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© ÖWR

Michael Straberger

Redaktion 03.04.2024

Österreichischer Werberat bringt Beschwerdebilanz 2023

WIEN. Im Jahr 2023 wurden deutlich weniger Beschwerden beim Österreichischen Werberat (ÖWR) eingebracht als im Vorjahr. Die 334 (2022: 502) eingetroffenen Beschwerden haben zu 235 (2022: 264) Entscheidungen geführt. „Nach anhaltend hohen Beschwerdezahlen in den letzten drei Jahren hat sich die Anzahl der eingebrachten Beschwerden von Konsumenten und Konsumentinnen auf Vor-Corona-Niveau normalisiert“, erklärt ÖWR-Präsident Michael Straberger. „Es gab gerade zu Beginn der Pandemiejahre einen deutlichen Anstieg an Beschwerden“, so Straberger weiter, „zusätzliche Bekanntheit erlangte der ÖWR schließlich mit der öffentlichkeitswirksamen Eigen-Kampagne aus dem Jahr 2022, was sich eindeutig in den Beschwerdezahlen niederschlug“.

Dennoch, trotz der geringeren Anzahl an Beschwerden blieb die Entscheidungszahl mit 235 Fällen weiterhin hoch. „Wir haben im vergangenen Jahr viele Einzelbeschwerden zu sehr
unterschiedlichen Themen erhalten“, berichtet ÖWR-GFin Andrea Stoidl aus der Geschäftsstelle. „Anders als im Vorjahr, in dem es einige Kampagnen gab, die regelrechte
Beschwerdewellen auslösten, blieb es 2023 vergleichsweise ruhig“. Die Arbeitsintensität für das Werberats-Gremium und die Geschäftsstelle blieb dabei gleich hoch: „Bei uns wird jede
Beschwerde mit gleicher Sorgfalt behandelt, egal ob eine oder einhundert Beschwerden zu einer Werbemaßnahme eingehen“.

Stopp-Entscheidungen gestiegen
Der Österreichische Werberat forderte in 15 Fällen (2022: 9) den „sofortigen Stopp des Sujets bzw. der Kampagne“. In 8 Fällen wurde dieser Aufforderung sofort bzw. innerhalb der ersten
gesetzten Nachfrist nachgekommen. 18-mal (2022: 15) lauteten die Entscheidungssprüche des Österreichischen Werberates „Sensibilisierung – Aufforderung in Zukunft bei der
Gestaltung von Werbemaßnahmen oder einzelner Sujets sensibler vorzugehen“ und in 27 Fällen (2022: 33) sahen die Werberäte und Werberätinnen „Keinen Grund zum Einschreiten“ gegeben.

Vorwiegend uneinsichtige lokal agierende Kleinunternehmen, die bereits in den Vorjahren durch Werbemaßnahmen negativ auffielen, führten zu der vergleichsweisen hohen Anzahl an
Stopp-Entscheidungen, die der Aufforderung des ÖWRs nicht nachgekommen sind.

„Trotz mehrmaliger Kontakte und nicht immer niveau- und gehaltsvollen Einzelgesprächen mit uneinsichtigen Unternehmen treffen manche Unternehmen in Einzelfällen offenbar bewusst Entscheidungen, die allgemein anerkannten ethischen Grundregeln widersprechen“, erklärt Straberger weiter. „Wir haben uns in diesen wenigen Einzelfällen bewusst gegen eine öffentliche Rüge entschieden und geben diesen Unternehmen keine zusätzliche Bühne“, meint Straberger.
Denn, „nur die respektvolle Kommunikation auf Augenhöhe stärkt Selbstregulierung in all ihren Facetten. Auch im 50. Jahr seit Bestehen des Werberats konzentrieren wir uns auf jene 99
Prozent werbetreibender Unternehmen, die gemeinsam mit uns an ethisch einwandfreier Kommunikation arbeiten wollen und somit klare Vorteile für die gesamte Werbebranche
schaffen“.

Wie in den Jahren zuvor spiegelt sich die Bereitschaft zur Kooperation mit dem Österreichischen Werberat in der Anzahl der sofortigen Sujet-Rücknahmen durch das jeweils betroffene Unternehmen wider. So haben 20 Unternehmen (2022: 38) ihre Werbemaßnahmen nach der ersten Kontaktaufnahme durch die Geschäftsstelle des Österreichischen Werberates
sofort zurückgenommen oder abgeändert.

„Die Aufgabe der Selbstregulierung ist es, dieses breite Zugeständnis zu ethischen und moralischen Richtlinien auszubauen und somit mit allen Marktteilnehmern Verantwortung wahrzunehmen. Nur so wird es auf lange Sicht gelingen, in Österreich sowie im Verbund mit allen europäischen Werberäten auf EU-Ebenen weiterhin immer wieder drohenden Werbeverboten entgegenzuwirken“, so Straberger abschließend.

Vielschichtige Beschwerdegründe
Der Beschwerdegrund „Geschlechterdiskriminierende Werbung“ führt mit 122 Beschwerden (2022: 117) das Ranking an. „Ethik und Moral“ belegt mit 49 Beschwerden (2022: 146) den zweiten Platz im Beschwerdegrund-Ranking. Auf Platz 3 rangiert der Beschwerdegrund „Irreführung und Täuschung“ mit 45 Beschwerden und zeigt somit eine Abnahme zum Vorjahr (2022: 63). Ebenso den dritten Platz belegt „Gefährdung von Kindern und Jugendlichen“ mit 45 Beschwerden und einer deutlichen Steigerung zum Vorjahr (2022: 38).

Spannend dabei ist vor allem die Vielfältigkeit der beanstandeten Themenbereiche: „Auch wenn geschlechterdiskriminierende Werbung einmal mehr der dominierende Beschwerdegrund war, verzeichneten wir ein breites Spektrum von Beschwerdegründen, das von vermuteter Gewalt und Gefährdung von Kindern und Jugendlichen in der Werbung, über beanstandete Nachhaltigkeitsaspekte bis hin zur oftmals vorgebrachten sozialen Verantwortung von Werbung und Irreführung reichte“, so Andrea Stoidl über die
Beschwerdestatistik im Detail.

Doch auch bei der Geschlechterdiskriminierung an sich haben sich die beanstandeten Diskriminierungsdimensionen verbreitert: „Neben der klassischen Blickfangwerbung, die vor
allem bei sehr lokal agierenden kleineren Unternehmen vorzufinden ist, geht es zunehmend um die Darstellung von veralteten Rollenstereotypen und damit stets um die Frage der
Gleichstellung der Geschlechter“, erklärt Stoidl abschließend.

Werbemedien
Einen deutlichen Anstieg verzeichneten „Social Media Ads“ mit insgesamt 55 Entscheidungen (2022: 34), womit „Social Media“ erstmals an der Spitze des Rankings von Werbemedien mit
beanstandeten Inhalten liegt. Wie im Vorjahr belegt das Medium „Plakat/Citylight“ den zweiten Platz mit 44 Entscheidungen (2022: 49). Einen starken Rückgang verzeichnet das Medium „TV“ mit 42 Entscheidungen (2022: 77).
„Website“ liegt mit 21 Entscheidungen auf dem vierten Platz (2022: 23). Platz fünf belegt dieses Jahr mit 17 Entscheidungen die Kategorie „Printanzeigen“ (2022: 18), dicht gefolgt von
der Maßnahme „Flyer/Prospekt“ mit 14 Entscheidungen (2022:13). „Radio“ zählte im Jahr 2023 insgesamt 9 Entscheidungen (2022: 18).

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