WIEN. Das Netzwerk Klimajournalismus hat kürzlich einen Klima-Kodex präsentiert. Dieser dient als Richtlinie für "eine angemessene, klare und konstruktive Berichterstattung über die Klimakrise", wie es in den Leitlinien heißt. Medienhäuser, die den Kodex unterschreiben, bekennen sich etwa zu wissenschaftlichen Fakten, räumen Klimaberichterstattung Platz und Ressourcen ein, zeigen Lösungen und Handlungsmöglichkeiten auf und achten auf angemessene Bebilderung und Wortwahl.
In den Leitlinien des Klima-Kodex heißt es: "Die Klimakrise ist gemeinsam mit dem Artensterben die dringlichste Krise in diesem Jahrhundert. Sie gefährdet unsere Lebensgrundlagen und hat deshalb höchste Priorität." Unterzeichnende Medien erkennen wissenschaftliche Fakten zum Klimawandel an und denken diese ressort- und themenübergreifend mit. Neben den Folgen der Erderhitzung sollen auch unterschiedliche Lösungen und Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Betont wird: "Klimajournalismus ist kein Aktivismus."
Die Leitlinien sind nicht verbindlich, womit kein Eingriff in die redaktionelle Unabhängigkeit vorliege, sagte Netzwerk-Sprecherin Verena Mischitz. Die Verantwortung liegt weiterhin bei den Redaktionen. Jedoch kann ein fünfköpfiges Gremium Verstöße feststellen und dazu anhalten, Fehler richtigzustellen. Bei wiederholten Fehltritten kann die Mitgliedschaft aufgekündigt werden. Zudem kann das Netzwerk Klimajournalismus über Verstöße gegen den Kodex öffentlich berichten.
Der Klima-Kodex wurde von Journalistinnen und Journalisten aus unterschiedlichen Redaktionen erarbeitet und entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Klimaforschungsnetzwerk Climate Change Centre Austria (CCCA). Die wissenschaftliche Begleitung übernahm IPCC-Autor Daniel Huppmann (IIASA). Unterzeichnet haben den Klima-Kodex etwa bereits die APA - Austria Presse Agentur, "Heute", "Regionalmedien", "Wiener Zeitung", "Datum", "Moment", "Die Chefredaktion", "andererseits" und "tag eins".
Die "Kleine Zeitung" unterstützt die formulierten Ziele und kündigt an, den hauseigenen "Code of Conduct" im Sinne der vom Klima-Kodex verfolgten Stoßrichtung zu präzisieren. Unterstützung gibt es auch vonseiten CCCA, Presseclub Concordia, Reporter ohne Grenzen Österreich, fjum, der Fachhochschule Wien und vom Österreichischen Presserat. "Die Klimakrise ist das zentrale Problem unserer Zeit und damit auch ein Schlüsselthema für den Journalismus. Ich begrüße jede Initiative, die die Klimaberichterstattung stärkt und sich für eine sachliche und wissenschaftsbasierte Aufbereitung einsetzt", hielt Presserat-Geschäftsführer Alexander Warzilek gegenüber der APA fest.
Bei einer Podiumsdiskussion im Presseclub Concordia im Anschluss an die Präsentation unterstrich Mischitz, dass das Bewusstsein für die Klimakrise gestiegen sei. "Aber es gibt noch Luft nach oben." Auch in Hinblick auf Medienhäuser, die den Kodex unterzeichnet haben, gibt es noch Entwicklungspotenzial. "Grundsätzlich haben wir viele positive Rückmeldungen bekommen. Die meisten Redaktionen stehen auch dahinter", sagte die Sprecherin des Netzwerks Klimajournalismus. Manche könnten den Kodex nicht aufnehmen, weil sie kein Redaktionsstatut haben. Andere agieren zurückhaltend, weil sie sich nichts von außen auftragen lassen wollen, so Mischitz, die aber erneut betonte, dass kein Eingriff in die redaktionelle Unabhängigkeit erfolge.
APA-Chefredakteur Johannes Bruckenberger sagte, dass man das im Klima-Kodex Formulierte bereits lebe. In der Redaktion der Austria Presse Agentur wurde etwa ein ressortübergreifendes Klimateam ins Leben gerufen. Denn: "Das Thema reicht überall hinein." Der Output an Klimameldungen sei auf zuletzt im Schnitt 15 Artikel pro Tag erhöht worden. Und die Anstrengung mache sich belohnt: "Klimameldungen haben die höchste Übernahmerate aller Themen. Vor allem in der jungen Zielgruppe wird es angenommen", so Bruckenberger. Wichtig sei, dass man auch lösungsorientierte Meldungen anbiete, damit die Leserinnen und Leser sich nicht von dem Thema abwenden.
Dem stimmte Anita Malli, Nachhaltigkeitsbeauftragte im ORF, zu. "Die große Kunst ist es, diese Themen so zu erzählen, dass sie mit den Menschen zu tun haben. Bei guten Geschichten bleiben Menschen dran", meinte sie. Dabei finde das Thema im ORF nicht nur in den Nachrichten Platz. Man bringe es auch "in der Fläche" unter.
Dass es verschiedenste journalistische Formate brauche, um der Klimakrise zu begegnen, betonte auch CCCA-Obmann Harald Rieder. Als Problem in der Berichterstattung ortete er, dass die Komplexität der Klimakrise noch nicht abgebildet werde. Daher sei es wichtig, dem Thema in vielen Bereichen Raum zu geben.