••• Von Dinko Fejzuli und Sascha Harold
Seit sieben Jahren steht ORF III für ein umfassendes Kultur- und Informationsprogramm, mit dem man den Kunst- und Kulturschaffenden in Österreich eine Bühne bieten will. Die vier Programmsäulen behandeln Kultur, Religion und Regionalität, Zeitgeschichte und -geschehen, Information mit Schwerpunkt auf Demokratie- und EU-Verständnis sowie Kunst und Kultur. Allein im letzten Jahr hat der Sender 600 Produktionen in Auftrag gegeben. Geschäftsführer Peter Schöber zieht anlässlich der gestrigen Programmpräsentation im medianet-Interview Bilanz.
medianet: Herr Schöber, wie hat sich ORF III in den letzten Jahren entwickelt?
Peter Schöber: ORF III ist genau das geworden, was der Gesetzgeber intendiert hat: Zutiefst öffentlich-rechtliches Programm, das auf den vier Säulen Politik und Information, Zeitgeschichte und Historienvermittlung, Kunst und Kultur und dem Spannungsfeld von Religion und Wissenschaft ruht. Es wurde übrigens auch kein einziges Regelformat, wie von Kritikern zum Start moniert, von den Hauptprogrammen weg zum neuen Kultur- und Informationssender verlagert.
medianet: Und welche Rolle spielt ORF III sieben Jahre nach dem Start in der österreichischen Medien- und Produktionslandschaft?
Schöber: Österreich ist eine Kulturnation, und wir sind die Bühne für diese Nation. Diese Bühne darf dabei nicht zu schmal sein, wir müssen also schon eine gewisse Relevanz erreichen. Und was die Produktionsseite betrifft, so hat sich rund um ORF III nicht nur ein Ökosystem an arrivierten Produzenten entwickelt, die für uns neue Zugänge in der Produktion finden, sondern es gibt eine Vielzahl junger Produzenten, mit denen wir ebenfalls eine enge Kooperation pflegen und die Programm zuliefern.
medianet: Apropos Kooperation. Wie ist das Verhältnis zu den anderen ORF-Sendern?
Schöber: Wir sind vom ORF bewusst als eigene Tochter gegründet worden und das hat sich durchaus bewährt. Die Befürchtung, dass der öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF zu uns ausgelagert wird, hat sich jedenfalls nicht bestätigt.
medianet: Und wie geht ORF III mit seiner Rolle als Spartensender um?
Schöber: Wir erreichen mit durchschnittlich 750.000 Zuseherinnen und Zusehern pro Tag mehr als zehn Prozent der erwachsenen Bevölkerung dieses Landes. Ich spreche daher lieber von einem fokussierten Programm – ohne Sport und breitenflächige US-Serien, aber trotzdem mit einer gewissen Breite in der Nische.
medianet: Wie weit ist diese qualitativ hochwertige Zielgruppe für Werbekunden interessant?
Schöber: Wir erreichen jeden Tag zehn Prozent der Erwachsenenbevölkerung unseres Landes, sind also durchaus erfolgreich in allen Zielgruppen. Gerade bei der ‚zeit.geschichte' erreichen wir insbesondere junges Publikum.
medianet: Kommen wir zum Programm. Welche Schwerpunkte sind hier für die kommende Saison geplant?
Schöber: Das Schema der Vertikalprogrammierung, also die tageweise Schwerpunktsetzung, hat sich bei uns klar bewährt. Wir wollen die Schwerpunkte jetzt noch stärker schärfen. Rund um die Europawahl wird es einen großen Vierteiler von Hugo Portisch geben, bei dem die Geschichte Europas ab 1918 vermittelt wird.
medianet: Etwas, was Sie in diesem Zusammenhang kritisieren, ist, dass Ihr Content nur eine gewisse Zeit online verfügbar ist …
Schöber: Meiner Meinung nach gehören die Einschränkungen bei den Online-Inhalten weg. Inhalte sollten so lange zugänglich sein, wie es die Verträge zulassen. Gerade für Schulen und Universitäten wären Sendungen im Bereich der Zeitgeschichte ein wichtiges Recherche-Tool.
medianet: Ein Thema, das den ORF seit Jahren begleitet, ist die Notwendigkeit, zu sparen. Wie ist die Situation in diesem Zusammenhang bei Ihnen?
Schöber: Bei uns ist die Situation leichter, da wir es gewohnt sind, mit noch schmaleren Budgets zu arbeiten.
medianet: Wenn wir den Blick nach außen wenden: Wie ist das Standing des Senders als Partner für Kulturinstitutionen?
Schöber: Das hat sich mittlerweile gut etabliert. Wir haben viele Rahmenverträge – etwa mit der NÖKU/Grafenegg und mit der Wiener Staatsoper, mit der wir heuer auch wieder fünf Neuproduktionen realisieren, planen aber, diese Kooperationen mit weiteren Partnern auszubauen. So setzen wir heuer in der Oper Graz, die ‚Polnische Hochzeit' um.
medianet: Welche Rolle spielen dabei die Bundesländer?
Schöber: Wir schauen, dass wir in den Bundesländern stark sind; dabei spielen die Zulieferungen aus den Landesstudios eine große Rolle. Tägliche Magazine wie ‚Kultur Heute' oder ‚Österreich Heute' wären ohne die Landesstudios nicht möglich.
medianet: Wie entwickelt sich die Produktionsschiene des Senders generell?
Schöber: Mittlerweile haben wir in der Prime Time einen Eigen-, Auftrags- und Co-Produktionsanteil von 85 bis 90 Prozent – das schafft kein Privatsender. Allein im letzten Jahr haben wir gut 600 Produktionen in Auftrag gegeben, bei einem Programmbudget von etwa 13 bis 14 Millionen Euro. Rund um ORF III ist eine gute Mischung aus arrivierten Produzenten und einer neuen, jungen Produzentenszene entstanden.
medianet: Frage zum Abschluss: Welches Thema soll noch stärker im Sender behandelt werden?
Schöber: Uns ist vor allem das Thema Bildung wichtig. Bildung ist eine wichtige Ressource für die Gesellschaft und auch für den sozialen Aufstieg zentral – das wollen wir im Programm vermitteln. Ein weiteres Thema ist die Aufarbeitung der österreichischen Zeitgeschichte – dort produzieren wir etwa 30 neue Dokumentationen pro Jahr, mit steigender Tendenz. Darüber hinaus wollen wir die tagesumfassende Berichterstattung noch weiter verstärken.