu müssen. Aber man muss eben auch Menschen von sich begeistern und möglichst überzeugen, die womöglich nicht zur Kernzielgruppe gehören oder eben noch nicht. Da kommt dann unter anderem das Thema Werbewirkung ins Spiel. Das wird vor allem in der vor der Tür stehenden Post Cookie-Ära interessant.
Und es ist mittlerweile durch Studien nachgewiesen, dass die Wirkung signifikant erhöht wird, wenn die Auswahl des Kontakts mit dem Kontext der Wahrnehmung und der Kreation zusammenpassen. Dadurch kann man unserer Schätzung nach bis zu 30 Prozent mehr Effektivität aus demselben Budget holen. Allerdings müssen wir das Thema noch viel besser in Österreich erforschen, und zugegebenermaßen ist es nicht trivial, Kontakt, Kontext und Kreation in Beziehung zu setzen und aufeinander abzustimmen. Aber unsere Fähigkeiten in der Demner.Group und speziell bei der Media1 wachsen seit Jahren.
medianet: Sie weisen auch darauf hin, dass das Thema ‚Top of Mind' (TOM) lange das ultimative Ziel für viele Marken war, mittlerweile aber manche Märkte so entwickelt seien, dass man damit gar nicht mehr so weiterkomme, wie man das möchte. Wie könnte hier ein Ausweg aussehen?
Krügel: Top of Mind Awareness wird ja nicht nur durch in Mediakanälen ausgespielte Kampagnen geprägt, sondern auch durch viele andere Kontakte mit einer Marke, bis hin zum Anruf bei einem Callcenter, dem Besuch einer Filiale usw. Marken stehen aber heute in einem ganz anderen Aufmerksamkeitswettbewerb, und Markenerfahrungen haben sich stark verändert. Viele Marken, vor allem auch Marktführer in ihrem Segment, haben es daher schwer, TOM noch zu pushen.
Oft ist es lohnend, sich stärker nach der ‚Mental Availability' zu richten. Die wesentlichen Grundlagen zu diesem Konzept sind ja von Byron Sharp und anderen schon vor über zehn Jahren entwickelt worden. Ein blick in sein Buch ‚How Brands Grow' lohnt absolut. Es besagt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Konsument in Kaufsituationen eine Marke wahrnimmt, erkennt und daran denkt, möglichst hoch sein muss. Es geht also dabei um die Qualität und Häufigkeit von Erinnerungen an eine Marke. Das Konzept ist umfangreicher als TOM und geht über die definierte Produktkategorie meist hinaus.
medianet: Die deutsche Agentur Pilot belegt in ihrer Grundlagenstudie ‚Impact Vision', dass Contact, Context und Creativity die drei entscheidenden Wirkungsdimensionen in der Markenkommunikation sind. Welche Rolle spielen diese Parameter nun in der Post Cookie-Ära?
Krügel: Diese Studie der Pilot ist auch für die Media1 ganz wichtig, weil wir im kleineren Markt Österreich zu wenig Forschung in diesem Bereich haben. Und wir halten viele Erkenntnisse der Pilot-Studie für anwendbar in Österreich. Zudem entsprechen sie in großen Teilen unseren Erfahrungen, die wir bei den Kampagnen für unsere Kunden sammeln. Die Studie belegt, dass eine hohe Passung von Kontakt, Kontext und Kreation besonders gute Ergebnisse bringt. Und wer könnte sich besser genau damit beschäftigen als die Demner. Group mit der Kreativagentur DMB. und der Mediaagentur Media1?
Im Digitalbereich hat sich das Targeting auf Datenbasis stark entwickelt, wird aber nun durch den Wegfall der meisten Cookies wieder stark eingeschränkt. Man ist also gezwungen, wieder stärker mit ‚Where-Targeting' zu arbeiten. Starke Umfelder zeigen schon in geringeren Kontaktklassen einen höheren Wirkbeitrag als schwache Umfelder, die erst in sehr hohen Kontaktklassen punkten. Umgekehrt kann man sagen, dass man mit schwachen Umfeldern einen höheren Mitteleinsatz bräuchte, um eine ähnlich hohe Wirkung zu erzielen.
medianet: Wir sind dank des Handys mittlerweile quasi always on – welche Bedeutung kommt im Speziellen mobilen Kontakten bei der Werbewirkung zu?
Krügel: Es ist mittlerweile nachgewiesen, dass Kontakte auf kleineren mobilen Screens ähnlich viel Werbewirkung liefern können wie Kontakte auf Big Screens. Losgelöst davon, wie die Datenqualität bei unterschiedlichen Devices ist, heißt das, dass man sich bei der Optimierung zum Beispiel von Bewegtbildkampagnen auf die Zielgruppe oder KPI wie Reichweite und Preis-Leistungs-Verhältnis konzentrieren sollte.
medianet: Eine Frage zum Thema Markenwiedererkennung – in welcher Rolle sehen Sie hier die Kreativen, wenn es um digitale Kontakte geht? Wie sieht hier das Zusammenspiel aus?
Krügel: In der wichtigsten Rolle! Kreation trägt immer noch am meisten zum Erfolg einer Kampagne bei. Und es gab in den letzten Jahren viel Weiterentwicklung gerade bei der Konzeption von digitalen Werbemitteln. Markenspezifische Signale müssen im Bereich Digital Video möglichst früh vorkommen. Und ganz generell ist dem Thema Branding von den Kreativen nach wie vor ein hoher Stellenwert beizumessen.
medianet: Frage zum Schluss: Welche Rolle spielt das gute alte Display noch beim Thema Werbewirkung?
Krügel: Wenn man so will einen unterschätzten, denn auch Display kann für bekannte Marken einiges im Bereich Wirkung erreichen. Video ist stärker bei Image-KPI, aber Display ist nicht schlechter bei Marken-KPI. Auf Basis eines besseren Preis-Leistungs-Verhältnisses kann Display also weiterhin digitale Kampagnen sehr gut ergänzen.