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© APA / Georg Hochmuth

Redaktion 08.11.2022

ORF-Redaktionsrat fordert Konsequenzen

Schrom hat durch sein Verhalten die Glaubwürdigkeit der Redaktion beschädigt.

WIEN. Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit sind das höchste Gut im Journalismus. Der ORF-Redaktionsrat ist entsetzt über die jetzt bekannt gewordenen Chats von TV-Chefredakteur Matthias Schrom mit dem damaligen Vizekanzler und FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache. Derartiges Verhalten ist aus unserer Sicht völlig inakzeptabel und verursacht einen massiven Schaden für den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk. Die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung ist durch solch ein Verhalten der Verhaberung zwischen dem Verantwortlichen der wichtigsten Nachrichtensendungen Österreichs und dem Chef einer Regierungspartei gefährdet.

Unabhängigkeit ist nicht nur das Recht der ORF-Journalistinnen und -Journalisten, sondern auch deren Pflicht. So steht es im ORF-Gesetz. Und journalistische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Programmverantwortliche haben laut Programmrichtlinien alles zu unterlassen, das geeignet sein könnte, Zweifel an der Unabhängigkeit des ORF aufkommen zu lassen. Gegen ORF-Gesetz und Programmrichtlinien hat Matthias Schrom eklatant verstoßen, wenn man den Bericht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft liest.

Der Eindruck von Absprachen zwischen TV-Chefredakteur und FPÖ-Chef ist nicht nur in der Öffentlichkeit verheerend, sondern auch innerhalb des Unternehmens. Eine der wichtigsten Führungspersonen des ORF hat journalistische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des eigenen Unternehmens gegenüber dem damaligen Vizekanzler und FPÖ-Chef in ein schlechtes Licht gerückt und sie politisch punziert. Redaktionsleiter müssen den eigenen Journalistinnen und Journalisten gegen Interventionen aus der Politik den Rücken stärken – und ihnen nicht in den Rücken fallen. Anders kann es nicht verstanden werden, wenn ein Chefredakteur einem Regierungspolitiker und Parteichef Tipps gibt, wie er gegen Kolleginnen und Kollegen vorgehen und Einfluss im ORF nehmen kann.

Um weiteren Schaden von der journalistischen Glaubwürdigkeit des ORF abzuwenden, fordern wir die Geschäftsführung auf, deutliche Konsequenzen zu ziehen. Die Beurlaubung Schroms und die Prüfung des Vorfalls durch den Ethikrat begrüßen wir. Doch es kann nicht ohne weitere Folgen bleiben: politische Analysen auf Sendung oder die Moderation der Runde der Chefredakteurinnen und Chefredakteure oder ähnliche Auftritte im Programm sind nach den nun bekannt gewordenen politischen Naheverhältnisses mit der Glaubwürdigkeit der Berichterstattung nicht mehr vereinbar. Die politische Sauberkeit, die wir von anderen einfordern, müssen wir auch im eigenen Haus umsetzen.

Um dem betroffenen TV-Chefredakteur und allen Mitgliedern der ORF-News-Redaktion - Radio, TV und Online - die Möglichkeit zur Aussprache zu geben, ist für Donnerstag eine Redaktionsversammlung geplant. Da wird über das weitere Vorgehen beraten.

Der Redaktionsrat
Dieter Bornemann, Simone Leonhartsberger, Peter Daser, Margit Schuscho

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